Darum gehts
- Mitte-Partei Zug fordert Einschränkung des Einspracherechts bei Bauprojekten
- Einsprecher sollen fünfstelligen Betrag hinterlegen
- Laut einer Studie sehen 87 Prozent der Befragten Einsprachen als Hürde für Wohnraumbereitstellung
Die Einsprache sei die fünfte Landessprache der Schweiz, wird gerne gewitzelt. Tatsächlich wird hierzulande immer öfters bürokratisch rebelliert. Einsprachen und Rekurse sind die häufigsten Ursachen für Verzögerungen bei neuen Wohnbauprojekten, stellte eine Studie der Bundesämter für Raumentwicklung und Wohnungswesen kürzlich fest.
Die Mitte-Partei des Kantons Zug will dem nun einen Riegel schieben, berichtet das Onlineportal Zentralplus. Sie fordert in einem Vorstoss, dass das Recht auf Einsprache eingeschränkt wird. Demnach sollen Einsprecher und Einsprecherinnen einen «mittleren fünfstelligen Geldbetrag» auf ein Sperrkonto überweisen. Wenn die Einsprache abgewiesen wird, werden sie zur Kasse gebeten. Ein Teil des Betrages soll dann als Entschädigung an die Bauherrschaft gehen.
«Zahlen sind erschreckend»
«Immer wieder gibt es Einsprachen, die Projekte um über ein Jahr verzögern», sagt Mitte-Kantonsrat Jean Luc Mösch (59). Ausschlaggebend für den Vorstoss waren die Studienresultate des Bundes: Sie zeigen, dass 87 Prozent der befragten Wohnungsbauer und Baujuristinnen Einsprachen als grosse oder mittlere Hürde bei der Bereitstellung von Wohnraum sehen. «Diese Zahlen sind erschreckend», so Mösch.
Im Kanton Aargau liegt ein ähnlicher Vorschlag auf dem Tisch. Zwei freisinnige Grossräte fordern in einem Vorstoss, dass die Kosten für Beschwerdeverfahren generell erhöht werden. Weiter sollen Einsprechende für «offensichtlich missbräuchliche» Einsprachen mehr zahlen müssen. «Rechtsmittel in Bausachen sind zum Volkssport geworden», kritisieren die Politiker.
Einschränkung des Einspracherechts?
Die Aargauer Regierung lehnt das Anliegen allerdings ab. Sie erklärt, dass Einsprechern laut einem Bundesgerichtsurteil grundsätzlich keine Kosten auferlegt werden dürfen. Es gebe nur sehr enge Grenzen, in denen Kantone bei offensichtlich missbräuchlichen Einwendungen Kosten geltend machen könnten.
Für viele Menschen dürfte eine hohe Gebühr, wie sie etwa von der Mitte des Kantons Zug gefordert wird, faktisch eine Einschränkung des Einspracherechts bedeuten. Das muss laut Kantonsrat Jean Luc Mösch allerdings nicht heissen, dass sich nur noch Gutbetuchte gegen Bauprojekte wehren können. «Ich könnte mir vorstellen, dass der Kanton einen Fonds für Geringverdienende einrichtet, um auch ihnen Einsprachemöglichkeiten zu bieten», sagt er.
Auch auf nationaler Ebene kam die Forderung nach Einsprachegebühren bereits aufs politische Parkett. Die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür (61) forderte den Bundesrat in einem Postulat auf, zu prüfen, ob für Einsprecherinnen und Einsprecher ein «massvolles Kostenrisiko» geschaffen werden kann.