Einfach Claudio fragen
Darf man ein Brot für 99 Rappen kaufen?

99 Rappen fürs Brot – billiger als eine Banane! Was nach Schnäppchen klingt, ist ein Tiefpunkt für Geschmack und Handwerk. Claudio Del Principe zeigt, warum Billigbrot kein Segen, sondern ein Warnsignal ist.
Publiziert: 13:17 Uhr
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Sauerteigbrot, wie es Claudio Del Principe liebt – ehrlich, nahrhaft und handgemacht.

Darum gehts

  • Aldi verkauft Brot für 99 Rappen, Konkurrenz zieht nach
  • Billigbrot geht auf Kosten von Umwelt, Würde und Gesundheit
  • Del Principe nennt zehn seiner Lieblingsbäckereien
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Claudio Del PrincipeKolumnist

Es ist so weit: Brot kostet weniger als eine Banane. Aldi verkauft ein Pfünderli für 99 Rappen – und die Konkurrenz zieht panikartig nach. Die mediale Aufregung ist gross. Ebenso die Empörung bei traditionellen Bäckereien und Konsumenten mit gutem Geschmack und gesundem Gewissen.

Die eigentliche Frage lautet: Wer bezahlt den Preis für Billigbrot? In erster Linie natürlich der Discounter. Es ist ein Lockvogel. Wie billiges WC-Papier. Sind die Kunden erst im Laden, kaufen sie auch andere Artikel mit höherer Marge, und das Billigbrot ist somit querfinanziert.

Andererseits kostet es weit mehr. An so einem Billigbrot verdient kein Bauer, der gutes Getreide anbaut, kein Müller, der sorgfältig Mehl daraus macht, und auch kein Bäcker, der respektvoll mit Zutaten und Zeit umgeht. So ein Billigbrot geht nur auf Kosten von Umwelt, Würde und ja – auch Gesundheit. Und dann fragen sich Leute, warum Lebensmittelintoleranz zunimmt.

Überhaupt, 99 Rappen. Ein Marketing-Trickli aus der Steinzeit. Wer geil auf Geiz ist, würde auch einen runden Franken bezahlen. Aber das würde das Angebot auch nicht ehrlicher machen.

Der Punkt ist: Entweder man kauft billige Produkte und nimmt mindere Qualität in Kauf, oder man setzt Prioritäten, gibt etwas mehr aus und hat dafür ein Brot, das diesen Namen auch verdient. Billigbrot ist kein Segen, es ist ein Symptom. Es zeigt, wie weit wir uns vom Verständnis für gutes Handwerk entfernt haben.

Aber lasst uns nicht jammern. Es gibt auch Grund zur Freude. Denn eine Bewegung löst immer eine Gegenbewegung aus. Und so ist gutes Brot heute mehr denn je gefragt. Das zeigt sich an vielen echten Bäckereien, die neu oder wieder vermehrt auf Handwerk setzen. Sie verkaufen geschmackvolles Sauerteigbrot mit langer Teigführung, das besonders nahrhaft und weit besser verträglich ist, als so ein industriell hergestellter Klumpen.

Ich selber biete seit Jahren Sauerteigkurse an. Im Mühlerama, im Atelierfoif und in der Bäckerei Kult in Basel – die übrigens eingegangen wäre, hätten nicht drei Studenten als Quereinsteiger sie übernommen und zum Erfolg geführt. Das Interesse ist gross und die Plätze immer ruckzuck ausverkauft. Ich zeige in diesen Kursen, dass es für ein gutes Brot nur drei Zutaten braucht: Mehl, Wasser und Salz. Gleichzeitig vermittle ich eine grundsätzliche Haltung, die Respekt für ehrliches Handwerk und eine nachhaltige Landwirtschaft fordert.

Ich verrate hier ein paar meiner Lieblingsbäckereien und frage: Welcher Bäckerei haltet ihr die Treue? Schreibt es im Kommentar, damit wir echtes Handwerk unterstützen können!

Meine Auswahl an ausgezeichneten Bäckereien: 

  • Holzofenbäckerei Bäckerei Kast, Reute AR
  • Bäckerei Bohnenblust, Bern
  • Eigenbrötler Backwerke, Wauwil LU
  • Bäckerei Kult, Basel
  • Bäckerei-Konditorei Vuaillat AG, Uster ZH
  • Bäckerei Arnold, Simplon VS
  • Backzeit, Zermatt VS
  • Sauer & Jung, Oberwil-Lieli AG
  • John Baker, Zürich
  • Collective Bakery, Zürich
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