Bürgermeisterin von Exklave in Schaffhausen ist hässig
Deutschland lässt Pfosten an Schweizer Grenze vergammeln

In Berlin will man sich nicht länger um die Grenzpfähle zur Schweiz kümmern – und schiebt die Verantwortung an die Gemeinden ab. Besonders betroffen: Büsingen, die einzige deutsche Exklave auf Schweizer Boden. Doch vor Ort regt sich Widerstand.
Publiziert: 03.06.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2025 um 10:13 Uhr
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Entlang der deutsch-schweizerischen Grenze stehen zahlreiche Grenzpfosten.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Deutschland übergibt Verantwortung für Grenzschilder an Gemeinden
  • Büsingen ist als einzige deutsche Exklave in der Schweiz besonders betroffen
  • Ein neues Grenzschild ist teuer, Gemeinden sind empört über Aufgabenverschiebung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Ein Schildbürgerstreich an der Grenze? Es klingt wie ein schlechter Witz, ist aber ernst gemeint: Der deutsche Staat fühlt sich nicht mehr zuständig für seine eigenen Grenzschilder zur Schweiz. Er lässt die Gemeinden entlang des Rheins mit den – teils stark angejahrten – Pfosten allein. Es geht um die sogenannten Bundesgrenzzeichen. Sie sind meist mit dem Bundesadler versehen und markieren die Staatsgrenze.

Bislang war der Zoll dafür zuständig, die Schilder an den Pfosten zu montieren und zu unterhalten. Doch so richtig passiert ist das offenbar schon länger nicht mehr. In einem Schreiben des zuständigen Hauptzollamts wurden die deutschen Grenzgemeinden nun darüber informiert, dass der Bund die Aufgabe künftig nicht mehr übernimmt. Betroffen ist auch Büsingen bei Schaffhausen, die einzige deutsche Exklave auf Schweizer Boden.

Den Bürgermeistern stinkt es

Die «grüne Grenze» ist verästelt und oft kaum auf den ersten Blick erkennbar. Wird bald nicht mehr überall klar sein, wo Deutschland aufhört und die Schweiz beginnt?

Genau das befürchten Lokalpolitiker. Sie sind aber nicht nur deswegen verärgert: «Grundsätzlich geht es hier gar nicht um die Grenzpfosten, sondern um die Tatsache, dass immer mehr Aufgaben vom Bund auf die Kommunen überwälzt werden», sagt Büsingens Bürgermeisterin Vera Schraner (51) gegenüber Blick. Das geschehe jedoch, ohne dass dafür zusätzliche Kapazitäten bereitgestellt oder finanzielle Mittel gesprochen würden. 

Machen sich die deutschen Bundesbehörden einfach aus dem Staub? «Ganz schön grenzwertig!», titelte die Regionalzeitung «Südkurier» passend. Und das «Singener Wochenblatt» zitierte einen weiteren Bürgermeister: «Ich will doch wissen, in welchem Land ich bin.»

Fakt ist: Der deutsche Staat überlässt es den Grenzgemeinden, ob sie die teils stark beschädigten, teils gar fehlenden Schilder ersetzen – oder gleich darauf verzichten. Immer wieder werden die Tafeln auch geklaut.

Im Schreiben des Zolls werden die Gemeinden auf den «zum Teil unschönen Zustand» der Schilder hingewiesen. Und darauf, dass Ersatz auf eigene Kosten möglich ist – ein neues Schild kostet rund 500 Euro. Für die Gemeindechefs ist das zu viel des Guten: Seit Jahren beklagen sie, dass immer mehr Aufgaben an sie abgeschoben würden.

In Büsingen ist das Thema besonders heikel

In Büsingen, wo man quasi mitten im Kanton Schaffhausen lebt, ist das Thema besonders heikel. Es geht nicht nur um Symbolik: «Die Grenze um die Exklave Büsingen ist auch eine EU-Aussengrenze, die zollrechtliche Relevanz hat», erklärt Bürgermeisterin Schraner. 

Schon seit Jahren seien die Grenzpfosten nicht mehr richtig mit Schildern bestückt worden. Als einzige deutsche Exklave in der Schweiz sei Büsingen «ohne die Landesbezeichnung so nicht sichtbar».

Das Hauptzollamt Singen begründete den Rückzug im «Südkurier» mit fehlenden gesetzlichen Grundlagen: Eine Prüfung habe ergeben, dass es keine rechtliche Basis mehr für das Aufstellen und Pflegen der Grenzschilder gebe. Ebenso mache der freie Personenverkehr solche Markierungen eigentlich unnötig. Zudem spielten wirtschaftliche Aspekte mit.

Wie es weitergeht, ist offen. Einige Gemeinden dürften die Pfosten einfach stehenlassen – ganz gleich, in welchem Zustand sie sind. In Büsingen jedoch könnte eine kreative Lösung entstehen. Denn Bürgermeisterin Schraner schlägt vor, «dass wir unser Ortswappen an diesen leeren Pfosten anbringen könnten». Das letzte Wort wird der Gemeinderat haben.

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