In der Schweiz spitzt sich der Wohnraummangel immer mehr zu. Verdichtetes Wohnen gilt als einer der attraktivsten Lösungsansätze – weniger Einfamilienhäuser, mehr Wohnungen. Denn: Die Hälfte der Einfamilienhäuser werden nur von einer oder zwei Personen bewohnt. 30 Prozent der Siedlungsflächen in der Schweiz bieten Platz für zwei Millionen zusätzliche Menschen, heisst es in einer Studie der Architektur-Denkfabrik Urbanistica.
Auch ETH-Professor und Raumplanungsexperte David Kaufmann meint im Gespräch mit Blick, eine Minderheit der Bevölkerung bewohnt die Mehrheit aller Wohngebäude. Auch er stellt das Potenzial von Einfamilienhäusern infrage. Die Leserinnen und Leser des Blicks sind bei diesen Aussichten gespalten. Viele stellen sich entschieden gegen die Verdichtung.
«Wohnraumknappheit ist kaum die Schuld der Alleinstehenden»
Viele sind klar dagegen, den Wohnraum Einzelner noch mehr einzuschränken. «Als Single Person lebt man normalerweise in einer 2- bis 3-Zimmerwohnung mit 80 bis 100 Quadratmetern. Das ist nichts Ungewöhnliches», mein Andi Fust. Einzelpersonen sollen auch nichts dafür können, wenn immer mehr Leute ins Land kommen, ergänzt er.
Margrit Pfister sieht die Sache ähnlich: «Mein soziales Denken, was den Wohnraum anbelangt, hält sich in Bezug auf einen Wechsel in eine kleinere Bleibe sehr in Grenzen. Zudem ist alles viel teurer als meine 110 Quadratmeter. Wohnraumknappheit ist kaum die Schuld der Alleinstehenden.»
Peter Schwab schiebt die Verantwortung den Kantonen zu: «Ich hätte Platz. Ohne Ausnützungsbeschränkungen könnte ich etwa meiner Schwester die Möglichkeit geben, selbständig zu leben … Aber der Kanton verhindert es! Dabei könnte man noch so viel mehr Platz nutzen.»
«Das geht niemanden etwas an, wie wir wohnen»
Der Gedanke, das Einfamilienhaus für eine kleinere Wohnfläche einzutauschen, sorgt vor allem auf dem Land und im Dorf für einen grossen Aufschrei. «Das geht niemanden etwas an, wie wir wohnen», sagt Esther von Arx. «Wir haben unser Haus schwer erarbeitet, auf viel verzichtet und geniessen es jetzt im Alter! Dass so etwas nur diskutiert wird, finde ich eine Schande!»
Auch Rudolfo Priore will das Eigenheim im langjährigen Familienbesitz nicht aufgeben: «Im kleinen Dorf im Glarnerland wohnen praktisch alle im eigenen Familienhaus, über Generationen hinweg. Das ist wunderbar so und für die Kinder ein Paradies! Schlechtes Gewissen kommt da bei mir überhaupt nicht auf, auch wenn ich allein in einem grossen Haus wohne.»
«Ich möchte nicht in einem Hasenstall wohnen»
Zu Wort melden sich auch diejenigen, die gegen den Bau von immer mehr Wohnblöcken sind. Pius Winteler sagt: «In anderen Worten, wir können noch ein paar Flächen in der Schweiz mit hässlichen Betonklötzen verschandeln, dann gibt es noch Platz für zwei Millionen mehr. Das Land ist dann einfach eine zugepflasterte Ruine.» Auch er sieht das Problem eher bei der hohen Zuwanderung. Erika Koller bangt es vor engerem Wohnraum: «Ich möchte nicht in einem Hasenstall wohnen. Aber bei verdichtetem Bauen wird das der Fall sein.»
Trotzdem gibt es unter den Kommentatorinnen und Kommentatoren auch einige wenige, die bereit wären, beim Wohnraum Abstriche zu machen, wenn die Konditionen stimmen. «Ich lebe alleine in einer schönen 4-Zimmerwohnung. Ich würde sofort in eine kleinere Wohnung ziehen. Da aber die 2,5-Zimmer-Wohnungen viel teurer sind als meine, kann ich nicht wechseln», schreibt Mariella Brunner. Auch Paul Meier ist zufrieden mit weniger Platz: «Ich habe meine Traum-Singlewohnung gefunden, 2,5 Zimmer mit Lift, 64 Quadratmeter. Klein, aber fein.»