Darum gehts
- Börsen stürzen trotz US-Angriffen auf den Iran nicht ab
- Der Grund: Investoren rechnen derzeit noch nicht mit einer schnellen Eskalation des Konflikts
- Europäische Börsen überholen US-Märkte zunehmend aufgrund von Trumps Zolldrohungen
Diesen Montag drohte Anlegern und Anlegerinnen ein schwarzer Börsentag. Nach den Angriffen der USA auf iranische Atomlager am vergangenen Wochenende gingen Börsenexperten von Kursverlusten aus.
Aber siehe da: Die befürchteten Kursverluste blieben aus. Die Börsen in Europa und der Schweiz sind am Montag wider Erwartungen relativ ruhig in die Woche gestartet.
Der SMI eröffnete mit einem leichten Minus von 0,3 Prozent und notierte kurz nach neun Uhr bei rund 11'832 Indexpunkten. Im Tagesverlauf veränderte er sich kaum. Nach anfänglichen leichten Verlusten drehte der deutsche DAX teilweise sogar ins Plus. Auch die US-Märkte bewegten sich zum Börsenstart hin nur leicht im Minus und wendete schliesslich ebenfalls ins Positive.
Statt Krieg zurück an den Verhandlungstisch?
Laut Anlageexperte Roman Przibylla (40) liegt das daran, dass viele Investoren derzeit nicht mit einer schnellen, weiteren Eskalation des Iran-Konflikts rechnen: «Die Investoren setzen auf eine begrenzte Reaktion der Konfliktparteien – das scheint im Moment das wahrscheinlichste Szenario zu sein», sagt er zu Blick.
Gleiches lässt auch Samy Chaar (46), Chefökonom der Privatbank Lombard Odier, in einer Mitteilung vom Montag verlauten: «Die geopolitischen Spannungen sind hoch, aber der Konflikt kann eingedämmt bleiben.» Anleger und Anlegerinnen scheinen vorerst an dieser Hoffnung festzuhalten, womit der ausbleibende Kurssturz der Börsen erklärt werden kann.
Ähnlich gelassen zeigen sich Ökonomen des US-Finanzinstituts Morgan Stanley: Die Experten betonen gegenüber Bloomberg, dass geopolitisch bedingte Ausverkäufe an den Börsen – wenn überhaupt – meist nur von kurzer Dauer seien. Entscheidend für die Aktienmärkte sei nun, wie der Iran auf die Angriffe der USA reagiere.
Trotzdem: «Die Lage bleibt angespannt», warnt Przibylla. «Sollte sich der Konflikt ausweiten – etwa wenn es Probleme mit der Strasse von Hormus, einer der wichtigsten Öllieferrouten gibt, – könnte das die Börsen heftig durchrütteln.» Die Folge: steigende Ölpreise, unterbrochene Lieferketten und neue Inflationssorgen.
Europäische Börsen holen auf
Doch seit einigen Wochen zeigt sich am Weltmarkt ein überraschender Trend: Europas Börsen haben die US-Märkte im ersten Halbjahr 2025 erstmals seit vielen Jahren überholt. Hauptgrund der Kapitalflucht aus den Vereinigten Staaten sind demnach Zolldrohungen und unberechenbare Kurswechsel von US-Präsident Donald Trump (79).
Damit haben die internationalen Geldströme zumindest vorerst die Richtung gewechselt. Gleichzeitig gelten europäische Unternehmen im internationalen Vergleich derzeit als günstiger bewertet, was sie für Anleger attraktiver macht. Auch Währungsverschiebungen spielen eine Rolle: Ein schwächerer Dollar macht Investitionen in Europa lohnender.
Przibylla geht davon aus, dass diese Tendenz anhalten dürfte: «Europäische Firmen waren lange unterbewertet – dieser Rückstand wird jetzt teilweise aufgeholt. Gerade im Bankensektor sehen wir weiteres Potenzial für Anleger, die langfristig denken.»