Darum gehts
- EU-Verordnung könnte Müllexport nach Weinfelden TG verbieten
- Schweizer Kehrichtverbrennungsanlage verdient mit ausländischem Abfall Geld
- 2024 wurden 155'000 Tonnen Abfall verbrannt, ein Drittel aus dem Ausland
In Weinfelden TG verdient man das Geld mit dem Güsel aus der Europäischen Union. Die Weinfelder Kehrichtverbrennungsanlage hat 2024 155'000 Tonnen Abfall verbrannt. Rund ein Drittel davon kommt aus dem Ausland, wie die «Thurgauer Zeitung» berichtete. Der grösste Teil davon aus dem Landkreis Konstanz, kleinere Mengen auch aus dem österreichischen Vorarlberg.
Es ist eine Win-win-Situation. Die Weinfelder Kehrichtverbrennungsanlage ist dadurch besser ausgelastet und kann mit dem ausländischen Müll mehr Umsatz machen, während in der Region Konstanz ähnliche Anlagen fehlen.
Doch mit dem Müll-Deal könnte schon bald Schluss sein. Die Europäische Union verbietet mit einer neuen Verordnung die Ausfuhr von Kehricht in Drittstaaten. Geht alles nach Plan, darf man ab 2029 im Thurgau keinen ausländischen Abfall verbrennen. Die Müllsäcke aus Konstanz müssen also deutlich weiter transportiert werden.
Hoffen auf Korrektur
Es sei eine «unerwartete Herausforderung», schreibt der Verband KVA Thurgau in einer Medienmitteilung. Aber: «Wir gehen davon aus, dass die EU-Verordnung noch innerhalb der Übergangsfrist bis 2029 korrigiert wird», schreibt KVA-Geschäftsführer Dominik Linder gegenüber der Zeitung. Die Anlage könne zwar auch mit weniger Müll betrieben werden, allerdings produziere sie dann weniger Energie und Wärme.
Das Ziel der Verordnung ist, den ökologischen Fussabdruck zu senken. Dabei gilt der Grundsatz der Nähe, was für den lokalen Abfall-Export spricht. Der Verband sei im Austausch mit den süddeutschen Partnern, ausserdem seien auch der Bund und der Kanton für den Abfall-Import.
Nagelstudios und Schoggi-Firmen zittern vor EU-Regeln
Es ist nicht das erste Mal, dass eine EU-Regel auch die Schweiz trifft. So musste zum Beispiel Nina Gasperin (37), die Inhaberin eines Nagelstudios in Kriens LU, einen Teil ihrer Nagellacke entsorgen, weil die EU ein Verbot der Chemikalie TPO (Trimethylbenzoyl Diphenylphosphine Oxide) in kosmetischen Mitteln angeordnet hatte.
Und auch die Schweizer Schoggi-Branche zittert: Die EU will die Chemikalie Bisphenol A (BPA) in Kontakt mit Lebensmittel verbieten. Doch um Schoggi zu giessen, werden überwiegend Formen aus Polycarbonat eingesetzt – «ein Material, das Bisphenol A enthalten kann», sagte Roger Wehrli (46), Direktor des Branchenverbands Chocosuisse, im August gegenüber Blick. Die Schweiz will die Regel übernehmen: Ab Mitte Januar 2028 sollen sie nicht mehr verkauft werden dürfen und ein Jahr später aus dem Verkehr gezogen werden. Ob es gleichwertige Alternativen gibt, ist noch unklar.