Bund will engeren Austausch mit Kantonen
Zoff über Kopftuch und Moscheen-Finanzierung

Verschleierung, Kippa, Kruzifix: Religiöse Gebräuche sorgen immer wieder für Debatten. Deshalb will sich das Bundesamt für Justiz nun intensiver mit den Kantonen absprechen.
Publiziert: 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 20:03 Uhr
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Die St. Galler SVP will Lehrerinnen das Kopftuch verbieten.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Bundesamt für Justiz führt runden Tisch zu Religionsfragen ein
  • Religionspolitische Themen wie Kopftuchverbot und Finanzierung von Gebetshäusern diskutiert
  • Verschiedene Motionen und Berichte zu religiösen Angelegenheiten in Bearbeitung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Raphael RauchBundeshausredaktor

In Eschenbach SG darf eine Lehrerin nicht im Kopftuch unterrichten. Die SVP St. Gallen fordert nun ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen. Darf der Staat eine Religion so diskriminieren? Oder würde ein Kopftuchverbot auch bedeuten, dass jüdische Lehrer keine Kippa mehr tragen und katholische Nonnen nicht unter dem Schleier unterrichten dürfen?

Religion im öffentlichen Raum sorgt immer wieder für Kontroversen – und beschäftigt auch die nationale Politik. Zwar hält die Bundesverfassung fest: «Für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat sind die Kantone zuständig.» Bund und Kantone dürfen jedoch Massnahmen treffen, um den «öffentlichen Frieden zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften» zu sichern.

Bundesamt für Justiz führt runden Tisch ein

Wie Blick auf Grundlage des Öffentlichkeitsgesetzes herausgefunden hat, wird das Thema Religion im Bundesamt für Justiz künftig höher gewichtet. Kantonale Religionsstellen hatten Ende 2024 vom Bundesamt für Justiz (BJ) verlangt, eine Koordinationsstelle für Religionsfragen zu schaffen. Doch der Bund sah keine Notwendigkeit hierfür. Stattdessen schlug Bern einen informellen jährlichen Meinungsaustausch zwischen Bund und Kantonen vor – eine Art runden Tisch zu Glaubensthemen. Denn seit Monaten sieht sich die Schweiz immer wieder mit religionspolitischem Sprengstoff konfrontiert:

  • Internationale Finanzierung von Gebetshäusern: Die Sicherheitspolitische Kommission (SiK) des Nationalrats hat den Bundesrat beauftragt, in einem Bericht darzulegen, wie die ausländische Förderung von Gebetshäusern und Bildungseinrichtungen an Bedingungen geknüpft werden kann. Damit soll laut SiK «sichergestellt werden, dass kein extremistisches, gewaltverherrlichendes oder den Grundrechten zuwiderlaufendes Gedankengut in Gebetshäusern und Bildungseinrichtungen in der Schweiz verbreitet wird». Das BJ ist dabei, den Bericht auszuarbeiten.
  • Finanzierungsverbot aus dem Ausland: Der Tessiner Nationalrat Lorenzo Quadri (50, SVP) hat kurz vor Weihnachten eine Motion eingereicht, um Geldflüsse aus dem Ausland für Schweizer Moscheen und Imame zu verbieten. «Zum anderen sollen islamischen Zentren zur Transparenz über die Herkunft und Verwendung ihrer Gelder verpflichtet werden», hält die Motion fest.
  • Kopftuchverbot für Kinder: Die Aargauer Ständerätin Marianne Binder (67, Mitte) hat den Bundesrat per Motion aufgefordert, «in einem Bericht darzulegen, inwiefern das Tragen von Kinderkopftüchern in Schulen und Kindergärten verboten werden kann». Das BJ ist dabei, einen Bericht dazu auszuarbeiten. Das Institut für Rechtsvergleichung wurde beauftragt, Regelungen aus dem Ausland und entsprechende Studien beizusteuern.
  • Verhältnis von Kirche und Staat: Der ehemalige Nationalrat Roland Fischer (60, GLP) hat 2023 den Bundesrat aufgefordert, einen Bericht zu erstellen, «wie das Verhältnis von Kirche und Staat auf den verschiedenen Staatsebenen entflochten und auf eine klare und transparente Grundlage gestellt werden kann». Das BJ will hierzu ein externes Gutachten in Auftrag geben.

Mit der St. Galler Kopftuch-Debatte kommt ein weiteres religionspolitisches Thema von grosser Bedeutung auf das Bundesamt für Justiz zu.

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