Musk enthüllt neuen Chatbot
Grok 4: klügste KI der Welt – oder teure Echokammer?

Elon Musk nennt seinen neuen Chatbot klüger als jeden Doktoranden. Doch erste Tests zeigen: Das System ist nicht nur teuer, sondern auch gefärbt – und alles andere als transparent.
Publiziert: 12:56 Uhr
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Chatbot Grok ist direkt in Elon Musks Plattform X integriert – kann aber auch über eine separate App genutzt werden.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Elon Musk stellt Grok 4 vor: KI-Modell mit beeindruckenden Fähigkeiten
  • Grok 4 zeigt Voreingenommenheit, orientiert sich an Musks Meinungen auf X
  • Supergrok-Abo kostet 30 Dollar, Supergrok Heavy 300 Dollar – pro Monat
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Tobias BolzernRedaktor Digital

Elon Musk hat am 9. Juli sein neuestes KI-Modell vorgestellt. Grok 4, benannt nach einem Begriff aus dem Sci-Fi-Roman «Stranger in a Strange Land», soll intelligenter sein als «fast alle PhD-Studenten gleichzeitig», wie Musk im Livestream auf seiner Plattform X erklärte. Eine Minute später nannte er sie «besser als PhD-Niveau». Und kurz darauf: «Sie wird neue Physik entdecken.»

Was kann Grok 4 tatsächlich? Laut den Demos beherrscht das Modell komplexe Mathematik, kann Bilder generieren – etwa von zwei kollidierenden schwarzen Löchern – und Wahrscheinlichkeiten berechnen. Die Technik basiert auf einem sogenannten Reasoning-Modell, das also nicht nur antwortet, sondern vorher gewichtet, recherchiert, kombiniert.

Beeindruckend, aber langsamer als Konkurrenz

Tatsächlich beeindrucken die nackten Zahlen: In unabhängigen Benchmarks der Plattform Artificial Analysis erzielt Grok 4 Bestwerte. In den Disziplinen Mathematik und Programmierung liegt es vor GPT-4, Gemini 2.5 Pro und Claude Opus. In einem besonders schwierigen Wissenstest (GPQA Diamond) erreicht das neue Grok-Modell 88 Prozent – ein bisher unerreichter Wert. Allerdings war Grok 4 im Blick-Test deutlich langsamer als die Mitbewerber.

Für User gibt es zwei Preisstufen: das Abo Supergrok für 30 Dollar im Monat und Supergrok Heavy für stolze 300 Dollar. Letzteres verspricht Zugang zur stärkeren Version Grok 4 Heavy sowie zu neuen Funktionen wie einem KI-Videogenerator.

Grok fragt Musks Meinung ab

Doch nach der Präsentation hagelte es Kritik. Denn Grok 4 zeigt ein seltsames Verhalten: Fragt man das Modell nach seiner Haltung zu heiklen Themen wie dem Nahostkonflikt oder US-Einwanderung, sucht es offenbar zuerst nach Elon Musks Meinung auf X. Der britische KI-Blogger Simon Willison konnte dieses Verhalten mehrfach dokumentieren. Auch Fachmedien wie techcrunch.com bestätigen: Grok orientiert sich nicht an systematisch gewichteten Quellen, sondern nutzt häufig X-Tweets des eigenen Gründers als Grundlage.

Diese Voreingenommenheit ist kein Zufall – aber sie ist auch nicht explizit im Systemprompt festgeschrieben. Vielmehr scheint Grok aus seinem Selbstverständnis («Ich bin Grok 4, gebaut von xAI») abzuleiten, dass Musks Meinung eine besonders hohe Relevanz hat, vermutet Willison. Das führt zu Antworten, die sich inhaltlich mit dem Weltbild des Milliardärs decken – auch dann, wenn andere Perspektiven gefordert wären.

X-CEO hat Firma verlassen

Brisant ist zudem: Das alte Grok-Modell sorgte Tage zuvor für Aufsehen, weil es antisemitische Äusserungen auf x.com machte, inklusive der Selbstbezeichnung als «MechaHitler». Verantwortlich war offenbar ein zu liberal formulierter Systemprompt, der auch «politisch unkorrekte Aussagen» zuliess. Der Vorfall wurde beim Livestream mit keinem Wort erwähnt. Der Rücktritt von X-CEO Linda Yaccarino fiel in dieselbe Woche.

Ein weiteres Problem: xAI veröffentlicht keine Systemkarten, die Aufschluss über Trainingsdaten oder Sicherheitsmechanismen geben – anders als OpenAI oder Google. Auch der Reasoning-Prozess bleibt schwammig. Grok 4 ist damit eine Blackbox-KI – ein Modell, dessen innere Funktionsweise für Nutzende nicht nachvollziehbar ist.

Ganz nach Musks Geschmack

Hinzu kommt ein reales Sicherheitsrisiko: Weil Grok 4 tief in die Plattform X integriert ist und dort nach Inhalten sucht, kann es durch indirekte Prompt-Injection manipuliert werden, warnt Willison. Tweets mit bestimmten Schlüsselwörtern reichen aus, um Antworten in gewünschte Bahnen zu lenken. Wer das weiss, kann die KI gezielt steuern.

Die Idee hinter Grok war ursprünglich simpel: ein Chatbot, der weniger «woke» sei als ChatGPT, dafür direkter, witziger und unzensiert. Doch inzwischen zeigt sich, dass weniger Zensur nicht automatisch mehr Wahrheit bedeutet – sondern manchmal einfach mehr Musk. Und das hat seinen Preis.

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