Trotz modernster Luftabwehr – Iran setzt Israel in Flammen
Jeder Raketentreffer ist ein Schlag in Netanyahus Gesicht

Israels Raketenschild erweist sich als löchrig. Denn die Mullahs aus dem Iran haben verstanden, wie sie das hochmoderne System überlasten können. Mit den Raketenangriffen sendet das Regime wichtige Signale aus – nach innen und nach aussen.
Publiziert: 17:39 Uhr
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Aktualisiert: vor 56 Minuten
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Ein ultraorthodoxer Mann begutachten am Montag die Schäden am Ort eines iranischen Raketeneinschlags in Moshav Zavdiel im Süden Israels.
Foto: AFP

Darum gehts

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Daniel JungRedaktor News

Israel hat eine der besten Luftverteidigungen der Welt. Doch das System ist keineswegs perfekt. Auch in der Nacht auf Montag gab es wieder mehrere Einschläge in israelischen Städten. Dabei sind gemäss Berichten acht Menschen getötet und 92 verletzt worden. Insgesamt wurden seit Freitag 24 Personen in Israel getöteten und rund 600 verletzt.

Getroffen haben die Raketen in den letzten Tagen neben Wohngebäuden auch andere Ziele in Israel: Die grösste Ölraffinerie in Haifa, der Bahnhof der Stadt Rehovot oder das Weizmann-Institut für Wissenschaften. Auch ein Gebäude der US-Botschaft in Tel Aviv wurde beschädigt. Das zeigt: Israels Schutzschirm ist löchrig – der Iran findet Wege, um schwere Treffer zu landen. Das ist für das Regime in Teheran enorm wichtig und für Israel sehr problematisch.

Wie sich Israel schützt

Die israelische Luftverteidigung hat mehrere Schichten. Zuinnerst steht der Iron Dome (Eisenkuppel): Das vollautomatische System dient seit 2011 der Abwehr von Kurzstreckenraketen, Artilleriegeschossen und Drohnen. Seine Reichweite beträgt rund 70 Kilometer. 

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Israelische Grenzpolizisten gehen am Montag in Petah Tikva am Eingang eines Wohnhauses vorbei, das von einer iranischen Rakete getroffen wurde.
Foto: keystone-sda.ch

Die zweite Schicht heisst David’s Sling (Davids Schleuder): Hier liegt die Reichweite bei 300 Kilometern. Es dient der Abwehr von Mittelstreckenraketen, Marschflugkörpern und Drohnen. 

Die äusserste Schicht bildet das System Arrow 3 (Pfeil): Es hat eine Reichweite bis 2400 Kilometer und wird gegen Langstrecken- und ballistische Raketen eingesetzt. 

Zur Drohnen- und Flugzeugabwehr setzt Israel auch eine angepasste Version des US-amerikanischen Patriot-Systems ein. Daneben arbeitet das Land eng mit den USA, Grossbritannien oder Jordanien zusammen. 

Warum der Iran trotzdem durchkommt

Dennoch gelingen dem Iran immer wieder Treffer, teils auch mit grosser Wirkung. Dafür setzt er stark auf Schwarmangriffe: Grosse Mengen an Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen werden so gestaffelt abgefeuert, dass sie in kurzer Folge in Israel eintreffen. Die Flugkörper fliegen unterschiedlich schnell und auf unterschiedlichen Flugbahnen. Dies erschwert die Abwehr. Zudem wird die Kapazität an Abfangraketen erschöpft. 

Besonders brisant: Experten gehen davon aus, dass der Iran seine modernsten Waffen noch kaum eingesetzt, sondern primär veraltete Raketen abgefeuert hat. Bereits wurden aber auch Einschläge von neuen Überschall-Raketen gemeldet, die den Schutzschirm eher durchbrechen.

Doch die Lagerbestände des Iran sind begrenzt. Gemäss israelischen Medienberichten verfügt das Land schätzungsweise noch über rund 2000 Boden-Boden-Raketen. Damit könnten bald Nachschub-Probleme auftreten. 

Jedoch hat der Iran weitere Optionen: Er könnte den Schiffsverkehr in der Strasse von Hormus blockieren – einer wichtigen Öltransportroute. Hier drohen Energiekrise, Inflation und gestörte Lieferketten. Teheran warnte zudem, dass alle Länder, die Israel unterstützen, mit Vergeltungsschlägen gegen ihre Militärstützpunkte rechnen müssen.

Stimmungswandel in Israel?

Stärker als etwa beim Gazakrieg ist aktuell die Bevölkerung in den grossen Städten Israels bedroht. Gegenüber «Al Jazeera» sagte der israelische Politologe Ori Goldberg, dass die Angst zunehme: «Es gibt kein Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung, die Zivilbevölkerung zu schützen.» Viele Menschen fühlten sich im Stich gelassen. So könnte der politische Druck auf die Regierung von Benjamin Netanyahu (75) steigen, den Konflikt rasch zu beenden. 

Teheran nutzt zudem Propaganda, um seine Angriffe als möglichst erfolgreich darzustellen. Jeder Treffer stärkt die Legitimation des Regimes nach innen. Hätte die islamische Republik auf die heftigen Angriffe nicht reagiert, würde das Regime auch international schwach wirken.

Trotzdem liegen die militärischen Vorteile bei Israel. In der Nacht auf Montag hat das israelische Militär nach eigenen Angaben ein Drittel der Abschussrampen für Boden-Boden-Raketen im Iran zerstört – mehr als 120 Stück. Es seien auch Raketenlager und Einrichtungen zur Raketenherstellung getroffen worden. Die iranischen Bestände werden also weiter dezimiert.

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