Darum gehts
- EU will Cookie-Pop-ups abschaffen, öffnet aber Tür für Tech-Konzerne
- Nutzer hinterlegen Datenschutzwünsche zentral im Browser für automatische Auslesung
- Über 120 Organisationen warnen vor Aushöhlung der Bürgerrechte
Alle kennen das Szenario: Du öffnest am Handy eine Webseite und willst nur etwas lesen. Doch der Bildschirm ist blockiert. Ein Pop-up verdeckt den Inhalt: Textwüsten, unlogische Knöpfe und komplexe Schieberegler. Genervt klickst du auf «akzeptieren», nur um Ruhe zu haben. US-Medien bezeichnen die Regelung gerne als «Alptraum».
Damit soll bald Schluss sein. Die EU will die nervigen Cookie-Pop-ups loswerden. Eine gute Nachricht? Nur auf den ersten Blick. Denn während vorne vereinfacht wird, öffnet sich hinten eine Tür für Tech-Konzerne, so die Kritik.
Cookies sind kleine Dateien, die beim Surfen auf dem Onlinegerät eines Nutzers gespeichert werden. Weil diese Dateien eindeutige Kennungen enthalten, können Webseiten ihre Besucher damit wiedererkennen. Ein Browser kann sich somit etwa ein Login merken oder die Inhalte eines virtuellen Warenkorbs. Vor allem machen Cookies aber personalisierte Werbung möglich.
Cookies sind kleine Dateien, die beim Surfen auf dem Onlinegerät eines Nutzers gespeichert werden. Weil diese Dateien eindeutige Kennungen enthalten, können Webseiten ihre Besucher damit wiedererkennen. Ein Browser kann sich somit etwa ein Login merken oder die Inhalte eines virtuellen Warenkorbs. Vor allem machen Cookies aber personalisierte Werbung möglich.
Browser als Türsteher
Das neue Digital-Paket der EU soll das Surfen einfacher machen und die Logik umkehren. Nutzer hinterlegen ihre Datenschutzwünsche einmal zentral im Browser. Jede Website liest diese Einstellung dann aus.
Brüssel will dafür die Datenschutzgrundverordnung anpassen: jenes Gesetz, das seit 2018 Europas digitale Privatsphäre schützt. Sie verpflichtet etwa Betreiber von Online-Shops oder digitalen Plattformen dazu, eine Einwilligung von Kunden oder Nutzern einzuholen, wenn ihre personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen. Einige Aktivitäten, die harmlos und für die Verwaltung einer Website einfach nötig seien, sollten künftig keine Zustimmung der Nutzer erfordern, heisst es vonseiten der EU-Kommission.
Doch das neue Digital-Paket geht noch weiter. KI-Firmen dürften damit persönliche Daten zum Training ihrer Modelle nutzen, wenn «berechtigtes Interesse» vorliegt. Dies dürfte vor allem Google, die Facebook-Mutter Meta und den ChatGPT-Entwickler OpenAI freuen.
Aufschub für KI-Regeln
Zudem schiebt die EU ihre eigenen KI-Regeln auf. Vorschriften für Hochrisiko-Systeme, etwa bei Polizei, Grenzkontrollen oder im Gesundheitswesen, sollten im August 2026 greifen. Jetzt frühestens im Dezember 2027. Man wolle der Branche mehr Zeit für die Umsetzung geben, heisst es in der Begründung.
Der Druck auf Brüssel war gross. Digitalkonzerne, etwa Tiktok oder der Facebook-Konzern Meta, hatten die EU-Digitalregeln in der Vergangenheit als widersprüchlich oder wettbewerbsfeindlich bezeichnet. Angesichts mehrerer Verfahren der EU gegen US-Konzerne: Darunter Google, Amazon, Apple oder Microsoft, hatte US-Präsident Donald Trump die Vorschriften ebenfalls kritisiert.
Die Gesetze über digitale Dienste (DSA) und digitale Märkte (DMA), auf deren Grundlage die meisten Verfahren der Kommission gegen die US-Konzerne laufen, bleiben von den Vorschlägen aber im Wesentlichen unberührt.
Kritik an Neuerungen
Mehr als 120 Organisationen, darunter Amnesty International, warnen in einem offenen Brief vor einer «Aushöhlung» der Bürgerrechte. Datenschützer sprechen gar von einem Einknicken vor der Tech-Lobby. Brisant ist die Aufweichung auch in Anbetracht eines kaum beachteten Sicherheitsproblems: Standortdaten aus der Werbeindustrie werden massenhaft gehandelt und können zur Spionage genutzt werden. Recherchen von netzpolitik.org zeigten im November, wie präzise sich damit auch EU-Spitzenpersonal in Brüssel ausspionieren lässt: inklusive Wohnort, Büro und Bewegungsmuster.
Bevor die Vorschläge zum Gesetz werden, müssen sie allerdings noch durch das EU-Parlament und Mitgliedstaaten. Der Prozess dürfte Monate dauern.
Mit Material von Keystone-sda