Mit diesen Atem-Übungen reduzierst du Stress
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Expertin zeigt es vor:Mit diesen Atem-Übungen reduzierst du Stress

Burnout bei jungen Frauen – ein Erfahrungsbericht
Wenn das Funktionieren nicht mehr funktioniert

Blick-Redaktorin Chiara Schlenz wollte funktionieren, immer. Job, Studium, Beziehung, alles parallel. Doch der permanente Druck liess sich nicht ewig ignorieren. Mit 23 folgt die Diagnose Burnout – und der schwierigste Lernprozess ihres Lebens: Loslassen.
Publiziert: 17:01 Uhr
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Aktualisiert: 21:23 Uhr
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Ich wollte immer alles: Studium, Job, Beziehung, Freunde. Lange funktionierte das – bis mein Körper nicht mehr mitmachte.
Foto: Philippe Rossier
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Ich lief immer auf Hochtouren. Traumjob im Auslandressort beim Blick, obendrauf Studium der Informationswissenschaft. Nebenbei Beziehung, Freundinnen, Sport und zeitaufwendige Hobbys. Ich mochte dieses Bild von mir: organisiert, belastbar, ehrgeizig. Stress? Sicher. Aber positiver Stress, sagte ich mir. Den wollte ich. Den konnte ich. Powerfrau eben. Wenn Freunde fragten, wie ich das alles schaffe, hörte ich Bewunderung. Ihre leisen Bedenken übersetzte ich für mich zu Komplimenten. Es war, rückblickend, mein erster Irrtum.

Dann kam die Müdigkeit. Erst schleichend. Ich sagte Verabredungen ab, schob Ausreden vor. «Ist gerade viel los», klang besser, als zuzugeben, dass ich überfordert war. Irgendwann war immer «viel los». Bis selbst das Aufstehen zur Hürde wurde. Der Tag lag noch vor mir – und ich war schon am Ende. Ich war gereizt, ausgelaugt, konnte nicht mehr schlafen, obwohl ich vor Erschöpfung fast umfiel. Mein Kopf blieb ständig auf Sendung. Lange hielt ich an der Vorstellung fest: Das ist nur eine stressige Phase. Augen zu, durchhalten. Es war mein zweiter Irrtum.

Irgendwann war nichts mehr mit Durchbeissen, denn es ging gar nichts mehr. Meinen Traumberuf konnte ich nicht mehr geniessen. Die verpassten Vorlesungen und überfälligen Semesterarbeiten wuchsen mir über den Kopf. Ich steckte fest. Und dann sagte mein Chef einen Satz, den ich damals nicht hören wollte – heute bin ich ihm unendlich dankbar dafür: «Chiara, du bist krank. Geh zum Arzt.» Wenig später hielt ich eine Diagnose in den Händen, die für mich nicht vorgesehen schien: Burnout.

Burnout? Das haben doch die anderen. Topmanager, Mitte vierzig, zwölf Meetings am Tag, fünfstellige Gehälter. Ich war 23 – Studium, Redaktionsalltag, Beziehungs- und Alltagsprobleme, die man mit Anfang 20 eben so hat – reicht das schon? Darf ich mir diese Diagnose überhaupt erlauben? Oder habe ich schlicht und einfach versagt?

Die Therapie war mein Wendepunkt. Dort lernte ich, diesem diffusen Druck Worte zu geben. Bis dahin war da nur dieses flaue Gefühl in der Brust, schwere Beine, Druck im Kopf. Als ich einmal aufzählen sollte, was mich belastet, sagte ich nur: alles. Es fühlte sich an, als würde ich gegen eine Wand laufen, jeden Tag. Ich lernte auch: Man muss sie nicht auf einmal einreissen. Stein für Stein genügt. Ein Gespräch mit dem Chef über Arbeitszeiten. Das Ende einer Beziehung, die mehr nahm, als sie gab. Der Abschied vom Studium, das mich ohnehin nie erfüllt hatte. Und schliesslich: neue Routinen, Grenzen setzen, Achtsamkeit für mich selbst.

Heute, ziemlich genau ein Jahr nach meiner Diagnose, habe ich meinen Rhythmus gefunden. Ich schlafe besser und arbeite wieder gerne und voller Energie. Aber ich weiss nun, wann ich die Stopptaste drücken muss. Ich gehe spazieren, schreibe Tagebuch, sage Einladungen auch mal ab. Nein sagen ist keine Schwäche mehr. Und doch bleibt die Wachsamkeit. Die Krankheit liegt hinter mir, die Erfahrung bleibt. Früher war es: funktionieren, liefern, repeat. Heute weiss ich: Es geht nicht darum, alles zu schaffen. Sondern darum, genug Kraft für das zu haben, was wirklich zählt.

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