Darum gehts
- Parlamentarier fordern sechs Wochen Ferien für Lehrlinge in der Schweiz
- Vorstoss als Antwort auf offenen Brief von Lehrlingen an Bundesrat
- Viele Unternehmen bieten freiwillig mehr Ferien für Lernende
Im Sommer haben sie lautstark auf sich aufmerksam gemacht: Lehrlinge aus der ganzen Schweiz forderten in einem offenen Brief an den Bundesrat acht Wochen Ferien. Die entsprechende Petition wurde gemäss eigenen Angaben von über 176'000 Personen unterschreiben.
Jetzt erhalten sie Schützenhilfe aus dem Bundeshaus – auch von unerwarteter Seite: Fünf Parlamentarier aus unterschiedlichen Parteien haben gemeinsam einen Vorstoss verfasst, in dem sie eine Erhöhung des gesetzlichen Freienanspruchs in der Lehre von fünf auf sechs Wochen fordern. In der kommenden Herbstsession wollen sie ihn einreichen.
«Finanziell tragbar»
Zu den Motionären gehört etwa GLP-Nationalrätin Fabienne Stämpfli (33). «Der Vorstoss ist eine Antwort an die Jugendlichen, wir haben sie gehört», sagt sie gegenüber Blick. «Eine Erhöhung des Ferienanspruchs von einer Woche pro Lehrjahr ist finanziell tragbar», argumentiert Stämpfli, die selbst die Ausbildung zur Pharma-Assistentin absolviert hat.
Stämpfli arbeitet in einem Unternehmen, das den Lernenden schon heute freiwillig sechs Wochen Ferien gewährt. «Wir fahren gut damit», sagt sie.
Ebenfalls ein Ohr für das Anliegen der Jungen haben die Berner SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen (46) sowie der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler (37). Der gelernte Maurer fordert aber im Gegenzug, dass der Bundesrat auch prüfen soll, wie man Lehrbetriebe entlasten könne.
Ferienunterschiede zwischen Gymi und Lehre
Die Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser (33) sieht im Ausbau der Ferien auch eine Strategie, um die Lehre attraktiver zu machen. «Das duale System ist wertvoll, aber viele Junge entscheiden sich heute gegen eine Lehre», sagt sie zu Blick. Sie ist seit zehn Jahren Verwaltungsratspräsidentin des Optikergeschäfts, das einst von ihrem Grossvater gegründet wurde.
Während viele Jugendliche an Gymnasien und Fachmittelschulen jährlich 13 Wochen Ferien haben, müssen Lernende teilweise mit nur fünf Wochen auskommen. «Das ist wenig und reduziert die Attraktivität der Berufslehre», so Ryser.
Freiwillig mehr Ferien
Im Kampf um die besten Lehrlinge bieten viele Firmen aber schon heute mehr Ferien an als die gesetzlich vorgeschriebenen fünf Wochen. Besonders bei den staatsnahen Unternehmen ist das sichtbar: So wirbt die SBB damit, dass man als Lernender bis zum 20. Lebensjahr Anspruch auf 30 Ferientage hat. Das Gleiche gilt auch für die Swisscom. Bei der Post haben Lernende sogar einen Anspruch von 7 Wochen Ferien pro Jahr.
Aber auch in der Privatwirtschaft hofft man, mit dem Zückerli der zusätzlichen Ferientage die Berufslehre schmackhaft zu machen. So haben beim Transportunternehmen Planzer Lernende bereits heute acht Wochen Ferien – zumindest im ersten Lehrjahr. Im zweiten sind es dann sieben und im dritten Lehrjahr sechs. Der Patron Nils Planzer (54) sagte gegenüber der «NZZ», für 15-jährige Berufseinsteiger sei der Schritt von dreizehn oder vierzehn Wochen zu fünf Wochen heftig. Mit den zusätzlichen Ferien wolle man ihnen den Start ins Berufsleben erleichtern.
Ob der Ruf nach mehr Ferien gehört wird und irgendwann sogar ins Gesetz kommt, liegt am Ende in den Händen des Parlaments. Angesichts der breiten Unterstützung könnte dies künftig vielleicht für alle Lernenden im Land gelten.