Wein auf Knopfdruck
Provence-Winzer motzen über Verkaufsautomaten

Gekühlten Rosé aus Automaten am Strassenrand? In der Provence spaltet die Idee aktuell die Winzerschaft. In der Schweiz werden die Automaten von Kunden und Produzenten geschätzt. Winzerin Francisca Obrecht erklärt warum.
Publiziert: 03.06.2025 um 14:09 Uhr
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Nicht malerisch in den Reben, sondern an den Strassen der Rosé-Region Provence sollen die Verkaufsautomaten beim Weinabsatz helfen. Nicht alle Winzer sind darüber glücklich.
Foto: zVg / Escape Drive

Darum gehts

  • Weinverkaufsautomaten in der Provence sorgen für Kontroverse unter Winzern
  • Das Bündner Weingut Obrecht nutzt seit 2021 erfolgreich einen Verkaufsautomaten
  • Der «Obimat» des Weinguts kommt bei den Kunden gut an und baut Hemmschwellen ab
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ursula GeigerRedaktorin Wein

In der Provence sorgen Verkaufsautomaten derzeit für rote Köpfe unter den Winzern. Das berichtete «The Times» kürzlich. Die Automaten fassen zwischen 42 und 1000 Flaschen und sind klimatisiert. Die Cave-o-Vin-Maschinen stehen entlang der Hauptstrassen.

Nicht alle Winzer im Rosé-Land finden die Idee gut. Die Gegner reden von «amerikanischer Fast-Food-Mentalität». Die Befürworter werfen ihren Kollegen hingegen vor, gewohnheitsmässig erst einmal zu motzen, ohne sich Gedanken zu machen und ohne zu rechnen.

Jugendschutz auch am Automaten

Das Bündner Weingut Obrecht in Jenins hat seit 2021 einen Verkaufsautomaten, der auf dem Hof in einer alten Remise steht. Die Erfahrungen mit dem Obimat sind durchwegs positiv, dort können Einzelflaschen und Kartons à sechs Flaschen gekauft werden.

Die Bedienung ist einfach und Restriktionen seitens des Kantons Graubünden gibt es nicht. Wegen des Jugendschutzes müssen vorab die ID oder der Führerschein gescannt werden. Bezahlt wird mit Karte. Zur Sicherheit ist die Remise videoüberwacht. Probleme mit Vandalismus gab es bislang keine.

Idee kam während Corona

«Während der Corona-Zeit war die Bündner Herrschaft als Naherholungsgebiet sehr beliebt. Die Nachfrage beim Ab-Hof-Verkauf stieg. Das Bedürfnis, auch mal in den späten Abendstunden oder spontan am Sonntag Wein zu kaufen, war gross», erzählt Francisca Obrecht (48).

Auch sind wegen der zeitintensiven Arbeit im Rebberg, bei der Weinlese und im Keller die Personalkapazitäten für den Ab-Hof-Verkauf begrenzt.

Zuerst leasten die Obrechts den Automaten, doch schon nach einem Monat war der Umsatz so vielversprechend, dass sie das Gerät für rund 27'000 Franken kauften.

Platz 3 im Absatzranking

Im Schnitt werden bei Obrechts täglich 15 Flaschen Wein per Knopfdruck verkauft. Von Freitag bis Montag ist der Umsatz am grössten. «Dann fahren die Leute ins Ferienhaus und decken sich ein oder sie kaufen auf der Rückfahrt Wein für daheim», so Obrecht.

Die Investition hat sich gelohnt. Der Obimat liegt im Absatz-Ranking an dritter Stelle und macht mehr Umsatz als der grösste Wiederverkäufer.

Weniger Hemmschwellen

Laut Francisca Obrecht baut der Automat auch Hemmschwellen ab: «Unser Automat macht es für die Laufkundschaft einfacher. Man muss kein Experte sein, sondern kann sich sein Probierset individuell zusammenstellen. Das spricht besonders junge Menschen an.»

In der Remise beim Obimat können sich die Kunden beim Infomaterial bedienen. Sogar Geschenkverpackungen für Einzelflaschen liegen auf.

«Es klingt paradox, aber der Automat unterstützt uns auch bei der Kommunikation, weil wir auf Anlässe und Verkostungen hinweisen können. Wer uns persönlich kennenlernen möchte, hat dafür viele Gelegenheiten», resümiert Francisca Obrecht.

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