Schweizer Parkour-Weltmeister nimmt am Turnfest teil
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Genfer am Turnfest:Schweizer Parkour-Weltmeister ist mit dabei

Vom Barren bis zum Trampolin
65'000 Schweizer Turner geben Vollgas!

Das Eidgenössische Turnfest 2025 verwandelt Lausanne in ein Mekka des Breitensports. Begegnungen mit Turnerinnen und Turnern aus allen Ecken des Landes zeigen: Es geht hier um mehr als den Wettkampf.
Publiziert: 14.06.2025 um 17:22 Uhr
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Bis auf den letzten Platz mit Barren, Ringen und Matten gefüllt: Im Schulhaus Bergières tritt ein Teil der 4000 Geräteturnerinnen und -turner zum Wettkampf an.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

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Barren, Bänkli, Reck und Ringe – die Sporthalle im Schulhaus Bergières krönt sich dieser Tage zum Epizentrum des Schweizer Turnsports. Zwischen Kampfrichterinnen und Zuschauern wärmen sich junge Turnerinnen und Turner für ihren Wettkampf am diesjährigen Eidgenössischen Turnfest (ETF) in Lausanne VD auf.

Unter ihnen: Chloé (14). Sie reiste über vier Stunden mit ihrem Turnverein aus Giubiasco TI an. Reck, Boden, Ring stehen auf ihrem Wettkampfprogramm an diesem Wochenende. Die Tessinerin turnt seit acht Jahren, trainiert zwei bis drei Mal die Woche. «Alle meine Freunde turnen ebenfalls mit. Das macht unglaublich Spass.» Denn: Turnen ist für Chloé nicht nur Sport. Die Gemeinschaft sei genauso wichtig. «Hier sehe ich viele Menschen aus der ganzen Schweiz – alle mit derselben Leidenschaft. Das ist cool.» 

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Chloé (14) reiste über vier Stunden aus Giubiasco TI an.
Foto: Philippe Rossier

65'000 Turnerinnen und Turner messen sich

Zum ersten Mal ist die Schülerin an einem Eidgenössischen Turnfest – dem grössten Breitensport-Event in der Schweiz. Nur jedes sechste Jahr findet es statt. Noch bis Sonntag, 22. Juni, turnt vom 4-jährigen Meitli bis zum 86-jährigen Opa die Schweiz am Genfersee – ein Highlight für den Schweizer Breitensport. 65’000 Turnerinnen und Turner und 300’000 Zuschauer auf den Rängen erwartet das Organisationskomitee. In Zahlen gleicht das ETF einem Grossanlass der Profis. 

Zahlen zum Eidgenössischen Turnfest
43 Sportplätze

und 9 Turnhallen stehen für die Wettkämpfe in Lausanne zur Verfügung.

600 Turnmatten

sind für die Turnerinnen und Turner ausgelegt.

122'000 Hektoliter Getränke

löschen den Durst auf dem Festgelände.

1'300'000 Stück

wiederverwendbares Geschirr ist mit einem Pfandsystem im Umlauf.

25 Kühlcontainer

halten Lebensmittel frisch.

104 Militärzelte

stehen für die Unterbringung von Turnerinnen und Turnern parat.

450 WC-Einheiten

dienen als stilles Örtchen auf dem Festplatz.

1000 Abfallcontainer

und 18 Müllsammelstellen schlucken den anfallenden Abfall.

80 Barren

braucht es für die Disziplin Geräteturnen.

Am Eidgenössischen Turnfest braucht es viele Turnmatten: 600 Stück sind ausgelegt.
Philippe Rossier
43 Sportplätze

und 9 Turnhallen stehen für die Wettkämpfe in Lausanne zur Verfügung.

600 Turnmatten

sind für die Turnerinnen und Turner ausgelegt.

122'000 Hektoliter Getränke

löschen den Durst auf dem Festgelände.

1'300'000 Stück

wiederverwendbares Geschirr ist mit einem Pfandsystem im Umlauf.

25 Kühlcontainer

halten Lebensmittel frisch.

104 Militärzelte

stehen für die Unterbringung von Turnerinnen und Turnern parat.

450 WC-Einheiten

dienen als stilles Örtchen auf dem Festplatz.

1000 Abfallcontainer

und 18 Müllsammelstellen schlucken den anfallenden Abfall.

80 Barren

braucht es für die Disziplin Geräteturnen.

In 22 Disziplinen und 122 unterschiedlichen Wettkämpfen messen sich die Bewegungsfreudigen. Indiaca, Leichtathletik, Dodge-, Netz-, Faustball gehören dazu. Die bekanntesten wie Kunst- oder Geräteturnen ziehen am meisten an. «Von frühmorgens bis in die Nacht hinein lassen wir die 4000 Geräteturnerinnen und -turner antreten», sagt ein OK-Mitglied. Es meldeten sich so viele in dieser Disziplin an wie noch nie.

Ein Fakt, den auch die 2650 Turnvereine in der Schweiz spüren. 362’000 Mitglieder zählt der Schweizerische Turnverband (STV) in 14 verschiedenen Sportarten heute. Über die Hälfte sind Mädchen und Frauen. Den grössten Anteil machen Kinder und Teenager bis 16 Jahre aus. Die Zahl von Nachwuchsturnerinnen und -turnern stieg seit der Pandemie sprunghaft an – so stark, dass Turnvereine Wartelisten führen. 

Verschwitzt sitzt Andre Schmäh (13) aus Haslen GL auf einem Bänkli in der Lausanner Sporthalle mit seiner Trainerin. Auf dem Barren zeigte er konzentriert, mit gestreckten Beinen, den Kampfrichtern und vor der gefüllten Zuschauertribüne sein Können. «Zum Glück ist das Turnen nicht so ernst wie die Schule.» Streng sei es, aber zusammen mit seinen Freunden aus dem Dorf mache es Spass. «Mein Bruder löste den Geräteturn-Boom in unserer Familie aus. Meine Eltern und ich zogen nach.» Gleich muss er für die nächste Disziplin antreten. 

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In den Hallen auf dem Messegelände Beaulieu treffen sich 65'000 Turnende und …
Foto: Philippe Rossier

Am Barren übernimmt Lukas Ammann (21). Er dreht sich in einer Leichtigkeit über die beiden parallel zueinander stehenden Holzstangen, positioniert seine Schultern darauf und richtet seine Beine vertikal in die Höhe. «Die Turnerei steht für mich im Zeichen von Sport und Gemeinschaft», sagt der Student aus Winterthur ZH. Dreimal die Woche trainiert Ammann im Verein – plus Wettkämpfe. «Ja, das ist viel, aber es lohnt sich allemal.» Am Donnerstag kämpfte er alleine im Einzelwettkampf. Nächstes Wochenende reist er nochmals nach Lausanne, dann mit seinen Kollegen für den Vereinswettkampf – die Paradedisziplin am ETF – und das Feiern. 

Transfer zwischen Hallen braucht Zeit und Nerven

Von der Feststimmung spüren die Turnerinnen und Turner am Eröffnungstag noch wenig. Während die Wettkämpfe laufen, bauen die Verantwortlichen Zelte auf und installieren die Fest-Infrastruktur. Jede grössere Halle in Lausanne funktionierte die Stadt zur Sporthalle oder zum Schlafsaal um. Das mindert den Organisatoren den logistischen Aufwand, fordert von den Turnerinnen und Turnern aber Zeit und Nerven beim Transfer zwischen den unterschiedlichen Wettkampfstätten. 

Einige Busminuten weiter strömen mehrheitlich Mundart sprechende Sportler in ihrer Vereinskleidung aus dem Bus. Eingepfercht zwischen Banksy-Ausstellung und Pflanzen-Messe stehen in der Halle 7 vom Messezentrum Beaulieu vier grosse Trampoline, umringt von dicken Sturzmatten. Am Rand: ein langer Tisch mit 20 Kampfrichterinnen und -richtern in weissen Hemden mit roter Krawatte oder Foulard mit aufgestickten Turnern. In ihrer offiziellen, traditionellen Uniform bewerten sie die spektakulären Sprünge aller Mädchen und Knaben auf dem Trampolin nach Schwierigkeit, Haltung und Position. 

Turnen ist Familiensache

Aufgewärmt steht Alessia Brack (13) angespannt vor dem Trampolin. Gleich wird sie drei Meter über dem Boden durch die Luft fliegen – in der Kategorie U15 Girls. Welche Übungen sie springen wird, weiss sie genau. Ein Teil ist vorgegeben, einen Teil kann sie selbst gestalten.

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Halle 7, Beaulieu in Lausanne VD: Vier Trampoline stehen für den Wettkampf in der olympischen Disziplin bereit.
Foto: Philippe Rossier

Als Mädchen turnte die Aargauerin Alessia bereits vor sechs Jahren am Eidgenössischen in Aarau. Kein Zufall, denn ihre Eltern, der Onkel und sogar ihr Grossvater springen in der Trampolinriege des STV Möriken-Wildegg mit – eine Familiensache, wie sie in der Turnwelt nicht selten vorkommt. Alessia, voller Euphorie, hier in Lausanne turnen zu können: «Das ist nicht nur ein Wettkampf, sondern ein Fest.» 

Nicht weniger ambitioniert als Alessia Brack, aber ohne Hoffnung auf einen Podestplatz, gibt Beat Luginbühl (60) mit Tochter Sandy (30) den Richterinnen und Richtern das Startzeichen. Ihr Outfit gehört an die Fasnacht, ihr Auftritt ins Theater – könnte man denken. «Wir wollen mit unserer Paar-Gymnastik-Aufführung das Klassische brechen.» Tradition sei gut und recht. Aber: «Wir wollen Dynamik in den Turnsport bringen – eine Show abliefern.»

Luginbühl, das siebte Mal an einem Eidgenössischen Turnfest, gehört zu den alten Hasen. Einmal mehr begeistert ihn die Grösse des Festes. «Tausende Gleichgesinnte treffen sich in all diesen Hallen – das macht richtig Spass», schwärmt der selbst ernannte «Daddy cool». Einen Haken sehe er in Lausanne aber: «Mit wenig Aufwand hätten sie mehr Turn-Stimmung in die grauen Messehallen bringen können.» Kaum gesagt, jubeln die Anhänger aus dem TV Wetzikon dem Vater-Tochter-Duo zu. Die Show beginnt. Und wenn das nicht als Turn-Stimmung zählt, bleibt den Luginbühls das «Quartier Fête» unten am Genfersee für die ausgelassene Turn-Party am Abend.

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