Darum gehts
- Rapperinnen provozieren mit radikalem Feminismus und sexistischen Texten gegen Männer
- Kontroverse Debatte über Notwendigkeit und Auswirkungen dieser Provokation
- Jahrzehntelang dominierten Männer das Genre mit frauenfeindlichen Texten
Influencerinnen und Rapperinnen wie Ikkimel, Mariybu, Maria Ludovica und Evil Suki geben dem Feminismus eine neue, provokante Stimme. Ihre Haltung gegenüber Männern ist eindeutig: notgeile Dumpfbacken, die man bedenkenlos ausnutzen darf – wenn nicht sogar soll. Besonders Rapperin Ikkimel liebt es, mit ihren Texten zu provozieren und Männer zu demütigen, etwa mit Zeilen wie: «Baby, du bist lecker, gibts den Pimmel auch in gross?» Ähnlich klingt Mariybu, die kürzlich in Zürich auf der Bühne stand: «Ich und meine Fotzen wollen heute mal was seh'n, komm, wackel mit dem Arsch, zeig uns, wie er steht.»
Diese radikale Form der Provokation ist kein Zufall: Sie funktioniert wie ein Spiegel. Jahrzehntelang dominierten Männer das Genre und nutzten es, um mit sexistischen Zeilen zu prahlen. So sagte etwa Rapper Finch einst: «Es ist Kampfgeschrei, was nachts aus unserem Schlafzimmer dringt, weil dank mir in deinem Gleitgel ein paar Glassplitter sind.» Und auch Rapper Bushido textete etwa: «Nur weil du eine Frau bist und man dir in den Bauch fickt, heisst das nicht, dass ich dich nicht schlage, bis du blau bist.»
Empowerment oder Respektlosigkeit?
Heute drehen Künstlerinnen den Spiess einfach um. Sie reagieren auf sexistische Texte mit eigener Provokation. Doch was ist von diesem neuen, radikalen Feminismus im Rap zu halten? Ist er ein notwendiger Gegenschlag – eine kreative Revanche für jahrzehntelangen Sexismus im Hip-Hop? Oder bewegt er sich selbst gefährlich nah an der Grenze zum menschenverachtenden Zynismus? Die Meinungen unserer Leserinnen und Leser gehen weit auseinander. So meint etwa Alexander Keller: «Druck erzeugt Gegendruck. Das Problem ist aber hier: Es zeugt nicht ganz von Intelligenz, wenn man dasselbe tut.»
Auch Leserin Tina Baumann stellt sich klar gegen den sprachlichen Gegenschlag. «Einfach ein widerliches und primitives Verhalten, das mit Feminismus nichts zu tun hat!», kommentiert sie. Genau so sieht es Trudi Aeppli: «Primitiv. Das verbessert die Situation definitiv nicht, sondern erzeugt nur mehr Hass!»
Für Leser Roland Eichler ist ebenfalls klar: «Nicht mitmachen heisst die Devise. Das kostet nichts. Irgendwann rächt sich alles bei solchen Menschen! Egal, ob Frau oder Mann. Meine Meinung: Das Ganze gehört verboten!»
«Es hat eine Ursache!»
Doch es gibt auch viele Stimmen, die Verständnis zeigen und die Provokation als berechtigte Reaktion auf ein patriarchales System sehen. «Ich finde das gut. Das führt den Männern sehr gut vor Augen, was diese täglich tun, und die Männer fühlen sich betupft. Noch ist in unserer Gesellschaft nicht angekommen, dass wir alle zuerst mal Menschen sind. Noch zu viele Männer glauben, sie dürften so einiges, weil sie eben Männer sind!», schreibt Leser Martin Villiger.
Dorothea Bukhard ergänzt: «Was mussten wir Frauen uns dauernd an sexistischen Herabwürdigungen gefallen lassen? Aber die meisten Männer weisen das von sich. Von nichts kommt nichts. Es hat also eine Ursache!»
Auch Leserin Sarita Meyer sieht in der neuen Rap-Welle eine nachvollziehbare Reaktion: Zwar passe ihr diese Gesinnung nicht – egal, ob sie von einer Frau oder einem Mann komme. «Aber niemand hier befasst sich mit der Ursache. Und die liegt eindeutig in der Herabwürdigung von Frauen bis hin zu den Rollen, die von uns Frauen erwartet werden», kommentiert sie.