Zuschauer verwüsten wegen Tiktok-Challenge die Kinos
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Ärger wegen Minecraft-Film:Zuschauer verwüsten wegen Tiktok-Challenge die Kinos

K-Pop Demon Hunters, Brainrot und Sephora Kids
Die geheime Popkultur der Gen Alpha

Die Generation Alpha hat sich ihre ganz eigene Welt erschaffen: Sie singen zum globalen Phänomen «K-Pop Demon Hunters», tauchen in digitale Welten wie Minecraft ein oder folgen Youtube-Stars wie MrBeast. Blick entschlüsselt die Popkultur der Jüngsten.
Publiziert: 10:46 Uhr
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Die Generation Alpha – also alle, die nach 2010 geboren sind – hat ihre ganz eigenen Regeln, ihre eigenen Stars und eigenen Codes. Sie lieben unter anderem Videogames und digitale Welten.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • «K-Pop Demon Hunters»: Meistgesehener Netflix-Film mit 266 Millionen Aufrufen
  • Generation Alpha hat eigene Regeln, Stars und digitale Treffpunkte
  • Sephora-Kids gaben 2023 etwa 4,7 Milliarden für Beauty-Produkte aus
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Patricia BroderRedaktorin People

Es ist ein Film, von dem viele wahrscheinlich noch nie gehört haben – und doch schauen ihn Millionen Kinder auf der ganzen Welt: «K-Pop Demon Hunters». Seit Juni läuft der quietschbunte Animationsfilm auf Netflix, wo er sich mit unterdessen über 266 Millionen Aufrufen zum meistgesehenen Film aller Zeiten entwickelt hat. Zehn Wochen lang rangiert er ununterbrochen in den globalen Top Ten. In den USA strömten Jugendliche in Scharen ins Kino zu sogenannten Sing-along-Vorstellungen, bei denen sie die Lieder des Streifens im Kollektiv mitsingen konnten.

Der Soundtrack des Films hat unterdessen längst selber Popgeschichte geschrieben: Gleich vier Songs landeten gleichzeitig in den Top Ten der Billboard-Charts – ein Kunststück, das bisher nicht mal dem Unterhaltungsriesen Disney gelang. «K-Pop Demon Hunters» ist ein Phänomen, das aufzeigt, wie anders die Popkultur der Allerjüngsten funktioniert.

Was ist das Erfolgsrezept? Der Film verbindet das, was Kinder heute lieben: die grelle Ästhetik von K-Pop, die Fantasiewelten von Videospielen und eine Musik, die sofort auf Tiktok weiterlebt. «K-Pop Demon Hunters» ist wie ein Fenster in eine neue Jugendkultur, der wir genauer auf den Zahn fühlen wollen.

Gamingwelten statt Märchenfilme

Die Generation Alpha – also alle, die nach 2010 geboren sind – hat ihre ganz eigenen Regeln, ihre eigenen Stars und eigenen Codes. Zehn- bis Fünfzehnjährige wachsen heute nicht mehr mit den «Bravo»-Hits oder den grossen Samstagabendshows auf, sie himmeln nicht mehr Stars wie Justin Bieber (31) oder Taylor Swift (35) an. Sie tauchen stattdessen lieber in ihre eigene Computerspiel-Welt von Minecraft oder Roblox – digitale Baukästen, in denen Kinder ganze Städte oder Abenteuer kreieren, sich mit Freunden verabreden und Geschichten nachspielen können. Ein sozialer Treffpunkt, vergleichbar mit dem Pausenplatz, nur eben digital. Eine aktuelle Studie der deutschen Lernplattform Edurino zeigt, dass 92 Prozent der Gen Alpha regelmässig Computerspiele spielen. Viele sind dabei Teil von Gaming-Communitys, kaufen dazugehörende Kleidung und Merchandise. 

Computerspielbezogene Videoclips lösen derweil auch das klassische Kinderfernsehen ab. Beliebt sind dabei vor allem Youtube-Inhalte, in denen Influencer Videogames oder andere Spiele spielen, Challenges meistern oder ihr Leben in grellen Bildern inszenieren. Der US-amerikanische Youtuber MrBeast (27) etwa, dem über 400 Millionen Abonnenten folgen, verschenkt ganze Inseln oder veranstaltet Wettbewerbe mit Millionengewinnen – und erreicht damit insgesamt Klicks in Milliardenhöhe. Auch IShowSpeed (20), ein lauter und oft umstrittener Streamer, geniesst bei den Jugendlichen Kultstatus. Er brüllt sich durch seine Gaming-Videos, explodiert vor der Kamera, sorgt für Chaos – und hat es dafür vor kurzem in die «Time»-Liste der einflussreichsten Creators geschafft.

Auch was Humor anbelangt, hat die Generation Alpha ihren ganz eigenen Stil. Das Schlagwort dazu lautet «brain rot» (zu Deutsch «Hirnfäule») – ein umgangssprachlicher Begriff, den die Oxford-Wörterbuch-Redaktion 2024 zum Wort des Jahres kürte. Er steht für den exzessiven Konsum von schnelllebigen Online-Inhalten, die fesselnd, aber meist sinnlos sind. Dazu gehören absurde, oft KI-generierte Memes, verzerrte Gesichter, Stimmen, die wie von einer kaputten Tonspur klingen, kurze Videoclips ohne Pointe. Erwachsene schütteln dabei den Kopf, die Kinder krümmen sich vor Lachen. Für Gen Alpha gehören die «Brain rot»-Clips so selbstverständlich zum Alltag wie früher für ihre Eltern die «Sendung mit der Maus».

Luxus-Beautypflege im Kinderzimmer

Auch das Thema Beauty gehört zur Kultur der Jüngsten. «Sephora Kids» nennt die Branche die Zehn- bis Zwölfjährigen, die statt Kinderschminke schon teure Hautcremes und Lipgloss kaufen. Auf Tiktok zeigen sie mit ernster Miene ihre Hautpflege-Routinen, als wären sie Beauty-Influencer in ihren 30ern. Während bei den Beautymarken die Kassen klingeln, warnen Kritiker vor dem Druck dieser frühen Schönheitsideale. Doch die Verkaufszahlen sprechen für sich. Laut einer Studie von AYTM/Revlon gaben Sephora-Kids und Gen Alpha-Teenies allein 2023 etwa 4,7 Milliarden US-Dollar für Beautyprodukte aus. «Der Trend bleibt – Marken und Handel passen ihre Angebote längst an», fasst «Vogue Business» die Sephora-Kids-Bewegung zusammen. Und so stehen heute bei mancher Elfjährigen Produkte im Badezimmer, die sich ihre Mutter frühestens zu ihrem 40. Geburtstag gegönnt hatte.

Für Aussenstehende mag das alles wie ein chaotisches Sammelsurium aus K-Pop-Hits, Videogames, Youtube-Exzess und teurem Lipgloss wirken. Doch für die Kinder selbst ist es ein in sich stimmiges Universum, das Zugehörigkeit, Identität und Gemeinschaft schafft. Und vielleicht liegt genau darin die Pointe: Während die Eltern noch die «Tagesschau» einschalten und durch ihre Zeitschrift blättern, bauen ihre Kinder an ihren eigenen, geheimen Welten, die sich irgendwo zwischen digitaler Traumlandschaft und irdischen Beautytrends befinden.

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