Trump will nun auch die Kriminalität in Grossstädten bekämpfen
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«Chicago ist ein Chaos»:Trump will nun auch die Kriminalität in Grossstädten bekämpfen

Trump droht Metropolen – was steckt dahinter?
«Er versucht, die Grenzen der Verfassung auszuloten»

Trump spricht von Kampf gegen Kriminalität, seine Kritiker von Machtmissbrauch. Blick wollte von einem Politikwissenschaftler wissen, warum die Nationalgarde plötzlich in der US-Hauptstadt aufmarschiert und wieso sich demokratische Städte im Visier Trumps befinden.
Publiziert: 18:54 Uhr
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Aktualisiert: vor 13 Minuten
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Trump posiert zusammen mit den Nationalgardisten in Washington D. C.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Trump entsendet Nationalgardisten in US-Städte und plant weitere Einsätze
  • Experte: Trump testet Verfassungsgrenzen und bereitet sich auf Zwischenwahlen vor
  • 2000 Nationalgardisten wurden in die US-Hauptstadt entsandt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Janine EnderliRedaktorin News

Folgen auf Los Angeles und Washington D. C. bald auch New York und Chicago? US-Präsident Donald Trump (79) sorgt derzeit mit der Entsendung von 2000 Nationalgardisten in die US-Hauptstadt mächtig für Schlagzeilen. 

Konkret: Für die nächsten Tage sind bewaffnete Soldaten in U-Bahn-Stationen, eine Ausgangssperre für Jugendliche und Patrouillen vor Sehenswürdigkeiten geplant. Nebenbei droht Trump auch damit, Truppen in die Metropolen New York und Chicago zu schicken. Aber was steckt wirklich hinter Trumps Vorgehen und welche rechtlichen Grenzen gibt es? Blick hat mit einem Politikwissenschaftler die wichtigsten Fragen geklärt. 

Was bezweckt Trump wirklich mit seinen Aktionen?

«Eins ist klar: Die Bilder werden auf jeden Fall bleiben», sagt Geopolitik-Experte Klemens Fischer zu Beginn des Gesprächs. Was er meint: Soldaten, die durch die Strassen marschieren, Razzien durchführen und «Kriminelle» festnehmen. «Er verfolgt derzeit sehr mediale Politik. Er spielt mit den Bildern.» Die Stimmung und Reaktionen, die seine Entscheide auslösen, werden bleiben, betont Fischer. 

Ob die Städte durch Entsendung der Nationalgarde wirklich sicherer werden, bleibt abzuwarten. «Es geht ihm in erster Linie darum, sich als Ruhestifter zu inszenieren.»

Wofür ist die Nationalgarde eigentlich da?

Die Nationalgarde ist eine Art Reserve-Armee der USA. Normalerweise hilft sie in Notlagen: bei Naturkatastrophen, grossen Unfällen oder wenn es in einer Stadt zu schweren Unruhen kommt. Sie kann sowohl den Bundesstaaten als auch der Regierung in Washington unterstellt werden. Klar ist: Es ist eher selten, dass die Nationalgarde zum Einsatz kommt.

Darf Trump die Soldaten einfach in die Staaten und Metropolen schicken?

Ein Präsident kann die Nationalgarde nicht einfach einsetzen – dafür sind normalerweise die Gouverneure zuständig. «Eingreifen darf er nur in Ausnahmefällen, wenn eine gesetzliche Notlage besteht. Im Fall Trump gibt es jedoch kaum vergleichbare Präzedenzfälle oder Urteile, die eine klare Regelung suggerieren», erklärt der Experte.

Damit spielt der Republikaner gezielt. «Er versucht, die Grenzen der Verfassung auszuloten. Ganz bewusst. Er geht bereits davon aus, dass geklagt wird und am Ende der Oberste Gerichtshof (engl.: Supreme Court) entscheiden muss.» Falls die Trump-Regierung vor dem Verfassungsgericht darlegen kann, dass eine Notlage bestanden hat, bekomme er die rechtliche Legitimation für sein Handeln. «Er glaubt, dass der Supreme Court ihm Recht geben würde.» 

Wieso droht Trump nur demokratisch dominierten Städten?

«Das ist ganz klar – Trump bereitet sich bereits akribisch auf die Zwischenwahlen (Midterms) vom nächsten Jahr vor», so Fischer. Um die politischen Gegner in den modernen Grossstädten in ein schlechtes Licht zu rücken, versucht Trump die Bilder sprechen zu lassen. Er könne die Verantwortlichen als Chaosstifter aussehen lassen, die es nicht einmal schaffen, zu Hause für Ruhe zu sorgen. «Sich selbst kann er als Law-and-Order-Mann inszenieren, der die Lage wieder in den Griff bekommt.»

Kann überhaupt jemand Trump noch stoppen?

«Das kann eigentlich nur der Supreme Court. Trump rechnet jedoch nicht damit, dass sein Verhalten als unzulässig bewertet wird.» Von der Strasse werde in Zukunft wohl auch kein grosser Druck kommen. «Klar, die Demokraten in den von Trump angegriffenen Städten freuen sich nicht über Soldaten auf ihren Strassen. Wenn diese es jedoch schaffen, Ruhe in Viertel mit hoher Kriminalität zu bringen, finden das auch die Demokraten heimlich gut», glaubt Fischer. 

Was spielt das ominöse «Project 2025» für eine Rolle?

Beim «Project 2025» handelt es sich um einen politischen Plan zur Umgestaltung des Staatswesens und einem Ausbau der Exekutivmacht der Regierung. Die Entsendung der Nationalgarde spielt insofern eine Rolle, als dass der Präsident erheblich gestärkt werden soll – oft auf Kosten der lokalen Autonomie. Ein zentrales Ziel des Plans ist es, dem Präsidenten weitreichende Befugnisse zur innerstaatlichen Strafverfolgung zu verleihen.

Trump hat sich öffentlich mehrmals von den 900 Seiten, auf denen der Inhalt des Projekts niedergeschrieben ist, distanziert. Dennoch zeigen die ersten Monate seiner Präsidentschaft: Zumindest ein Teil des Umgesetzten findet sich auch in «Project 2025» wieder. 

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