78. Filmfestival Locarno eröffnet
«Die Schweiz ist wie ein Schleckstängel»

Weil sie mit Leonardo DiCaprio gespielt hat, musste die iranische Schauspielerin Golshifteh Farahani ihre Heimat verlassen. Am Filmfestival Locarno fühlt sie sich zu Hause – sie wird zur Eröffnung mit einem Preis geehrt.
Publiziert: 00:02 Uhr
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Golshifteh Farahani wurde am Locarno Filmfestival mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Filmfestival Locarno eröffnet mit neuen First Ladys und politischen Themen
  • Iranische Schauspielerin Golshifteh Farahani erhält Excellence Award Davide Campari
  • Farahani hat 17 Millionen Instagram-Follower und nutzt Kanal für iranische Frauenbewegung
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Auch dieses Jahr begrüssen die neuen First Ladys zum Start des 78. Filmfestivals Locarno die Gäste aus Politik und Kultur: Festival-Präsidentin Maja Hoffmann (69) und Elisabeth Baume-Schneider (61). Die Kulturministerin spricht sogleich an, was die Schweiz derzeit bewegt: «Heute wird die Welt von tiefgreifenden und vielfältigen Krisen erschüttert. Auch die Schweiz macht diese bittere Erfahrung seit einigen Tagen.»

Den Eröffnungsevent im La Magistrale unter freiem Himmel liess man sich dennoch nicht verderben, dicht gedrängt bei Risotto, bevor es auf die Piazza Grande ging. Dort stand eine Frau auf der Bühne, die politische Krisen am eigenen Leib erfahren hat: Golshifteh Farahani (42). Die iranische Schauspielerin musste vor 17 Jahren aus ihrer Heimat flüchten, damals war sie bereits ein Star. Schuld daran war Leonardo DiCaprio (50). Sie spielte an seiner Seite im Thriller «Body of Lies» und war damit die erste Iranerin seit der Islamischen Revolution, die in einer grossen Hollywoodproduktion mitspielte. Ohne Schleier – ein Skandal!

Flucht und Frauenbewegung

Dabei glaubte sie zunächst, der Film würde im Iran positiv aufgenommen: «Ich dachte, sie wären stolz auf mich, weil der Film nicht pro-amerikanisch war.» Sie war damals erst 23, als sie vor einen berüchtigten Richter treten musste. «Er liess während der Revolution Freunde meines Vaters hinrichten.» Sie hatte Glück: «Er mochte mich und meine Filme, deshalb warnte er mich.» Sie flüchtete, bevor sie dazu keine Möglichkeit mehr hatte.

Auf Instagram hat Farahani heute 17 Millionen Follower und nutzt den Kanal für die Frauenbewegung im Iran. Was hat sich verändert? «Meine Freundinnen schicken mir Videos, und ich kann meinen Augen nicht trauen. Keine Schleier, sondern Tanktops.» Sie glaubt: «Die Regierung traut sich im Moment nicht durchzugreifen, weil sie weiss, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen kann.»

«Brauche Chaos im Leben»

Farahani wurde in Locarno mit dem Excellence Award Davide Campari ausgezeichnet. Für sie ein emotionaler Moment: «Locarno ist ein mutiges Festival. Ich sass hier kurz nach meiner Flucht in der Jury – jetzt bin ich zum vierten Mal hier. Es ist wie nach Hause kommen.» Sie liebt nicht nur die Filme, sondern auch die Maggia: «Ich springe immer in den Fluss. Die Schweiz ist wie ein Schleckstängel, wie ein Cartoon – eine kleine Utopie. Ich hoffe, das bleibt so.»

Natürlich gehört dazu die obligate Frage: Würde sie hierherziehen? Sie winkt lachend ab: «Das ist mir viel zu teuer. Ausserdem brauche ich etwas Chaos in meinem Leben.» 

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