Erderwärmung
Kipppunkte der Erde rücken laut Forschern bedrohlich näher

Das Korallensterben und die Gefährdung des Amazonas-Regenwalds sind bereits kritische Realitäten. Forscher fordern sofortige Massnahmen von Entscheidungsträgern weltweit, um weitere Kipppunkte zu vermeiden.
Publiziert: 01:56 Uhr
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Aktualisiert: vor 21 Minuten
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Korallenriffe sind fast verloren, der Amazonas wankt: Forschende warnen vor Domino-Effekten, die unser Leben und die Natur unumkehrbar verändern könnten. (Archivbild)
Foto: Daniel Beltra

Darum gehts

  • Klimaforscher warnen vor katastrophalen Kipppunkten bei fortschreitender globaler Erwärmung
  • Korallensterben bereits eingetreten, Amazonas-Regenwald und Atlantikströmung stark gefährdet
  • 160 Wissenschaftler aus 23 Ländern fordern sofortige Massnahmen gegen Klimawandel
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Mit seiner starken Erwärmung nähert sich unser Planet rasant katastrophalen und unumkehrbaren Kipppunkten - so die Warnung von 160 Klimaforschern aus 23 Ländern. Die Menschheit stehe vor einer neuen Realität, heisst es in dem Forschungsbericht der University of Exeter, dem WWF und weiteren Partnern.

«Wir steuern rapide auf mehrere Kipppunkte des Erdsystems zu, die unsere Welt verändern könnten und zerstörerische Folgen für Menschen und Natur hätten», betonte Tim Lenton von der Universität Exeter, der mit einem internationalen Team den «Global Tipping Points Report» veröffentlicht. Es seien beispiellose und sofortige Massnahmen von politischen Entscheidungsträgern in aller Welt notwendig.

Ein Kipppunkt in der Klimaforschung ist ein kritischer Schwellenwert, bei dessen Überschreiten ein Teil des Erdsystems vergleichsweise plötzlich und oft unumkehrbar in einen neuen Zustand kippt – mit potenziell furchtbaren Folgen für die Menschheit. Forscher sehen es als essenziell an, Kipppunkte zu vermeiden, um schwerwiegende, nicht mehr rückgängig zu machende Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern.

Korallensterben

Ein Kipppunkt ist dem Bericht zufolge mit dem grossen Korallensterben bereits erreicht. Die Temperaturschwelle für diesen Kipppunkt liege bei schätzungsweise 1,2 Grad - und sei bei der derzeitigen Erderwärmung von etwa 1,4 Grad schon überschritten. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass sich die Erderwärmung noch bei 1,5 Grad stabilisieren lasse, sei mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 99 Prozent davon auszugehen, dass Warmwasser-Korallenriffe verloren seien.

Amazonas

Der Amazonas-Regenwald, an dessen Rand in Kürze die Weltklimakonferenz stattfindet, ist durch eine Kombination aus klimabedingten Dürren und Abholzung ebenfalls gefährdet: Die Schwelle, ab der ein weitreichendes Absterben droht, sei niedriger als bislang angenommen – das untere Ende der angenommenen Spanne, an der das System kippen könnte, liege nun bei den schon fast erreichten 1,5 Grad, hiess es.

Meeresströmungen

Die Atlantische Umwälzströmung könnte womöglich ebenfalls schon bei einer Erderwärmung von unter zwei Grad kollabieren, nehmen die Forscher an. Dies würde in Nordwesteuropa zu deutlich harscheren Wintern führen und unter anderem die Bedingungen für die Landwirtschaft in grossen Teilen durcheinanderwirbeln – mit drastischen Folgen für die weltweite Ernährungssicherheit. Prognosen zur Entwicklung des Strömungssystems gelten allerdings noch als sehr unsicher.

Vernetzte Risiken

Forscher warnen zudem, dass Kipppunkte miteinander vernetzt sind: Das Überschreiten eines Schwellenwerts kann Dominoeffekte auslösen, die andere Teile des Erdsystems destabilisieren, etwa durch auftauenden Permafrost, der grosse Mengen Treibhausgase freisetzt.

Nicht nur Rückschritte

Seit ihrer letzten Bestandsaufnahme vor zwei Jahren sehen die Forschenden auch Fortschritte beim Wandel. «Es gab eine radikale weltweite Beschleunigung, darunter die Verbreitung von Solarenergie und Elektroautos. Aber wir müssen mehr tun und uns schneller bewegen, um positive Kipppunkte zu erreichen», sagte Lenton.

Bestenfalls ergäben sich Kettenreaktionen – etwa zwischen den Bereich Energie, Verkehr und Heizen. «Wir müssen viel mehr positive Kipppunkte identifizieren und auslösen», so das Team.

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