Darum gehts
- Luchs Diego in Westschweiz geschossen. Tierschützer empört, Leserschaft gespalten
- Abschuss erfolgte nach Angriff auf Spaziergängerin und wegen besorgniserregendem Gesundheitszustand
- Luchs wurde im Mai aus Zoo wiederausgesetzt und lebte nur wenige Monate in Freiheit
Luchs Diego wurde in der vergangenen Woche in der Westschweiz erschossen. Das zuvor in einem Zoo untergebrachte Tier war im Mai ausgesetzt worden. Der Abschuss erfolgte, weil Diego einer Spaziergängerin mit der Pfote einen Schlag versetzt hatte. Zudem schätzte man den Gesundheitszustand des Tiers als besorgniserregend ein. Die Tötung hat unter Tierschützern Empörung ausgelöst – und auch in unserer Kommentarspalte eine kontroverse Debatte entfacht.
«Auch Menschen müssen geschützt werden»
Nicht wenige sind der Meinung, der Wildhüter habe in diesem Fall richtig gehandelt. So schreibt Kurt Bortis: «Nicht nur Tiere, auch Menschen müssen geschützt werden. Tierschützer haben oft eine eigene Brille auf und sehen alles sehr einseitig. Der Luchs bekam seine Chance, in Freiheit zu leben. Wenn das nicht möglich ist, muss gehandelt werden, bevor Leute zu Schaden kommen.»
Auch Ernst Mittelholzer sieht in diesem Fall nur den Abschuss oder die Rücksiedlung in den Zoo als Option: «Wenn das Tier Menschen gegenüber gefährlich wird, sollte es aus dem Verkehr gezogen werden. Dies hätte in diesem Fall wahrscheinlich auch durch Einfangen und Unterbringen in einem Zoo erfolgen können. Mit dieser Haltungsart hatte das Tier ja bereits Erfahrung.»
Andere sehen bei der Auswilderung selbst das Problem. «Der Fehler war die Auswilderung! Man kann Raubtiere, die im Zoo gelebt haben, nicht irgendwo auswildern, wo sie wieder auf Menschen treffen können. Das geht selten gut. Entweder im Zoo behalten oder dort auswildern, wo sie nie wieder auf Menschen treffen. Etwa in Alaska oder Sibirien», schreibt Xavier Perte.
«Der Luchs hat eine Daseinsberechtigung!»
Die Gegenseite sieht den Fehler vor allem beim Menschen. So schreibt Patrick Soppelsa: «Der Tod von Diego ist ein Resultat des Wolfswahnsinns. Der Luchs ist ein scheues Tier und greift Menschen nicht an. Aber wenn man ihn mit einer Schmusekatze verwechselt, fühlt er sich bedroht und verteidigt sich. Und gleich wurde sein Verhalten mit dem des aggressiven Wolfs verwechselt und man hat ihn erschossen. Ein Luchs ist kein Wolf, er hat hier seine Daseinsberechtigung!»
Auch Martin Aronsky vertritt eine ähnliche Position: «Wie wurde die Frau angegriffen? Welche Verletzungen hat sie erlitten? Wahrscheinliches Fehlverhalten der Frau scheint kein Thema zu sein. Fragt man nach den genaueren Umständen, kommt gar nichts. Ziemlich sicher ist der Luchs ein Opfer übersteigerter Hysterie.»
Zum Schluss meldet sich Thomas Waiser mit grundsätzlichen Fragen zu Koexistenz von Mensch und Tier: «Die Frage ist, sieht sich der Mensch als Teil der Natur oder stellt er sich über sie. Wildtiere gehören zu Flora und Fauna dazu. Ist der Mensch bereit, Lebensräume zu gewähren, für Koexistenz und Biodiversität einzustehen? Schützt die Menschheit die Umwelt, so schützt sie sich selber!», argumentiert er.