«Wer sind nur meine leiblichen Eltern», diese Frage geht Kristina V. (26) aus Arbon TG nicht mehr aus dem Kopf. Denn seit einem DNA-Test ist nichts mehr, wie es vorher war. Das Ergebnis lautete: Die zwei Menschen, die Kristina grossgezogen haben, sind nicht ihre leiblichen Eltern (BLICK berichtete).
Der Grund: Bei der damaligen künstlichen Befruchtung wurde gepfuscht. Wie genau, das kann nur der damals zuständige Arzt Herbert Zech von der Klinik in Bregenz (A) aufklären. Und auch, wer die leiblichen Eltern von Kristina sind. Doch Zech stellt sich quer, pocht auf das Berufsgeheimnis.
Aber Kristina will unbedingt wissen, wer ihre genetischen Eltern sind. Deswegen klagt sie nun ihr Recht vor dem Landgericht Feldkirch ein.
Arzt weist Schuld von sich
Konkret fordert Kristina vom Reproduktionsmediziner Zech, alle Unterlagen herauszugeben, die Aufschluss über ihre genetischen Eltern geben könnten. Also jegliche Informationen zu den Paaren, die sich 1990 künstlich befruchten liessen.
Denn zu dieser Zeit waren auch Kristinas «Eltern» Patienten von Zech. Das Berufsgeheimnis greife in diesem speziellen Fall nicht, meint Kristinas Anwalt Andreas Ermacora. «Wir sind überzeugt, dass das Recht auf die eigene Abstammung wichtiger zu werten ist», sagt er zur «Thurgauer Zeitung».
Dass Kristina schon bald die Unterlagen einsehen darf, glaubt er aber nicht. «Der Fall wird wahrscheinlich vor dem obersten Gerichtshof entschieden werden.» Und das, obwohl der Reproduktionsmediziner Zech seinen Fehler 2014 in einem Schreiben zugegeben hat.
Doch vor Gericht will er davon plötzlich nichts mehr wissen. «Wir bedauern den Fehler – wenn es überhaupt unser Fehler war», liess Zech gestern per Anwalt am ersten Verhandlungstag verlauten. Kristina V. schüttelt darüber nur den Kopf, versteht dieses Verhalten nicht.
«Gemäss den Akten des Krankenhauses, wo ich geboren wurde, wurde der Arzt aufgrund der unüblichen Blutgruppenkonstellation zwischen mir und meiner Mutter, kurz nach meiner Geburt damit konfrontiert», sagt sie zu BLICK. «Damals hat er verneint, dass es zu einer Verwechslung gekommen sei. Als wir ihn 2014 damit konfrontierten, dass ich nicht mit meiner Mutter verwandt bin, kam innert wenigen Tagen die Haftungsanerkenntnis. Im 2014 wurde, seitens des Arztes, nie etwas davon gesagt, dass es im Krankenhaus hätte passiert sein können. Wir haben dann erst später, der Vollständigkeit halber die Akten aus dem Krankenhaus erhoben.»
Doppelte Verwechslung
Harte Worte für Kristina und auch für ihre jüngere Schwester. Denn auch bei ihrer Schwester hat Zech einen Fehler gemacht. Die DNA ihrer jüngeren Schwester stimmt nicht mit der ihres mittlerweile verstorbenen Vaters überein. Zwar ist ihre Mutter ihre leibliche Mutter. Ihr Vater aber ist eine bisher unbekannte Person. (BLICK berichtete)
Der Bregenzer Fruchtbarkeitsklinik sind also gleich zwei fatale Fehler unterlaufen. Ein Schock für die Familie. Nebenkläger im aktuellen Gerichtsprozess sind deswegen auch die Mutter und die Schwester von Kristina.
Die nächsten Verhandlungen werden zeigen, ob das Drama ein Ende nimmt. Im Juli wird der Prozess voraussichtlich weitergehen. Ob Zech doch noch zur Vernunft kommen wird, bleibt abzuwarten.
Gibt die Hoffnung nicht auf
Momentan erwartet Kristina noch die Resultate von einem Paar und einer Frau, die sich vor kurzem gemeldet haben, dass sie als Eltern in Frage kommen würden. Daneben hofft Kristina, dass sich andere Personen melden, die ein ähnliches Schicksal getroffen hat. «Ich wäre nach wie vor sehr froh, wenn sich Personen melden würden, die im Zeitraum von 1988 bis 17. Juli 1990 in Bregenz in Behandlung waren bzw. dort ihre Eizelle oder Spermien abgegeben haben. Des Weiteren kommen alle männlichen Personen, die zwischen 1988- 24. Januar 1992 Samen beim gleichen Institut abgegeben haben, als genetischer Vater meiner Schwester in Frage.»