Daniela J.* (47) erzählt ihre Geschichte beim Treffen mit BLICK routiniert. Nicht ein einziges Mal gerät sie ins Stocken oder wird emotional. Erstaunlich, wie gelassen sie bleibt. Denn zweimal ist sie dem Tod nur mit sehr viel Glück von der Schippe gesprungen.
«Ich habe dreimal das Leben geschenkt bekommen», erzählt die Bernerin mit einem Lächeln, «das erste Mal bei meiner Geburt und zwei weitere Male bei den Geburten meiner Töchter.»
«Meine erste Geburt war wie ein Thriller»
Daniela J. wäre bei der Geburt ihrer ersten Tochter (10) beinahe verblutet. «Es fühlte sich an, als würde das Leben aus mir hinausfliessen», beschreibt die 47-Jährige das Gefühl. «Mir war eiskalt und ich hatte einen unstillbaren Durst.»
Als «Thriller» bezeichnet die zweifache Mutter die Geburt: «Meine Plazenta blieb nach der Geburt in der Gebärmutter haften.» Weil die Plazenta dann aus der Gebärmutter gekratzt werden muss, kann es zu einem hohen Blutverlust kommen. Wo sie war, klafft danach eine grosse Wunde, aus der weiter Blut strömt.
So auch bei Daniela J.: «Ich verlor innerhalb von Minuten sehr viel Blut.» Nur durch eine beherzte Reaktion des Arztes, der über eine halbe Stunde lang mit Druck auf den Bauchraum die Blutung stillte und mehreren Blutkonserven überlebte sie die Geburt ihrer ersten Tochter.
Weil Blut nicht sehr lange aufbewahrt werden kann, braucht es regelmässig neues. Der Blutgruppenbarometer zeigt an, wie viel Blut von den verschiedenen Blutgruppen gerade vorhanden ist oder wo Bedarf besteht.
Weil Blut nicht sehr lange aufbewahrt werden kann, braucht es regelmässig neues. Der Blutgruppenbarometer zeigt an, wie viel Blut von den verschiedenen Blutgruppen gerade vorhanden ist oder wo Bedarf besteht.
Zweites Mal fast gestorben
Etwas mehr als zwei Jahre später wurde J. zum zweiten Mal schwanger. Dieses Mal lieferte man sie schon vier Wochen vor dem Geburtstermin ins Krankenhaus ein. So sollte sichergestellt werden, dass J. rechtzeitig behandelt werden kann.
Auch bei der zweiten Schwangerschaft stellte sich heraus, dass die Plazenta mit der Gebärmutter verwachsen war und sich zu allem Überfluss auch noch kleine mit Blut gefüllte Hohlräume gebildet hatten. «Meine Plazenta sah aus wie ein Emmentalerkäse – nur waren die Löcher mit Blut gefüllt.»
Diese Komplikationen zwangen die Ärzte dazu, kreativ zu werden. Trotz allem medizinischen Know-how und der teilweise wochenlangen Vorbereitungen, verlor die Mutter abermals wieder extrem viel Blut. Und auch dieses Mal retteten ihr unbekannte Blutspender das Leben.
«Es kann jeden treffen»
Die Geschichte von Daniela J. zeigt, wie nötig gespendetes Blut ist und wie plötzlich es gebraucht werden kann. «Es kann jeden treffen, sich selber, aber auch Menschen, die einem nahe stehen», führt sie aus. «Einmal an der Ampel und nicht aufgepasst, schon braucht man vielleicht selber eine Blutspende.»
Blut kann nach wie vor nicht künstlich hergestellt werden. Deswegen ist die Medizin auf Spenderinnen und Spender angewiesen. Besonders bei Unfällen mit hohem Blutverlust können die Konserven über Leben und Tod entscheiden.
Nur 2,5 Prozent der Bevölkerung spendet Blut
Jeden Tag werden in der Schweiz rund 700 Blutspenden gebraucht. Neben den Unfallopfern sind vor allem Krebspatienten oder Menschen mit Blutkrankheiten auf fremdes Blut angewiesen.
Schwierigkeiten mit Blutspenden gibt es gleich mehrere: Blut ist nur begrenzt haltbar. Je nach Art der Spende zwischen sieben und 49 Tagen. Ausserdem haben nicht alle Menschen die gleiche Blutgruppe und es ist nicht immer von allen gleich viel vorhanden.
Nur etwa 2,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung spenden Blut. Hätte man mehr Blutspenden, könnten die ersten beiden Punkte wahrscheinlich abgeschwächt werden.
Für die Familie weiter machen
Daniela J. wirkt tough: «Wenn man so etwas erlebt, hinterlässt das Narben – äusserlich, wie innerlich. Aber ich habe mich dazu entschieden, stark zu sein, gesund zu werden und für meine Familie da zu sein.»
Durch die Ereignisse hat sie gelernt, das Leben als Geschenk wahrzunehmen und positiver zu sein. «Meinen Nächsten zu sagen, dass ich sie liebe, gehört für mich einfach dazu. Es vergeht kein Tag, an dem ich meinen Töchtern nicht sage, wie gern ich sie habe.»
«Blut spenden heisst Leben spenden»
Für Daniela J. kann jeder Mensch ein Held sein: «Man muss niemanden aus einem reissenden Fluss ziehen, um ein Leben zu retten. Man kann schon Leben retten, indem man sich eine Stunde hinsetzt und Blut spendet.»
Blut spenden, heisst Leben spenden und ist ein Akt von Nächstenliebe. «Ich auf jeden Fall bin unendlich dankbar, dass sich jemand dafür die Zeit genommen hat. Nur darum darf ich meine Mädchen aufwachsen sehen.»
* Name der Redaktion bekannt