Darum gehts
- Taliban-Beamte in Genf zur Identifizierung afghanischer Straftäter für Ausschaffungen
- SEM wägt zwischen Menschenrechten in Afghanistan und Schutz der Schweizer Bevölkerung ab
- 20 Rückführungen verfügt, zwei rechtskräftig, Rest mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht
Vor wenigen Tagen landeten vier Beamte der Taliban-Regierung in Genf. Sie sollten afghanische Landsleute identifizieren, um eine Ausschaffung aus der Schweiz zu ermöglichen, wie SRF berichtet.
Justizminister Beat Jans (61) hat vergangenes Jahr entschieden, dass verurteilte afghanische Straftäter mit einer richterlichen Landesverweisung nach Ablauf ihrer Gefängnisstrafen ausgeschafft werden sollen. Fünf solche Rückschaffungen sind bis Ende des letzten Jahres zustande gekommen.
Allerdings hat die Taliban-Regierung danach laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM) ihre Praxis geändert. Sie akzeptiert nur noch Reisedokumente, die die Behörden in Kabul selbst ausgestellt haben. Der Besuch der afghanischen Beamten sei nötig gewesen, um 20 Straftäter auszuschaffen.
Elf Straftäter, zwei freiwillige Rückkehrer
Gemäss SRF ging es konkret um elf afghanische Straftäter und zwei freiwillige Rückkehrer, welche die Delegation hätte identifizieren sollen. Dies sei ein erster Schritt für die Ausstellung von Reisedokumenten. Bei der Mehrheit hätte die Identifizierung geklappt, so Daniel Bach, Kommunikationschef des SEM.
Laut Bach habe das SEM eine Abwägung machen müssen. «Wir wissen alle, dass in Afghanistan die Menschenrechte nicht geachtet werden – das hat die Sache etwas heikel gemacht.» Allerdings gebe es das öffentliche Interesse der Schweiz, die Bevölkerung vor verurteilten Straftätern zu schützen. Man habe befunden, dass der Schutz der Bevölkerung schwerer wiege.
Die Mitarbeiter aus Afghanistan hätten die Identifizierung am Flughafen Genf vorgenommen und den Flughafen während der zwei Tage nicht verlassen, so Bach.
Praxisänderung im April
Seit April betrachtet das SEM neben straffällig gewordenen Personen auch die Rückführung von abgewiesenen Asylsuchenden ohne Vorstrafen grundsätzlich als zulässig.
Betroffen sind volljährige, gesunde afghanische Staatsangehörige, die allein in der Schweiz leben und in ihrem Herkunftsland über ein stabiles Beziehungsnetz verfügen.