Darum gehts
- Birgit Steinegger feiert TV-Comeback mit Jassen und neuer Sitcom
- Bekannte Kabarettistin parodierte über 100 Rollen und Charaktere
- Ab 31. Oktober startet SRF die neue Sitcom «Unsere kleine Botschaft»
Interviews zu geben, das gehöre nicht zu ihren Stärken. «Und schon gar nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen», schickt Birgit Steinegger (76) vorsichtig voraus. Doch bald ist das vermeintliche Unvermögen, wie sie es nennt, verflogen, die halbschwedische Bernerin beginnt aus dem Nähkästchen zu plaudern
Wobei sich der Gesprächspartnerin immer wieder mal die Frage stellt, wer nun eigentlich am anderen Ende der Telefonleitung sitzt: Frau Iseli? Frau Schrupatelli? Oder ist sie es gerade selbst? Fliessend wechselt die wohl bekannteste Kabarettistin im Land von einer Identität zur anderen. Wenn es ums Parodieren geht, ist sie in ihrem Element. «Ja, ich habe es geliebt.»
Auch Männer wie Literaturkritikpapst Marcel Reich-Ranicki, HD Läppli oder Reporterlegende Hans Jucker kamen dran, bestätigt die Volksschauspielerin. Steinegger kann auf eine lange Fernsehkarriere zurückblicken: So moderierte sie «Das Spielhaus» oder «Schweiz aktuell» und spielte in SRF-Serien wie «Ein Fall für Männdli», «Die Direktorin» oder «Lüthi und Blanc» mit.
Richtig durchgestartet ist sie dann mit ihren Parodien in «Viktors (Spät-)Programm», «Benissimo» oder «Classe Politique» («das vermisse ich heute noch») – und natürlich mit ihrer populärsten Figur: Frau Iseli aus der Comedysendung «Total Birgit».
In über 100 Rollen und Charaktere ist sie geschlüpft. Hat sie da noch die Übersicht? «Nein, die Übersicht habe ich höchstens ein wenig, weil mir SRF eine Collage zum 60. Geburtstag geschenkt hat.» Und die hänge, weil sie so gross ist, auf ihrem Estrich. «Ich freue mich heute noch über dieses Geschenk, halte es in Ehren und häbe fescht Sorg derzue.»
Lachen, ohne zu verletzen
Das A und O einer Parodistin ist Beobachten, oder? «Das ist richtig. Ich liebe Menschen, ich liebe es, sie zu beobachten.» Aber ihr war es immer ein Anliegen, dabei niemanden zu verletzen. «Es ist jedes Mal eine Gratwanderung, wie weit man gehen kann bzw. darf. Ich bin glücklich, wenn es mir gelingt, die Leute gut zu unterhalten, und wenn ich niemandem auf den Schlips getreten bin.»
Was ist ihr in ihrem Beruf als Schauspielerin am wichtigsten? «Wie man so schön sagt: die direkten Töne. Oft ist weniger mehr.» Sie sei eine Perfektionistin, sagt sie von sich selbst. Und spontan?
«Ich liebe Spontaneität, aber bei einem Klassiker auf der Bühne können Sie es grad vergessen – das geht gar nicht.» Da müsse man sich genau an den Text halten. Anders sei das beim Filmen: «Da kann man gut mal spontan reagieren, und das mache ich auch gern.»
Comeback mit Nervensäge
Nun feiert Steinegger also ein kleines TV-Comeback und stellt sich im «Samschtig-Jass» der Konkurrenz. Oder sitzt da etwa Frau Iseli oder Frau Schrupatelli? «Nein, nein, am Jasstisch sitzt Birgit Steinegger. Aber wenn mich nicht alles täuscht, wird Frau Iseli auch auftauchen. Und Frau Schrupatelli drückt am Bildschirm Frau Steinegger ganz0 fest die Daumen.»
Hand aufs Herz: Musste sie den Differenzler erst mal üben? «Ja, ich habe am Computer geübt», verrät sie. «Es ist der spannendste, aber auch der schwierigste Jass.» Man müsse geschickt vorgehen und rechnen können. «Es ist nicht mein Lieblingsjass, ich habe mich daher mit viel Respekt an den Jasstisch gesetzt.» Nun muss sie lachen.
Womit wir beim Thema wären. Unzählige Leute hat Birgit Steinegger zum Lachen gebracht. Wen würde sie denn noch gerne parodieren? «Unsere Bundespräsidentin. Aber im Moment würde ich gerne Werbung machen – meine Lieblingswerbung für Goldhirse-Öl-Kapseln», sagt sie und lacht.
Nun imitiert sie die Stimme von Karin Keller-Sutter. «Sithea sind mini Hoor wieda viiil schönna! Das würde ich gerne parodieren. Einfach herrlich! Aber eine Parodie funktioniert eigentlich nur dann, wenn man eine Person kennt.»
Und worüber kann sie selber herzhaft lachen? «Über Situationskomik im Alltag. Und gottlob auch über mich selbst.» Dass man sich nicht allzu ernst nimmt, findet Steinegger besonders wichtig. «Allerdings nicht im beruflichen Zusammenhang», dort sei es dann oftmals eher peinlich, wenn man sich selber lustig findet. «Aber mit einem Lächeln sieht die Welt doch schon viel rosiger aus.» Ein aufrichtiges Lächeln könne so viel bewirken. «Im Kleinen passiert Grosses.»
«Diese Rolle war wie für mich gemacht»
Und wobei vergeht ihr das Lachen? «Was zurzeit in unserer Welt geschieht, macht mich fassungslos und tieftraurig.» Sicher viel zu lachen gibt es ab Freitag, 31. Oktober, wenn Steinegger ein weiteres, richtig grosses TV-Comeback feiert. Dann startet SRF mit der neuen Sitcom «Unsere kleine Botschaft».
Kann sie uns etwas über ihre Rolle verraten? «Ich spiele Frau Zybach, eine ältere Dame aus gutem Haus und eine richtige Nervensäge», erzählt Birgit Steinegger und schmunzelt. «Sie langweilt sich und taucht regelmässig in der Botschaft auf, wo sie alle fast zum Wahnsinn treibt.» Es sei eine grandiose Rolle, das T-Shirt mit dem Aufdruck «I survived Zybach» spreche Bände.
Die Figur scheint ja so richtig auf Birgit Steinegger zugeschnitten, oder? «Ob sie auf mich zugeschnitten wurde, das weiss ich nicht.» Für sie seien ohnehin die Drehbücher das Wichtigste. «Als ich dieses las, gefiel mir die Rolle auf Anhieb. Ich musste sogar lachen. Aber es ist nicht so, dass ich alles mache, wenn ich eine Anfrage bekomme. Die Rolle muss schon passen.»
Und hier habe es gepasst – wie auch die Zusammenarbeit mit den jungen Kolleginnen und Kollegen. «Es hat riesig Spass gemacht. Ich finde die ganze Crew grossartig!» Wie zufrieden ist sie mit dem Resultat? «Ich habe die Sitcom erstmals bei der Premiere am Zurich Film Festival im Kino gesehen. Ich war ja so nervös. Aber ich kann nur sagen: unbedingt anschauen!»
Gerne wolle sie für SRF etwas die Werbetrommel rühren, sie habe dem Schweizer Fernsehen ja so viel zu verdanken. «Es schmerzt mich sehr, wenn man von dieser Halbierungsinitiative spricht. Das wäre eine Katastrophe!»