Darum gehts
- Milena Moser erzählt von den Reaktionen auf ihre letzte Kolumne über Einsamkeit
- Sie zeigt, wie ihre Freundin Theresa mit Einladungen zu gemeinsamen Essen der eigenen Einsamkeit begegnet
- Auch Menschen, die andere auffangen, kämpfen selbst mit dem Alleinsein und suchen Wege, dem entgegenzuwirken
Vor ein paar Wochen habe ich hier erzählt, dass meine Freundin Theresa mit ihrem untrüglichen Gespür für Einsamkeit immer wieder wildfremde Menschen anspricht, in Gespräche verwickelt und oft auch einfach zu sich nach Hause zum Essen einlädt. Diese Kolumne hat offenbar einen wunden Punkt getroffen.
«Ich wünschte, es gäbe in meinem Leben auch so eine Theresa», war die häufigste Reaktion. «Die Einsamkeit ist schwer auszuhalten.» Meist hat sie sich fast unmerklich entwickelt, Familienstrukturen ändern sich, Freunde sterben, ziehen weg. Ein Umzug, ein neuer Arbeitsort, Kontakte, die sich nicht in der alten Verbindlichkeit knüpfen. Die Einsamkeit schleicht sich ein, lässt sich eine Weile noch ignorieren, bis sie plötzlich den ganzen Raum einnimmt, alles andere verdrängt.
«Ich wünschte, jemand würde mich ansprechen. Ich seh nur abweisende Gesichter um mich herum.»
«Manchmal rede ich tagelang nur mit der Buschauffeuse und dem Verkäufer im Lebensmittelladen.»
Auf einem unserer Spaziergänge erzähle ich Theresa, was sie indirekt ausgelöst hat.
«Oh, honey», sagt sie und bleibt stehen. «Oh, nein!»
Ihr Mitgefühl ist spürbar, sie umarmt mich stellvertretend für all die, die mir geschrieben, die ihre Einsamkeit mit mir geteilt haben. Doch dann tritt sie einen Schritt zurück und sagt: «Du weisst doch, wie es ist! Warum hast du das nicht geschrieben?»
«Wie meinst du das?» Theresa weiss immer, wann und was ich über sie schreibe. Sie sagt, sie vertraut mir. Offenbar hab ich aber doch etwas verpasst. Oder nicht richtig erzählt.
«Es ist doch genau umgekehrt», sagt Theresa. «Komm schon, du kennst mich lange genug. Du weisst, dass ich überhaupt nur angefangen habe, Leute zum Essen einzuladen, weil ich selbst nicht vereinsamen wollte!»
Be the change that you want to see, fällt mir ein. Ich weiss nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Vielleicht auf einem Kühlschrankmagneten. Aber es stimmt. Als ich Theresa kennengelernt habe, vor etwa 25 Jahren, hat sie gerade eine sehr unschöne Scheidung durchgemacht. Ihr Sohn war noch klein und sehr verunsichert, er wollte nie bei Freunden bleiben, auch bei uns nicht. Babysitter akzeptierte er schon gar nicht. Wenn Theresa also in diesen schwierigen ersten Jahren Zeit mit anderen Erwachsenen verbringen wollte, musste sie diese zu sich nach Hause einladen. Gleichzeitig musste sie ihren Freundeskreis neu zusammensetzen, wie das nach einer Trennung oft der Fall ist. Mit der Zeit hat sich das alles entspannt, unterdessen ist ihr Sohn längst ausgezogen. Aber immer noch kocht sie fast jede Woche für eine grössere Gruppe.
Hundebesitzer, Jogger, Familien weichen uns aus, manövrieren mehr oder weniger umständlich um uns herum. Wir stehen im wahrsten Sinne des Wortes im Weg, mitten auf dem Spazierweg nämlich. Und dann sehe ich plötzlich, wie eine Diashow in Zeitraffer eine Reihe von Abendessen an Theresas grossem Esstisch vor mir aufblitzen. Mit kleinen Kindern und mit grösseren, mit Freunden aus der Schule, mit bekannten Gesichtern, mit immer wieder neuen.
«Ist das dein Rezept gegen Einsamkeit?», frage ich und bereue es im selben Moment. Laut ausgesprochen, klingt die Frage dumm.
«Es gibt kein Rezept. Ich fühle mich trotzdem oft einsam, wenn ich an all die Menschen denke, die ich schon verloren habe. Und dann ...»
Dann gehst du raus und suchst neue, denke ich, aber diesmal spreche ich es nicht laut aus, denn das ist wohl, einmal mehr, zu kurz gedacht. Theresa zuckt mit den Schultern, wir setzen uns wieder in Bewegung, kurz bevor ein Jogger uns über den Haufen rennt.
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