Darum gehts
Klappt es auf natürlichem Weg nicht mit dem Wunschkind, greifen immer mehr Paare auf die künstliche Befruchtung zurück. Nicht immer läuft alles rund. Wie die britische Zeitung «Guardian» berichtet, hat ein Samenspender der Europäischen Samenbank eine seltene Genmutation weitergegeben, die mit schweren erblichen Krebserkrankungen in Verbindung gebracht wird.
Unterdessen sind zehn der mindestens 67 Kinder, die aus seinem Sperma gezeugt wurden, an Krebs erkrankt. Eine Sprecherin der Europäischen Samenbank beteuert, der Spender sei ordentlich untersucht worden. Es sei jedoch «wissenschaftlich schlicht nicht möglich, krankheitsverursachende Mutationen im Genom einer Person zu erkennen, wenn man nicht weiss, wonach man sucht».
Peter Fehr (66), Facharzt für Fortpflanzungsmedizin der OVA IVF Klinik in Zürich, skizziert den Prozess in der Schweiz. Bei der Auswahl des Spenders wird zuerst die Qualität der Spermien untersucht. Nach dem Spermiogramm folgt eine ausführliche Blutuntersuchung. Dabei geht es vor allem darum, Infektionskrankheiten wie HIV und Hepatitis sowie Genmutationen auszuschliessen.
Peter Fehr arbeitet in einer von acht Kliniken in der Schweiz, die eine Behandlung mit Samenspende anbieten dürfen. Neben den beiden Standorten der OVA IVF Klinik in Zürich und dem Lindenhofspital in Bern sind in der Deutschschweiz nur noch das Universitätsspital Basel und Fertisuisse in Olten SO dazu berechtigt.
Peter Fehr arbeitet in einer von acht Kliniken in der Schweiz, die eine Behandlung mit Samenspende anbieten dürfen. Neben den beiden Standorten der OVA IVF Klinik in Zürich und dem Lindenhofspital in Bern sind in der Deutschschweiz nur noch das Universitätsspital Basel und Fertisuisse in Olten SO dazu berechtigt.
«Eine breite genetische Untersuchung ist aber praktisch nicht durchführbar», sagt der Facharzt. «Die meisten Anbieter in der Schweiz untersuchen die Anzahl Chromosomen sowie die Mutationen von Zystischer Fibrose und Spinale Muskelatrophie.» Die Genmutation des Spenders in Dänemark ist äusserst selten und galt zum Zeitpunkt seiner Spende im Jahr 2008 noch nicht als krebserregend.
In der Schweiz ist die Samenspende stark reguliert
Die dänische Spenderbank hat die Proben in ganz Europa verkauft. Laut Fehr hat aktuell keine der professionellen Schweizer Kliniken eine Importbewilligung für Spermien aus einer dieser Banken. Unterdessen definierte die Spenderbank eine Limite von neu maximal 75 Familien. «Das ist verglichen mit der Schweiz sehr viel», stellt Fehr fest. «Bei einem genetischen Problem, welches in der Regel erst mit einer gewissen Latenz sichtbar wird, ist die Problematik bei dieser hohen Anzahl entsprechend auch gravierender.»
In der Schweiz darf ein Spender gesetzlich maximal acht Kinder haben. «Dazu müssen die Spender bestätigen, dass sie nicht in einer anderen Bank zusätzlich spenden», sagt Fehr. Manche Paare wünschen sich später ein Geschwister für ihr Kind. Die Klinik kann zwar keine Spenden «reservieren», jedoch nutzen sie den Samen eines Spenders jeweils nur für vier Paare.
Nicht jeder kann Spender werden
«Wir haben viele Anfragen für Spender, aber leider können wir nach den Abklärungen nur etwa jeden zehnten Interessenten in die Samenbank aufnehmen», sagt Fehr. Das Verfahren beginnt mit einer Registrierung – die Interessenten erhalten einen Fragebogen, in dem sie Angaben zu ihrem Aussehen, ihrem Beruf und ihrer Krankengeschichte machen.
Nach einer positiven Vorprüfung wird der Spender zu einem Spermiogramm eingeladen. Dabei testet die Klinik Anzahl, Beweglichkeit und Form der Spermien. Etwa 70 Prozent der Bewerber fallen hier durch. Das heisst aber nicht, dass sie unfruchtbar sind. «Da das Sperma eingefroren und wieder aufgetaut wird, müssen wir mit einem Qualitätsverlust rechnen», erklärt Fehr. Die Klinik sucht deshalb nach Spendern mit deutlich überdurchschnittlichen Testergebnissen.
Spender sind nicht anonym, Kinder und Familie schon
In der Schweiz ist die Anonymität des Samenspenders gesetzlich ausgeschlossen. Seit 2001 haben Kinder, die durch Samenspende gezeugt wurden, ab dem 18. Lebensjahr das Recht, Informationen über ihren biologischen Vater zu erhalten. Ein nationales Spenderregister in Bern verwaltet die Daten.
Die Einsicht kann in drei Stufen erfolgen: Die erste Stufe ist eine einfache Bestätigung, dass das Kind im Register eingetragen ist. Die zweite Stufe ist die Einsichtnahme in den Registereintrag, jedoch in anonymisierter Form. Das Kind sieht die persönlichen Merkmale, den Beruf und die Hobbys des Spenders, aber kein Foto oder persönliche Daten. Die letzte Stufe ist das Treffen, das Amt stellt die nötigen Daten dafür zur Verfügung. Jeder Spender erklärt sich bei der Spende mit allen drei Schritten einverstanden. Kinder, die vor der Gesetzesänderung 2001 aus einer Samenspende entstanden sind, haben dieses Recht nicht.
Umgekehrt hat der Spender kein Recht, zu erfahren, wer seine Kinder sind. «Anders als bei privaten Spendern muss ein Paar auf diesem Weg nicht befürchten, dass sich eines Tages jemand in das Familienleben einmischen will», sagt Fehr. Die Klinik darf den Spendern aber mitteilen, wie sein Samen verwendet wurde und wie viele Kinder daraus entstanden sind.
Es gibt keinen Wunschkatalog
Kommt der Samen zum Einsatz, wird bei heterosexuellen Paaren ein sogenanntes «Matching» durchgeführt. Das Kind soll dem rechtlichen Vater möglichst ähnlich sein. Kriterien wie Augenfarbe, Haarfarbe, Körpergrösse und Blutgruppe spielen dabei eine tragende Rolle. «Ausbildung, Beruf oder andere Wunschkriterien sind in der Schweiz nicht zugelassen», sagt Fehr.
Samenspenden werden bezahlt
Spender erhalten für ihre Teilnahme eine einmalige Spesenentschädigung von rund 2000 Franken. Dieser Betrag deckt alle Spenden ab und ist unabhängig davon, wie viele Kinder letztlich gezeugt werden.
«Die Rekrutierung eines Spenders ist ein kostenintensiver Prozess», sagt Fehr. Neben der administrativen Abwicklung und den Laboruntersuchungen fallen Kosten von mehreren Tausend Franken an, um sicherzustellen, dass der Spender alle medizinischen Anforderungen erfüllt.
«Grundsätzlich kann bemerkt werden, dass die europäisch oder weltweit tätigen Samenbanken wahrscheinlich primär eine Gewinnmaximierung anstreben und deshalb die Spender so zahlreich und breit einsetzen», sagt Fehr zum Schluss. Das Schweizer Gesetz hat dem mit strengen Richtlinien und Auflagen im Jahr 2001 vorgesorgt.