So entsteht ein Appenzeller Hackbrett
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Ein Stück Schweizer Tradition:So entsteht ein Appenzeller Hackbrett

Hackbrettbauer Johannes Fuchs
Wenn er aufhört, stirbt ein Stück Schweiz

Legt Johannes Fuchs sein Werkzeug endgültig nieder, ist die Zukunft des Hackbrettbaus in der Schweiz ungewiss. Er ist der jüngste der drei verbliebenen Profis, was den Bau dieses Volksinstruments angeht.
Publiziert: 11:09 Uhr
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Aktualisiert: 11:19 Uhr
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In der Werkstatt von Johannes Fuchs entstanden bereits die Hackbretter bekannter Spieler, wie etwa jene von Nicolas Senn.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

  • Johannes Fuchs ist einer der drei letzten Schweizer Hackbrettbauer
  • Hackbretter haben ihren Ursprung im Alten Orient, nicht in der Schweiz
  • Fuchs baut etwa zehn Hackbretter pro Jahr, jedes kostet über 5000 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Mit einem scharfen Messerchen schnitzt Johannes Fuchs (60) konzentriert ein filigranes Muster in die Decke des Hackbretts. Die Form, eine Rosette, ist nicht nur klangentscheidend, sondern längst auch das Erkennungszeichen seiner Instrumente. Fuchs folgt dem mit Bleistift vorgezeichneten Verlauf mit ruhiger Hand, jeder Schnitt muss präzise sitzen. «Wenn das Hackbrett ein Mensch wäre, hätte es einen harmonischen und friedlichen Charakter», sagt Fuchs über das in der alpenländischen Volksmusik fest verankerte Instrument. 

Der Schreiner aus Meistersrüte AI ist einer der drei letzten professionellen Hackbrettbauer der Schweiz – und der jüngste. Hört er auf, wird es für das Instrument hierzulande eng. Jedes Hackbrett im alpenländischen Raum ist ein handgefertigtes Unikat, auf Bestellung gebaut. Das Hackbrett, wie es etwa Volksmusiker Nicolas Senn (35) spielt, empfinden wir als urschweizerisch. Seinen Ursprung hat das Instrument aber im Alten Orient. Schon im 9. Jahrhundert v. Chr. wurde dort der Vorläufer Santur gespielt. Über Handelsrouten gelangte es im 15. Jahrhundert nach Europa und in die Schweiz. 

Familientradition durch Zufall

Der erste Hackbrettbauer im Kanton Appenzell Innerrhoden war Johannes Fuchs’ Vater Johann Fuchs. 1951 reparierte der Schreiner ein beschädigtes Instrument des bekannten Spielers Jakob Alder (1915–2004) – mit Erfolg. Bald baute er eigene Hackbretter und verbesserte sie laufend. Als Sohn Johannes Fuchs 1980 die Möbelschreinerlehre bei seinem Vater begann, durfte er ein- bis zweimal jährlich Teile für ein Hackbrett bearbeiten. «Mein Vater hatte aber seine Konstruktionsgeheimnisse, und wichtige Schritte wie das Schnitzen der Schallrosetten blieben tabu», so Fuchs. Viele Techniken eignete er sich selbst an, als er 1999 die Schreinerei übernahm. 

In der lichtdurchfluteten Werkstatt befinden sich unzählige Holzbretter, mehrere Werktische mit Arbeitsutensilien und einzelne Hackbretter. Bis vor einigen Jahren hat Fuchs hier auch Möbel gebaut, doch in Zeiten von Ikea und Micasa lohne sich dies nicht mehr. Hackbretter fertigt der Appenzeller etwa zehn Stück pro Jahr an. Eine genaue Bauzeit anzugeben, fällt ihm schwer, da er meist mehrere Instrumente gleichzeitig baut. «Ich schätze, für ein Instrument benötige ich 80 bis 90 Stunden», so Fuchs. Maschinen wie Säge, Bohrer oder Schleifgeräte helfen ihm zwar, doch das Wesentliche bleibt Handarbeit: Rosetten schnitzen, Stege anpassen, Holz feinschleifen. Der Verkaufspreis liegt bei etwas über 5000 Franken pro Instrument.

Form, Klang und ein bisschen Magie

Seine Instrumente verkauft der Appenzeller an Kundschaft aus der ganzen Schweiz. Erkennbar sind seine Instrumente an der Form der Schallrosetten. Diese seien nicht nur Zierde, sagt Fuchs. Die Rosetten halten auch der enormen Zugkraft von etwa einer Tonne stand, die auf die Saiten wirkt. Die Baupläne seines Vaters änderte Fuchs für seine Hackbretter ab. Denn im Unterschied zu diesem baut er nicht nur Hackbretter, sondern spielt das Instrument auch. So veränderte er etwa die Mensurlänge – den Abstand zwischen Stegen und Stimmwirbeln –, was Klang und Spielbarkeit verbessert. Schlecht gebaut sei ein Hackbrett, wenn es «tschäddere». 

Aktuelle Ausstellung «Volksmusik» in Schwyz

Wie klingt die Schweiz? Ab dem 14. Juni 2025 zeigt das Forum Schweizer Geschichte Schwyz die interaktive Ausstellung «Volksmusik». Diese lädt dazu ein, die Geschichte der Schweizer Volksmusik zu erkunden. Im Mittelpunkt stehen vier typische Elemente der Schweizer Musikkultur: das Schwyzerörgeli, das Alphorn, der Jodelgesang und das Hackbrett. Besucherinnen und Besucher können selbst Instrumente ausprobieren, jodeln oder das Tanzbein schwingen. Die Ausstellung ist barrierefrei und dauert bis am 3. Mai 2026.

Wie klingt die Schweiz? Ab dem 14. Juni 2025 zeigt das Forum Schweizer Geschichte Schwyz die interaktive Ausstellung «Volksmusik». Diese lädt dazu ein, die Geschichte der Schweizer Volksmusik zu erkunden. Im Mittelpunkt stehen vier typische Elemente der Schweizer Musikkultur: das Schwyzerörgeli, das Alphorn, der Jodelgesang und das Hackbrett. Besucherinnen und Besucher können selbst Instrumente ausprobieren, jodeln oder das Tanzbein schwingen. Die Ausstellung ist barrierefrei und dauert bis am 3. Mai 2026.

Ein Brauch seines Vaters, den er fortführt, ist die Verwendung von sogenanntem Mondholz: Fichten- und Ahornholz, gefällt bei bestimmten Mondphasen im Winter. «Ich achte auch aufs Sternzeichen. Manchmal ist die geeignete Zeitspanne nur ein paar Stunden», so Fuchs. Welche Phase die beste ist, bleibt sein Geheimnis. Das in Appenzell gefällte Holz müsse aber möglichst trocken sein, um sich bei Feuchtigkeit nicht zu verziehen. Ob der Mond dabei hilft, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. «Einen Einfluss auf die Natur hat der Mond aber», sagt er.

Ungewisse Zukunft

Als Hackbrettspieler tritt Fuchs bei Hochzeiten, Festen oder Geburtstagen auf. Dabei spielt er aus dem Gedächtnis. «Ich bin nicht stolz darauf, keine Noten lesen zu können. Aber ich habe so gelernt: zuhören, zuschauen, nachspielen.» Als Musiker ist er weltweit vernetzt: Fuchs ist Vizepräsident des Hackbrettverbands Cimbalom World Association. Heute lernen Hackbrettschüler meist auch Noten lesen. An der Hochschule Luzern (HSLU) ist es seit 2022 sogar möglich, im Rahmen des Studiengangs Musik im Profil Volksmusik das Hackbrett als Hauptinstrument zu studieren. 

Werden diese Studierenden und andere Interessierte auch künftig eigene Instrumente bestellen können? Wie geht es mit dem Instrument weiter, wenn die drei letzten Profi-Hackbrettbauer im Land in Pension gehen? «Schwierig», sagt Fuchs und runzelt die Stirn. Der 60-Jährige arbeitet teilweise mit Maschinen, die längst nicht mehr produziert werden. Eine offizielle Lehre oder standardisierte Ausbildung zum Hackbrettbauer gibt es nicht. Bislang wurde das handwerkliche Wissen häufig von Generation zu Generation weitergegeben.

Einer der beiden Söhne des Appenzellers spielt zwar Hackbrett, doch die Lehre als Schreiner wollte weder er noch sein Bruder in Angriff nehmen. Die kurze Familientradition des Hackbrettbaus endet mit Johannes Fuchs’ Pensionierung. Die Zukunft des Berufs hierzulande steht – wie das perfekte Mondholz – in den Sternen.

Fakten und Zahlen zum Hackbrett

Das Hackbrett ist ein geschlagenes Saiteninstrument, dessen Saiten über einen trapezförmigen Resonanzkasten gespannt sind. Durch Schläge feiner Holzschlägel, die auch Klöppel genannt werden, bringt man das Instrument zum Klingen. Die entstehenden Töne sind klar und hell, wobei die Art der Schlägel und die Bauweise des Instruments die Klangfarbe stark beeinflussen.

Je nach Modell sind pro Ton zwei bis fünf Saiten gespannt; man spricht von zwei- bis fünfchörigen Hackbrettern. Das Hackbrett gibt es in der Schweiz in einer Appenzeller und einer Walliser Ausführung. Ersteres ist chromatisch gestimmt, d. h., alle zwölf Halbtöne einer Oktave sind vorhanden, Letzteres dagegen ist diatonisch angeordnet, und nur die Töne einer bestimmten Tonleiter sind vorhanden.

Zudem besitzt das Appenzeller Hackbrett mit etwa 90 bis 120 Saiten deutlich mehr als das Walliser Hackbrett, das in der Regel aus 50 bis 80 Saiten besteht. Beide Arten des Hackbretts werden üblicherweise nur durch Schlagen gespielt, für besondere Effekte ist aber auch ein Zupfen der Saiten, sogenanntes Pizzicato, möglich.

Das Hackbrett ist ein geschlagenes Saiteninstrument, dessen Saiten über einen trapezförmigen Resonanzkasten gespannt sind. Durch Schläge feiner Holzschlägel, die auch Klöppel genannt werden, bringt man das Instrument zum Klingen. Die entstehenden Töne sind klar und hell, wobei die Art der Schlägel und die Bauweise des Instruments die Klangfarbe stark beeinflussen.

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