Unterwegs mit Blick in Italien
Das sind die spannendsten Weingüter der Toskana

Weine der italienischen Region Toskana sind gefragter denn je. Blick-Wein-Redaktor Nicolas Greinacher hat vor kurzem fünf charaktervolle Weingüter besucht, die qualitativ ganz vorne mitmischen.
Publiziert: 11.04.2023 um 14:19 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2023 um 15:33 Uhr
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein DipWSET

Castello Romitorio

Dieses historische Schloss und Weingut ist lediglich drei Kilometer Luftlinie von Montalcino entfernt und thront majestätisch auf einer Hügelkuppe, umringt von dichtem Wald. Nach einer turbulenten Geschichte, unter anderem als Gefängnis oder Kloster, kaufte der amerikanische Künstler Sandro Chia (76) das heruntergekommene Anwesen im Jahr 1984 und pflanzte die ersten Reben. Alle Brunello-Weinberge von Romitorio liegen im Nordwesten der Appellation auf 250 bis 450 Meter über Meer, was insbesondere in heissen Vegetationsperioden für optimale Kühlung sorgt.

Zusammen mit Filippo Chia (39) verkoste ich eine ganze Batterie von durchgehend brillanten Weinen, die allesamt mit viel Präzision gekeltert wurden und nur so von Frische und Energie strotzen. Angefangen vom würzigen 2020er Romitòro über den saftigen 2015er Brunello di Montalcino bis hin zum himmlischen Brunello di Montalcino Filo de Seta Reserva 2016, der in «Robert Parkers Wine Advocate» mit satten 97 von 100 Punkten ausgezeichnet wurde. Beeindruckend, was Filippo und sein Vater aus diesem ehemals vernachlässigten Flecken Erde gezaubert haben!

Stella Di Campalto

Als nächstes besuche ich das kleine Weingut von Stella Di Campalto, rund zehn Fahrminuten südlich von Montalcino. Auf lediglich 7,5 Hektar wird hier ausschliesslich biodynamisch gearbeitet, was in der Region eher selten ist. Wenn die Gärung nicht richtig in Gang kommt, werden die Weine manchmal mit gregorianischen Chorälen beschallt. Auch beim Verkauf der Weine geht das Weingut eigene Wege: Die Weine kommen erst dann auf den Markt, wenn sie für den Genuss bereit sind.

Das historische Schloss und Weingut Castello Romitorio ist lediglich drei Kilometer Luftlinie von Montalcino entfernt und thront majestätisch auf einer Hügelkuppe, umringt von dichtem Wald.
Foto: Nicolas Greinacher
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Während viele andere Weingüter, die neben einem Brunello di Montalcino auch einen Rosso di Montalcino keltern, bei letzterem qualitativ eher wenig Ambitionen zeigen, hat Stella di Campalto gerade auch bei diesen Weinen die qualitative Messlatte der gesamten Region massgeblich nach oben verschoben. Ihre Weine sind für toskanische Verhältnisse ungewohnt elegant und haben einen ganz eigenständigen Charakter. Exportiert wird in 52 Länder, wobei auch ein paar wenige Flaschen in die Schweiz gelangen.

Tenuta Tignanello

Zugegeben, früher fand ich Tignanello-Weine zwar immer relativ schön, aber irgendwie nie besonders interessant. Die Qualität des vorwiegend aus der Rebsorte Sangiovese gekelterten Super-Tuscans hat sich lange auf einem hohen Niveau eingependelt, bis die letzten Jahrgänge qualitativ nochmals einen Sprung nach vorne machten. Heute werden auf Tenuta Tignanello Weine der Superlative abgefüllt, die nicht nur umwerfend schön, sondern auch komplex und äusserst interessant sind.

Einen wesentlichen Anteil zu diesem Qualitätssprung beigetragen hat der etwas defensivere Einsatz von neuem Eichenholz und der mittlerweile auf 40 Prozent angestiegene Anteil von ungarischer Eiche, die dem Wein eine deutlich dezentere Holz-Stilistik gibt. Sowohl der 2019er Tignanello und der 2019er Solaia, deren Rebberge übrigens direkt aneinander grenzen, sind ausdrucksstarke und elegante Botschafter des Besitzerhauses Marchese Antinori, dessen 2020er Chianti Classico bei der Verkostung ebenfalls überzeugte.

Bertinga

Weinberge an allerbesten Lagen, der Einsatz von exklusiven Eichenfässern aus österreichischer Eiche und eine Beratung durch den Star-Önologen Stéphane Derenoncourt haben allesamt dazu beigetragen, dass dieses noch relativ junge Weingut zu einem hervorragenden Ruf gekommen ist. Aktuell werden rund 18,5 Hektar Wein bewirtschaftet, wobei erst vor kurzem weitere 4,5 Hektar erwerbt werden konnten. Die Hauptrolle auf Bertinga spielen die beiden Rebsorten Sangiovese und Merlot.

Die Weine des 2016er Jahrgangs zeigen sich allesamt geschliffen und überaus elegant. Der reinsortige Merlot Volta di Bertinga hat beim Weinkritiker James Suckling 97 von 100 Punkten abgestaubt und wurde im Wein-Guide «Gambero Rosso» zum besten italienischen Merlot des Jahres gekührt. Mein Favorit ist allerdings der reinsortige Sangiovese Punta di Adine, der mit präzisen Aromen von Blutorange, roten Kirschen und Iod sowie geschliffenen Tanninen ausgestattet und von einem straffen Säuregerüst getragen ist, was dem Wein eine herrliche Frische verleiht.

Fèlsina

Als letzten Stopp meiner zweitägigen Toskana-Tour besuche ich die Fattoria Fèlsina, die sich am südlichsten Rand der Classico-Zone befindet. Nebst Weinreben wird auch Getreide angebaut und Hunderte von Olivenbäumen kultiviert. Bevor wir die Weine verkosten, besuche ich den Katakomben-artigen Keller, wo sich eine Vielzahl verschiedener Fass-Typen aneinanderreiht. Nebst klassischem Rotwein wird auch ein mit traditioneller Methode hergestellter Schaumwein abgefüllt, wie auch die toskanische Süsswein-Spezialität Vin Santo.

Berühmt ist Fèlsina allerdings vor allem für unverwechselbare Chianti-Weine mit einem erdigen, würzigen Stil, gepaart mit einer herrlichen Frische und einer grossen Portion Eleganz. Mein persönlicher Favorit ist die Einzellage Riserva Rancia, die das Zeug für eine jahrzehntelange Reifung in der Flasche mit sich bringt. Auch der Chardonnay I Sistri präsentiert sich ausgezeichnet und zählt innerhalb der gesamten Toskana zu den gefragtesten Weissweinen.


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