12'000 Franken Spesen für Genf-Besuch
Schweiz bezahlt Taliban Flug, Hotel und Menü

Vier Taliban kamen nach Genf. Dort sollten sie afghanische Straftäter identifizieren, die der Bund abschieben will. Die Kosten übernahm die Schweiz. Einen Monat später sind die Straftäter noch immer hier.
Publiziert: 19:51 Uhr
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Aktualisiert: vor 51 Minuten
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Am 15. August 2025 haben die Taliban den Jahrestag ihrer Machtübernahme gefeiert.
Foto: AFP via Getty Images

Darum gehts

  • Die Schweiz hat Taliban-Vertreter nach Genf eingeladen, für Identifizierung von Straftätern
  • Der Bund zahlte 12'000 Franken für Flug, Unterkunft und Verpflegung der Taliban-Delegation
  • Einen Monat später befinden sich die Straftäter weiterhin in der Schweiz
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Robin BäniRedaktor

Dienstagabend, 19. August. In Genf landet ein Linienflug. An Bord sind gewöhnliche Passagiere und vier Terroristen. Es sind Vertreter der Taliban, jener Islamistenmiliz, die seit 2021 Afghanistan beherrscht. Zum ersten Mal seit der Machtübernahme empfangen die Schweizer Migrationsbehörden deren Abgesandte. Der Bund hat sie offiziell eingeladen und mit Visa ausgestattet.

Die Terroristen sind gekommen – allerdings nicht, um die schöne Schweiz zu entdecken. Zwei Nächte verbringen sie auf dem Flughafen Genf, ohne das Areal zu verlassen. Vor Ort müssen sie dreizehn Männer identifizieren, die angeblich aus Afghanistan stammen. Zwei wollen freiwillig zurückkehren, elf sind Straftäter, die der Bund ausschaffen möchte. Doch bevor es so weit ist, prüfen die Taliban ihre Staatsangehörigkeit – etwa, indem sie auf den Dialekt achten.

Da die Islamisten nicht unaufgefordert angereist sind, hat der Bund die Auslagen übernommen. Die Flugtickets kosteten 9692.20 Franken – «Economyclass», wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage mitteilt. Für «Übernachtung und Verpflegung» fielen 2208 Franken an. Knapp 12'000 Franken also für Vertreter eines Regimes, das Frauen aus dem öffentlichen Leben verbannt, Minderheiten unterdrückt und mit eiserner Faust regiert.

Die Krux: Einen Monat nach dem Taliban-Besuch sind die dreizehn Männer noch immer in der Schweiz. Nur die vier Gotteskrieger haben den bezahlten Rückflug angetreten. Ausser Spesen nix gewesen? Das SEM schreibt, man sei daran, verurteilte Straftäter so schnell wie möglich zurückzuführen. «Die Vorbereitungen sind im Gange.» Ein konkretes Datum für die Rückführung will die Migrationsbehörde aber nicht nennen. «Zuerst müssen alle Bedingungen erfüllt sein, die für eine solche Rückführung notwendig sind.» Und hier beginnt das Problem: Die Bedingungen diktieren die Taliban.

Bundesrat im Dilemma

Die Schweizer Bilanz, was Ausschaffungen nach Afghanistan anbelangt, ist bescheiden. Jahrelang argumentierten die Behörden, eine Rückschaffung sei aus «operativen Gründen» nicht möglich. Dann vollzog Asylminister Beat Jans eine Kehrtwende: Im September 2024 hiess es, schwerkriminelle Afghaner sollten konsequent zurückgeführt werden. «So schnell wie möglich», sagte SEM-Staatssekretär Vincenzo Mascioli damals im Blick. Seither hat die Schweiz fünf Straftäter nach Afghanistan zurückgeschafft.

Das Problem sind die islamistischen Herrscher. Kurz nach Jans Kehrtwende haben sie in Kabul die Regeln angepasst. Die Taliban akzeptieren nur noch Reisepapiere, die sie selbst ausstellen. Dokumente der früheren afghanischen Botschaft in Genf erkennen sie nicht mehr an. Den Bundesrat bringt das in eine schwierige Lage. Zum einen möchte er kriminelle Afghaner ausschaffen. Zum anderen muss er dafür mit den Taliban kooperieren, womit er sie indirekt als legitime Machthaber anerkennt. Offiziell will die Landesregierung das vermeiden.

Mit der Einladung nach Genf hat der Bundesrat einen ersten Schritt auf die Terroristen zu gemacht. Doch ob sich die Taliban damit zufriedengeben, ist fraglich. Deutschland konnte erst 81 Straftäter zurückschicken, nachdem es zwei von den Taliban entsandte Konsularmitarbeiter akkreditiert hatte. Ein Deal, ganz im Sinn der Islamisten. Kommt es in der Schweiz dereinst genauso weit? Bislang haben die Taliban nur auf Kosten der Steuerzahler gegessen und geschlafen.

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