«Letztes Jahr habe ich den Eurovision Song Contest gewonnen und dafür die Trophäe erhalten. Und obwohl ich der Community rund um diesen Wettbewerb und allem, was mir diese Erfahrung sowohl als Mensch als auch als Künstlerin gelehrt hat, unendlich dankbar bin, habe ich heute das Gefühl, dass diese Trophäe nicht mehr in mein Regal gehört.» Mit diesen Worten wendet sich Nemo auf Instagram an die Fans und erklärt sogleich, was es mit der Entscheidung auf sich hat.
«Der Eurovision Song Contest steht nach eigenen Angaben für Einheit, Inklusion und Würde für alle. Diese Werte haben diesen Wettbewerb für mich bedeutungsvoll gemacht. Aber die fortgesetzte Teilnahme Israels während eines Vorgangs, den die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen als Völkermord eingestuft hat, zeigt einen klaren Konflikt zwischen diesen Idealen und den Entscheidungen der EBU.»
Für Nemo gehe es beim Gesangswettbewerb nicht mehr um Einzelpersonen oder Künstler. «Der Wettbewerb wurde wiederholt dazu genutzt, das Image eines Staates zu beschönigen, dem schwerwiegendes Fehlverhalten vorgeworfen wird, während die EBU darauf bestand, dass die Eurovision unpolitisch sei. Und wenn Teilnehmerländer sich aufgrund dieses Widerspruchs zurückziehen, sollte klar sein, dass etwas grundlegend falsch läuft.»
In der Tat haben mittlerweile mehrere Länder auf ihre Teilnahme am ESC verzichtet, erst gestern gab Island als fünftes Land bekannt, nicht teilzunehmen. Auch Spanien, Slowenien, Irland und die Niederlande setzen aus.
«Ich warte auf den Moment, in dem Worte und Taten übereinstimmen»
In Anbetracht all der enannten Punke hat sich Nemo dazu entschieden, «meine Trophäe an den EBU-Hauptsitz in Genf zurückzuschicken». Dies tue das Bieler Gesangstalent mit Dankbarkeit und einer klaren Botschaft: «Lebt, was ihr verkündet.».Würden die Werte, «die wir auf der Bühne feiern, hinter den Kulissen nicht gelebt werden, verlieren selbst die schönsten Lieder ihre Bedeutung.» Nemo schliesst das Statement mit den Worten: «Ich warte auf den Moment, in dem Worte und Taten übereinstimmen.»
Unter den beiden Instagram-Beiträgen – einmal ein schriftliches und einmal ein mündliches Statement – finden sich hauptsächlich positive Kommentare. Die Fans feiern Nemo für die Entscheidung, schreiben, wie unfassbar stolz sie auf Nemo seien, und senden zahlreiche Herzen.
So reagiert die SRG auf Nemos Aktion
«Wir nehmen den Schritt von Nemo zur Kenntnis», heisst es auf Blick-Anfrage bei der SRG. «Die SRG glaubt an die friedensfördernde, verbindende und verständnisbildende Wirkung des ESC und unterstützt dessen Positionierung als Anlass jenseits jeder Politik und Parteinahme. Dieser unterhaltungsmusikalische Wettbewerb soll weiterhin politisch neutral bleiben», schreibt Mediensprecherin Gianna Blum weiter. Auch stellt sich klar, dass sich die SRG an «das demokratische Prinzip, dass Mehrheitsentscheide zu akzeptieren sind», hält, weshalb der Entscheid der EBU-Generalversammlung «in dieser Frage solidarisch» mitgetragen werde.