Methusalem-Reben
Je älter und knorriger die Stöcke, desto besser der Wein?

Wenn auf dem Etikett «alte Reben», «vieilles vignes» oder «old vines» steht, dann stammen die Trauben von alten Rebstöcken. Doch wann ist ein Rebstock alt? Und schmecken Weine von alten Reben wirklich besser? Wir ordnen ein.
Publiziert: 11.07.2025 um 14:09 Uhr
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Dieser Garnacha-Rebstock in der Sierra de Gredos bei Madrid wurde im Jahr 1908 gepflanzt.
Foto: Ursula Geiger

Darum gehts

  • Rebstöcke können über 100 Jahre alt werden und immer noch Trauben tragen
  • Weine von alten Reben haben oft intensivere Aromen und mehr Komplexität
  • Ein weiterer Vorteil ist die Widerstandsfähigkeit in Trockenperioden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ursula GeigerRedaktorin Wein

Rein wirtschaftlich gesehen, liegt die Lebensdauer eines Rebbergs zwischen 25 und 30 Jahren. Danach lässt der Ertrag der Reben nach. Nach 50 Jahren ist es oft wirtschaftlicher, die Rebanlage zu ersetzen.

Doch es geht auch anders. Rebstöcke können weit über hundert Jahre alt werden und immer noch Trauben tragen.

Die Bezeichnung «alte Reben» ist gesetzlich geregelt

Winzer sind stolz auf die Leistung ihrer alten Rebstöcke. Oft werden die Weine separat ausgebaut und abgefüllt. Die Produzenten schreiben «alte Reben» aufs Etikett und verlangen etwas mehr für die Flasche.

Seit 2024 ist die Bezeichnung gesetzlich geregelt. Gemäss der Internationalen Organisation für Reben und Wein (OIV) muss der Weinberg nachweisbar 35 Jahre oder älter sein.

Ehrfurcht vor den knorrigen Stöcken

Ob Weine von alten Rebstöcken wirklich besser schmecken, wird noch erforscht. Oft sind die Fruchtaromen intensiver und haben die Weine am Gaumen mehr Komplexität und Struktur.

Es sind eher die weichen Faktoren, welche Weinfreunde zum Schwelgen bringen. Die knorrigen Stöcke, die so lange Jahre Wind und Wetter getrotzt haben, berühren. Und alte Reben haben einen entscheidenden Vorteil: Dank ihres ausgeprägten Wurzelsystems können sie besser mit Wassermangel umgehen.

Alte Buschreben sind im Vorteil

Sehr viele Uralt-Rebstöcke, die als Buschreben erzogen werden, findet man in Spanien. Dort wird es immer heisser und Wasser immer knapper.

Anders als bei der Spaliererziehung bewegen sich die Blätter der Buschreben frei, richten sich nach dem Sonnenstand und beschatten so die Trauben. Wegen des kurzen Stammes ist Wasser für die grünen Triebe schneller verfügbar. Die runde Erziehungsform beschattet zudem den Boden rund um die Rebe und drosselt das Verdunsten von Feuchtigkeit.

Höhere Preise wegen Handarbeit und Mini-Erträgen

Und ganz wichtig: Buschreben werden nicht bewässert. Sie sind Trockenheit seit Jahrzehnten gewohnt, graben ihre Wurzeln tief in die Erde und zapfen die Wasserspeicher im Untergrund an.

Aber warum kosten die Weine mehr? Der geringe Ertrag spielt eine Rolle, und die Ernte kann nicht mechanisiert werden, es wird alles von Hand gelesen. Seit einigen Jahren geniessen alte Rebbestände besondere Aufmerksamkeit. Die Organisation Old Vine Project katalogisiert weltweit Weinberge ab einem Alter von 35 Jahren.

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