Drohnenaufnahmen zeigen die schweren Schäden
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Rischon LeZion in Israel:Drohnenaufnahmen zeigen die schweren Schäden

Seit Freitag war Auslandschweizer Ralph Steigrad (69) schon neunmal im Luftschutzkeller
«Stimmung ist angespannt, aber auch von Routine geprägt»

Der Auslandschweizer Ralph Steigrad hat seit dem letzten Freitag viel Zeit im Luftschutzkeller verbracht. Er berichtet vom Alltag zwischen Raketenalarm, Reiseproblemen, Notvorräten und überraschend ruhigen Stunden.
Publiziert: 00:34 Uhr
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Aktualisiert: vor 56 Minuten
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So sieht der Schutzraum aus, in dem Ralph Steigrad in den letzten Tagen viel Zeit verbracht hat.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Schweizer in Israel erlebt Raketenangriffe und verbringt Zeit im Luftschutzkeller
  • Auslandschweizer Ralph Steigrad berichtet über angespannte Stimmung und Alltagsroutine
  • Über 100 Tote im Iran, 13 in Israel, 370 Verletzte
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Daniel JungRedaktor News

Seit Freitag war Ralph Steigrad (69) schon mindestens neunmal im Luftschutzkeller. Der Präsident des Auslandschweizer-Vereins Swiss Community Israel lebt in der Stadt Netanya an der israelischen Mittelmeerküste, zwischen Tel Aviv und Haifa. Insgesamt leben rund 25'000 Schweizerinnen und Schweizer in Israel.

Am Donnerstag feierte Steigrad in Tel Aviv noch mit seiner Familie seinen Geburtstag. Bereits im Laufe dieses Tages hatten verschiedene Medien über eine mögliche militärische Eskalation berichtet. «Als ich kurz vor Mitternacht nach Hause kam, fielen mir die anhaltenden Geräusche von Militärflugzeugen auf», sagt Steigrad. Etwas Aussergewöhnliches war im Gange. «In solchen Momenten spürt man die angespannte Atmosphäre, ohne noch Nachrichten hören zu müssen», sagt er.

Tote auf beiden Seiten

Seit der Nacht auf Freitag attackiert Israels Armee Ziele im Iran – darunter Atomanlagen und Verteidigungsstellungen. Auch wurden führende Militärs und Atomwissenschaftler gezielt getötet. Seither sind gemäss iranischen Medien über 100 Personen getötet und rund 900 Personen verletzt worden.

In Israel starben mindestens 14 Menschen. 370 Menschen wurden Medien zufolge verletzt. Aus mehreren Städten wie der Küstenmetropole Tel Aviv sowie Jerusalem und Bat Yam gab es Berichte über getroffene Gebäude.

«Warnungen werden sehr ernst genommen»

Wie fast jeder in Israel hat auch Steigrad die App «Home Front Command» auf seinem Handy installiert. Am Freitag gegen 2 Uhr nachts erhielt er dort eine Warnung. «Kurz darauf ertönten die Sirenen.» Dann bleiben anderthalb Minuten, um einen Schutzraum aufzusuchen. «Die Warnungen werden sehr ernst genommen», sagt Steigrad. Aus früheren Angriffen sei klar, dass Raketen gezielt auf dicht besiedelte Wohngebiete abgefeuert werden.

Bis zum Sonntag erfolgten die iranischen Raketenangriffe stets in der Nacht, begannen meist ab 2 Uhr früh. In der Nacht auf Sonntag verbrachte Steigrad erneut zwei Stunden im Luftschutzkeller.

«Die Tage verliefen dagegen erstaunlich ruhig», sagt der Auslandschweizer. Jedoch müsse man daheim bleiben. «Ich verbrachte die Zeit mit Lesen, Nachdenken und Gesprächen mit Familie und Freunden.» Kontakt hatte Steigrad auch mit dem Schweizer Botschafter Simon Geissbühler (52), nachdem in der Nähe seiner Residenz eine Rakete eingeschlagen hatte. «Das ganze Haus habe gezittert, es gab aber keine Schäden», erfuhr Steigrad.

Notvorrat angelegt

Der Vereinspräsident hat Notvorräte für mindestens zwei Wochen: Mehl, Salz, Öl, Wasserflaschen und Konserven. Strom und Internet funktionieren bisher tadellos, jedoch hat es auch einen Generator im Haus und diverse Batteriepacks in der Wohnung. «Solche Situationen führen einem die Zerbrechlichkeit des Lebens vor Augen», sagt Steigrad.

Insgesamt gehe das Leben in Israel jedoch weiter. «Die Stimmung ist angespannt, aber auch von einer gewissen Routine geprägt», sagt der Auslandschweizer. Niemand sei glücklich über die Situation, aber man habe sich an die ständige Bedrohung gewöhnt – soweit das möglich sei.

Heimreise unmöglich

Bei den Angriffen vom 7. Oktober 2023 wurde eine Cousine von Steigrad als Geisel genommen und später hingerichtet. Damals wurden rund 1600 Schweizer Touristen rasch ausgeflogen. Aktuell ist dies unmöglich, da die Flughäfen geschlossen sind. Die Swiss hat alle Flüge bis Mitte Oktober gestrichen. Die israelische Fluggesellschaft El Al nimmt bis Ende Juni keine Buchungen für Flüge nach und aus Israel entgegen.

Das ist derzeit etwa ein Problem für eine andere Cousine von Steigrad: Die Frau war für einen Geschäftsevent in der Schweiz und kann nun nicht nach Israel zurückreisen. Ihre Kinder werden deshalb von der Grossmutter betreut.

Steigrad ist zurückhaltend, wenn es um eine Bewertung der Angriffe auf den Iran geht. «Ob sie notwendig waren, kann ich nicht beurteilen.» Gewalt solle immer das letzte Mittel sein. Er vertraue aber darauf, dass die politischen Entscheidungsträger verantwortungsvoll handelten. Er hofft zudem, dass die Schweizer Regierung als Vermittlerin einen positiven Einfluss nehmen kann.

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