Darum gehts
- Friedrich Merz löst Debatte über Stadtbild und Migration aus, erntet Kritik
- Koalition unter Druck, SPD schlägt Gipfel vor, Union lehnt ab
- 63 Prozent der Deutschen stimmen Merz zu, 29 Prozent widersprechen ihm
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (69) spricht über negative Folgen der Migration für das Stadtbild – und sorgt damit für Empörung von Links. Wie eine Umfrage zeigt, stösst er bei der breiten Öffentlichkeit zwar auf Zuspruch. Doch die Debatte belastet die schwarz-rote Koalition zunehmend. Blick klärt die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem Streit um das Stadtbild in deutschen Ballungszentren.
Mit welcher Aussage hat Merz die Debatte ausgelöst?
Bei einem Medienauftritt in Potsdam erklärte Merz Mitte Oktober, Deutschland habe in der Migrationspolitik bereits Fortschritte gemacht, aber «im Stadtbild noch dieses Problem». Ein Journalist bat ihn, die Aussage zu präzisieren, woraufhin Merz diesem riet, seine Tochter zu fragen, was damit gemeint sein könnte.
Später ging Merz erneut auf seine Aussage ein und sagte, sie habe sich auf Migranten bezogen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland hätten, die nicht arbeiteten und sich nicht an die Regeln hielten. Sie prägten das öffentliche Bild in bestimmten Stadtteilen und Parks sowie an Bahnhöfen und in U-Bahnen.
Wie sind die Reaktionen?
Linke Kräfte in der Opposition verurteilen Merz' Aussagen scharf, werfen ihm vor, Ängste zu schüren und fordern eine öffentliche Entschuldigung. Auch aus den Rängen des Koalitionspartners SPD kommen kritische Stimmen – die Vize-Fraktionsvorsitzende Wiebke Esdar (41) nahm gar an einer Demonstration gegen die Äusserungen des Bundeskanzlers teil. In SPD-Kreisen wurde zudem die Idee eines «Stadtbild»-Gipfels lanciert. Die Sozialdemokraten klammerten die Migrationsthematik in ihrem neuen Positionspapier allerdings aus.
Laut dem Politbarometer des TV-Senders ZDF erhält Merz aus der Bevölkerung mehrheitlich Zuspruch: 63 Prozent der Deutschen stimmen ihm zu, nur 29 Prozent widersprechen ihm. Die übrigen acht Prozent haben in der Umfrage mit «weiss nicht» geantwortet.
Was sagt der Bundeskanzler zur Kritik?
Merz beharrt darauf, er habe nichts zurückzunehmen und fühle sich durch die Kritik nicht entkräftet. Er betont gleichzeitig, dass Zuwanderung für den deutschen Arbeitsmarkt wichtig bleibe. Die Union erteilt dem SPD-Vorschlag für einen «Stadtbild»-Gipfel eine Absage.
Hat die Debatte bereits Folgen?
Einerseits legt die «Stadtbild»-Kontroverse unterschiedliche Ansichten zum Thema innerhalb der Koalition schonungslos offen. Exponenten der Linken sowie Einzelpersonen haben zudem Strafanzeigen wegen Volksverhetzung gegen Merz eingereicht. Sie begründen das mit der Aussage, Migrantinnen und Migranten würden als «Problem im Stadtbild» stigmatisiert. Zudem kam es zu landesweiten Demonstrationen unter dem Motto «Wir sind das Stadtbild».
Welche Rolle spielt die AfD?
CDU-Mann Merz steckt in einer Zwickmühle. Während die eigenen Beliebtheitswerte tendenziell fallen, kann die migrationskritische AfD immer wieder Rekordwerte aufweisen. Dies ist ein Anreiz für die Bundesregierung, politisch weiter nach rechts zu rücken, wie auch die von Merz angestossene «Stadtbild»-Debatte zeigt.
Kritiker werfen dem Bundeskanzler deshalb auch vor, AfD-Rhetorik zu übernehmen. Gleichzeitig bringt die Bundesregierung durch einen Rechtsruck den inneren Zusammenhalt – das Koalitionsbündnis zwischen CDU/CSU und SPD – in Gefahr. Knapp die Hälfte der Deutschen glaubt inzwischen an einen vorzeitigen Bruch von Schwarz-Rot.