Keiner mag den Typ Menschen, der mit «Ich habs euch ja gesagt» klugscheissert, wenn eine Person des öffentlichen Interesses mit Pauken und Trompeten scheitert. Aber als Stefan Raab (59) vor nicht einmal acht Monaten sein Comeback ankündigte, war mir klar: Das wird ein Reinfall. Und voilà: Raabs Comeback war die Backpfeife, die «ja noch nie jemandem geschadet hat». Geschadet hat sie aber schon – und zwar RTL.
Der Sender vergoldetete Raabs Comeback mit 90 Millionen Produktionsbudget und band sich den «TV Total»-Erfinder für vier Jahre ans Bein. Das erklärte Ziel: den Streamingdienst RTL+ aus der Bedeutungslosigkeit zu holen. Das Ergebnis: RTL+ hat kaum an Relevanz gewonnen. Die Show «Du gewinnst hier nicht die Million» wurde nach nur 27 Folgen wegen schlechter Einschaltquoten eingestellt, und «Raabs Pokernacht» läuft zu einer Uhrzeit, zu der man ein Kaminfeuer in Endlosschlaufe erwarten würde. Raab derweil hat nur die Erwartung erfüllt, dass seine Rückkehr ein nicht enden wollender Strom an Peinlichkeiten ist.
Raab lechzt verzweifelt nach Aufmerksamkeit
Der Tiefpunkt des Stücks, das auch «Wie ein ewig Gestriger am Zeitgeist vorbeisendet» heissen könnte, lief letzte Woche in Basel. Raab erklärte den deutschen ESC-Beitrag grossspurig zur «Chefsache». Der Song «Baller» von Abor & Tynna, den Raab castete, blieb weit hinter den Erwartungen. Und das, obwohl sich der «Chef» dem Publikum vor der grossen Show so penetrant aufdrängte wie ein Besoffener jeder Frau in der Dorfdisco. Und genauso schnell wie dieser verdarb Raab dem Publikum den ESC-Finalabend.
So zum Beispiel, als Moderatorin Michelle Hunziker (48) im Green Room eigentlich das deutsche Musik-Duo interviewen wollte: Neben den jungen Künstlern hechelte Raab so sehr nach Präsenz, dass die Fremdschäm-Hühnerhaut alles war, was mir und meiner Freundin vom Finale blieb. Bis weit nach der Ausstrahlung diskutierten wir fassungslos darüber, warum der Kölner nicht einfach in Show-Rente geblieben ist. Ach ja, und Österreich hat gewonnen.
Raab kehrte zurück – aus Geltungsdrang, wegen der 90 Millionen und aus Überzeugung. Er glaubte, in seiner zehnjährigen Abwesenheit sei «eine ganze Generation ohne gutes Entertainment» herangewachsen. Doch diese Prämisse fiel ihm auf die Füsse. Herangewachsen ist eine Generation, der er im besten Fall peinlich, im schlimmsten völlig egal ist – und die er nie für sich gewinnen konnte. Raab hasst es, zu verlieren: Publikum, Geld, Kämpfe. Immerhin – den Titel für das erfolgloseste Comeback hat er wohl gewonnen.