Auf Rezept eine Ausstellung oder das Theater besuchen
Im Tessin verschreiben Ärzte jetzt Museumsbesuche

Im Tessin verschreiben Ärzte erkrankten Senioren neuerdings Kultur. Was das bringt? Im Rahmen einer Studie soll geprüft werden, ob sich so Gesundheitskosten senken lassen.
Publiziert: 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 13:19 Uhr
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Ein Bild malen und weniger Medikamente schlucken: Lugano geht in der Gesundheitsversorgung neue Wege.
Foto: Shutterstock

Darum gehts

  • Lugano startet Pilotprojekt: Ärzte verschreiben Kultur für Senioren
  • Ziel: Verbesserung der Gesundheit durch künstlerische Aktivitäten wie Malerei und Tanz
  • 80 Senioren erhalten Kultur-Verschreibung für 18-monatigen Versuch
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Kann Kunst gesund machen? In Lugano läuft ein Pilotprojekt an, das genau das herausfinden will. Dort sollen Ärztinnen und Ärzte nicht nur Medikamente verschreiben dürfen – sondern auch Kultur.

Die Idee dahinter ist nicht neu: Künstlerische Aktivitäten könnten Demenz vorbeugen und bei Patienten dazu führen, dass sie gesünder essen und sich generell wohler fühlen, kamen britische Autoren 2017 in einer Studie zum Schluss.

Begleitet von Medizinern

Nun wollen auch die Tessiner von diesen Effekten profitieren. Im Herbst startet in Lugano ein Projekt, das sich speziell an Menschen über 65 mit chronischen Erkrankungen richtet. Vorgesehen ist, dass rund 80 Seniorinnen und Senioren eine «Kultur-Verschreibung» vom Hausarzt erhalten.

Unterstützt werden sie dabei von einer Art Sozialarbeiter, der gemeinsam mit ihnen die passende Aktivität auswählt – Fotografie, Malerei, Tanz, Theater oder Museumsbesuche stehen zur Wahl. Ein halbes Jahr lang sollen die Teilnehmenden in Gruppen kreativ unterwegs sein.

Damit es nicht nur beim guten Gefühl bleibt, wird das Ganze wissenschaftlich begleitet: Fragebögen, klinische Untersuchungen und Smartwatches sollen zeigen, ob sich tatsächlich gesundheitliche Verbesserungen einstellen. Insgesamt läuft der Versuch 18 Monate.

Ältere Menschen besonders anfällig

Das sogenannte social prescribing will die klassische medizinische Behandlung durch kulturelle und soziale Angebote ergänzen. «Ärzte sind sich der wesentlichen Rolle bewusst, die das soziale Netzwerk und der Lebensstil spielen», sagt Luca Gabutti, Leiter der Abteilung für Innere Medizin des Regionalspitals Bellinzona, welches das Projekt begleitet. Man sei daran interessiert, zu untersuchen, wie die Ressourcen der Gemeinschaft zur Wirksamkeit der Behandlung beitragen können.

Ältere Menschen seien die anfälligste Gruppe für chronische Krankheiten, Depressionen und Einsamkeit, begründet die Stadt den Entscheid, weshalb nur ältere Personen zum Projekt zugelassen werden.

Neuenburg verschreibt Museumsbesuche

Das Tessiner Projekt hat ein Budget von 250'000 Franken. Beteiligt sind unter anderem die Stadt Lugano, das Institut für Familienmedizin der Università della Svizzera italiana sowie das Kulturzentrum Arte e Cultura. Die Hoffnung dahinter ist gross: Wenn Kunst nicht nur die Seele nährt, sondern auch die Gesundheit verbessert, könnten am Ende sogar die Gesundheitskosten sinken.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt bereits der Kanton Neuenburg: Dort verschreiben Ärzte Museumsbesuche. Wer ein entsprechendes Rezept erhält, hat freien Eintritt in die vier Museen der Stadt.

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