Wildbienen in Gefahr
Unbekannte Helden unseres Ökosystems brauchen Hilfe

Wildbienen haben es immer schwerer bei uns: Weil die Lebensräume in der Schweiz schwinden, sind 45 Prozent der Wildbienenarten bedroht.
Publiziert: 14:04 Uhr
|
Aktualisiert: 15:30 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/6
Die Wollbiene ist eine von über 600 Wildbienenarten in der Schweiz.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Wildbienen sind wichtig für Ökosystem und Biodiversität, aber gefährdet
  • Viele Wildbienenarten nisten im Boden oder in natürlichen Hohlräumen
  • 45 Prozent der heimischen Wildbienen in der Schweiz sind gefährdet
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Susanne_Wagner.jpg
Susanne WagnerJournalistin

Wildbienen leben immer noch im Schatten der viel bekannteren Honigbienen. Dabei ist die Honigbiene nur eine von rund 750 Bienenarten in Mitteleuropa. Alle übrigen Arten werden Wildbienen genannt. Sie produzieren keinen Honig, spielen jedoch eine unverzichtbare Rolle in unserem Ökosystem. Auch Wildbienen fliegen von Blüte zu Blüte, sammeln Pollen und Nektar und bestäuben dabei viele Pflanzenarten. So tragen sie zur Sicherung unserer Nahrungsmittelversorgung und Erhaltung der Biodiversität bei. 

Beim Bestäuben sind einige Wildbienenarten gegenüber den Honigbienen im Vorteil: So sind Sand- und Mauerbienen oder Hummeln, die auch zu den Wildbienen gehören, bei kühler Witterung immer noch aktiv. Honigbienen-Arbeiterinnen hingegen fliegen während längeren Schlechtwetterperioden gar nicht aus. Noch ein Unterschied: Die meisten Wildbienenarten bilden keine Staaten oder Völker, sondern sind Solitär- oder Einsiedlerbienen.

Buckel-, Woll- und Schneckenhausbienen

Weil die Lebensräume der Wildbienen abnehmen, ist die Artenvielfalt bedroht. Rund 45 Prozent der heimischen Wildbienen in der Schweiz sind gefährdet. Gemäss dem Bundesamt für Umwelt sind bei uns 59 Wildbienenarten bereits ausgestorben und 279 auf der roten Liste, das heisst «verletzlich, kritisch oder stark gefährdet».

In der Schweiz sind über 600 heimische Arten von Wildbienen bekannt. Sie tragen so wohlklingende Namen wie Zottelbiene, Sägehorn- oder Wollbiene, Buckel-Seidenbiene, Gewöhnliche Keulhornbiene oder Bedornte Schneckenhausbiene. Jede von ihnen hat ihre eigenen spezifischen Lebensräume und Nahrungsbedürfnisse.

Oft bevorzugen sie einzelne Pflanzenarten: Die seltene und gefährdete Blutweiderich-Langhornbiene besucht beispielsweise vor allem den in der Schweiz heimischen Blutweiderich, aber auch den Wiesenkerbel und die Wilde Möhre. Die Zaunwickensandbiene liebt alle Arten von Wicken sowie verschiedene Klee- und Flockenblumenarten. 

Nester im Boden

Scheinbar untypisch sind für Laien auch die Orte, wo die Wildbienen ihre Nester anlegen: Die meisten Wildbienenarten – rund 75 Prozent – bauen sie im Erdboden, auf Sandflächen oder unbearbeiteten Böden. Andere Wildbienen brauchen als Nistorte kleine Höhlen, Spalten in Trockenmauern, Ritzen zwischen Steinplatten, verlassene Schneckenhäuser, Markstängel oder Totholz, in das zum Beispiel die Blauschwarze Holzbiene zum Nisten Löcher bohrt. 

Das Bewusstsein für Wildbienen ist in den letzten Jahren gestiegen. Auch dank Nisthilfen wie den «Bienenhotels» für den Balkon oder den Garten. Gemäss Fachleuten können sie natürliche Nistplätze jedoch nicht ersetzen oder gar zu Krankheiten führen. Manche gekauften oder selbst gemachten Nisthilfen oder Bienenhotels enthalten zu kurze Röhrchen oder falsch gebohrte Löcher in den Holzstücken. Dies führt zu splittrigem Holz, woran sich die Bienen verletzen können. 

Gemäss der TV-Sendung «Kassensturz» schnitten die wenigsten der Kästen gut ab. Testsieger war der Wildbienenkasten von Wildbiene + Partner. Das Unternehmen ermöglicht per Postversand eine Haltung von Wildbienen auf dem eigenen Balkon im Bienenhotel: Im Frühling erhalten die Kunden eine Startpopulation mit Mauerbienenkokons. So sollen Privatpersonen eine erste positive Beziehung zu Wildbienen aufbauen können. Gemäss Fachleuten können diese Bienenhotels helfen, Menschen für den Schutz der Bienen zu sensibilisieren. Aber sie locken eher Arten an, die bereits verbreitet sind.

Weniger Gift, mehr Artenreichtum

Wildbienenspezialisten fordern, dass es dringend mehr Lebensräume für Wildbienen braucht und das Nahrungsangebot für sie verbessert wird. Das heisst: Wir sollten auf unnötige Dünger und Pestizide im Garten und in der Landwirtschaft verzichten. Aber auch den Landschaftsschutz und die Vernetzung von Lebensräumen wie Wildblumenwiesen, Magerweiden, Brachen, offene Bodenstellen und artenreiche Gärten fördern. 

Denn Wildbienen benötigen grosse Mengen an Pollen und Nektar und haben nur einen kleinen Flugradius. Einen wichtigen Beitrag leistet deshalb die richtige Auswahl von blühenden Pflanzen in Töpfen auf dem Balkon und im Garten, damit möglichst den ganzen Sommer über etwas blüht. Zum Beispiel Klatschmohn, Wiesensalbei, Wegwarte, Schafgarbe, Wilde Möhre, Hufeisenklee, Fetthenne und Efeu. 

Einheimische Blumen als Bienenmagnete

Blühende Kräuter wie Rosmarin, Salbei, Lavendel oder Thymian werden gerne von den Wildbienen angeflogen. Ganz im Gegensatz zu Geranien oder gefüllten Edelrosen, die keine Nahrung für Bienen bieten. Mit der Pflanzung von ungefüllten Strauch- und Wildrosen ist Wildbienen und anderen Insekten mehr geholfen.

Zu den bienenfreundlichen Pflanzen gehört auch die Färberkamille, die den ganzen Sommer bis in den Herbst blüht. Oder einheimische Glockenblumen, zum Beispiel die Ackerglockenblume, die Rundblätterige oder die Pfirsichblättrige Glockenblume – alle wirken auf Wildbienen wie ein Magnet.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?