Brüchiger Waffenstillstand
Haben die Mullahs Trump hinters Licht geführt?

Ein Abkommen unterzeichnet haben sie zwar nicht. Sowohl Israel als auch der Iran aber haben am Dienstag offiziell bestätigt, dass man sich an den von Donald Trump ausgehandelten Waffenstillstand halten werde. Der Iran hat guten Grund dazu. Und wohl geheime Absichten.
Publiziert: 24.06.2025 um 12:47 Uhr
|
Aktualisiert: 24.06.2025 um 15:05 Uhr
Teilen
Schenken
Anhören
Kommentieren
US-Präsident Donald Trump und sein Vize J.D. Vance glauben, erfolgreich zwischen Israel und dem Iran vermittelt zu haben.
Foto: AFP

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
RMS_Portrait_AUTOR_823.JPG
Samuel SchumacherAusland-Reporter

14 bunkerbrechende Bomben auf ihre Atomanlagen und die Aussicht auf «noch viel heftigere Attacken» (Zitat Donald Trump) waren den Mullahs dann wohl doch eine Nummer zu heiss. Den gehissten Rache-Flaggen über seinen Moscheen und den kriegerischen Tönen auf seinen Propaganda-Plattformen zum Trotz zog das Regime in Teheran am Montag einen Strich unter den «12-Tage-Krieg» (nochmals Zitat Trump) und verkündete eine Einstellung der Aggression gegen Israel und die USA.

Auch Israel liess offiziell verlauten, dass man den von Donald Trump (79) ausgehandelten Waffenstillstand einhalten werde. Am Dienstagmorgen heulte in Israel dennoch erneut ein Raketenalarm, obwohl der Iran betont, sich an das Abkommen zu halten. Israel kündigt Vergeltung an. Und Trump flucht vor den Kameras der Weltpresse über die uneinsichtigen Streithähne («They don't know what the fuck they're doing!»). Die Frage steht im Raum: Haben die Mullahs den Deal-hungrigen US-Präsidenten mit ihrem Waffenruhe-Versprechen in die Falle gelockt?

Fürs Erste sah es am Wochenende so aus, als würde sich Trumps kriegerischer Poker tatsächlich auszahlen. Die Mission «Mitternachts-Hammer» zeigte dem iranischen Regime in voller Wucht auf, dass es der militärischen Übermacht der Amerikaner absolut nichts entgegenzusetzen hat.

1/8
Benjamin Netanyahu, Israels Regierungschef, liess am Dienstagmorgen verkünden, man akzeptiere das Waffenstillstandsabkommen mit den Mullahs.
Foto: AFP

Iran ist vollständiger Niederlage «knapp entkommen»

Die sieben B-2-Bomber, die die 13-Tonnen-Bomben über den Nuklearstätten Fordo, Natanz und Isfahan abgeworfen hatten, gelangten unbemerkt in den Iran und unbehelligt wieder raus. Die Präzisionsgeschosse, die von einem amerikanischen U-Boot in der Gegend auf die Atomeinrichtungen abgefeuert wurden, trafen ins Schwarze.

Marcel Berni (37), Sicherheitsexperte an der Militärakademie an der ETH Zürich, sagt: «Angesichts der Verluste und der Verwundbarkeit aus der Luft, dürften die Mullahs zum Schluss gekommen sein, dass die Kosten einer Fortführung der Kampfhandlungen höher sind als die eines Waffenstillstandes.» Noch sei das Regime an der Macht und könne sich neu formieren. «Der Iran ist einer vollständigen Niederlage bisher knapp entgangen.»

Ob das Regime seine atomaren Pläne mit der Einwilligung zu einem Waffenstillstand aber tatsächlich begraben hat, bleibt fraglich. Hassan Abedini, einer der Bosse des iranischen Staatssenders, liess verkünden, man habe das angereicherte Uran, das der Iran zu einem späteren Zeitpunkt theoretisch für den Bau einer Atombombe brauchen könnte, schon vor den amerikanischen Angriffen «evakuiert».

Nicht mal J.D. Vance weiss, ob Aktion erfolgreich war

Es gibt weitere Gründe zur Annahme, dass der atomare Schatz der Mullahs (rund 400 Kilogramm angereichertes Uran) den Angriff der Amerikaner überstanden hat:

  • Vizepräsident J.D. Vance antwortet ausweichend auf die Frage eines Fox-News-Journalisten, ob die USA die rund 400 Kilogramm des angereicherten Urans erfolgreich zerstört hätten.
  • Experten verweisen auf die mindestens 16 Lastwagen, die in den Tagen vor dem Angriff laut Satellitenbildern vor der Nuklearanlage in Fordo vorgefahren sind; möglicherweise, um das Uran in Erwartung eines US-Angriffs an einen geheimen Ort zu bringen.
  • Weder die UN-Behörden noch saudische Messstellen in der Gegend haben nach dem Angriff auf Fordo erhöhte radioaktive Strahlungswerte in der Gegend feststellen können.

Sicherheitsexperte Marcel Berni hält es für möglich, dass der Iran jetzt erst recht mit aller Energie den Bau einer Atombombe anstrebt – zur aussenpolitischen Abschreckung und zur innenpolitischen Stabilisierung des Regimes. «Andererseits könnte Teheran zum Schluss kommen, dass sich der Bau von Atomwaffen nicht lohnt, weil die USA und Israel es genau beobachten und im Falle eines erneuten Versuches wieder dagegen vorgehen werden.»

Trump jedenfalls zeigt sich überzeugt, dass die Waffen im Nahen Osten (wenn man die Gräuel in Gaza in kalter Blindheit für einmal ausblendet) bald ruhen werden. «Bitte haltet euch an den Waffenstillstand», schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. «Es ist Zeit für Frieden!»

Ob das die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen im Jemen, die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon auch so sehen, bleibt offen. Eines der Memes, das in pro-iranischen Telegram-Kanälen am Dienstagmorgen verbreitet wurde, zeigt eine iranische Hand, die den Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet – nicht mit einem Stift, sondern mit einer brennenden Rakete.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?