Darum gehts
- Der Tod zweier Kinder und ihrer Mutter in Istanbul sorgt für Aufsehen
- Obduktion zeigt Rötungen und Blutungen in der Magenwand
- Lebensmittelverkäufer und Hotelverantwortliche im Verdacht
Auch mehrere Tage nach dem Tod der türkischstämmigen Mutter Cigdem B.* (†27) aus Hamburg und ihrer Kinder Masal (†3) und Kadir (†6) in Istanbul ist die Ursache des Dramas unklar. Die Behörden gehen von einer Lebensmittelvergiftung aus, ermitteln jedoch in mehrere Richtungen. Blick zeigt, was du über den Fall wissen musst.
Das ist passiert
Die Familie, die in der Türkei in den Ferien war, klagte vergangenen Mittwoch zunächst über Übelkeit und Erbrechen. Mit Verdacht auf Lebensmittelvergiftung wurden das Ehepaar und ihre beiden Kinder schliesslich ins Spital gebracht, kurz darauf aber wieder entlassen. Als sich der Zustand der Kinder dramatisch verschlechterte, kamen sie erneut ins Spital. Kurz darauf verstarben beide Kinder, gefolgt von der Mutter. Der Vater Servet B.* (38) wird weiterhin auf der Intensivstation behandelt.
Wie am Wochenende bekannt wurde, kamen zwei weitere Touristen mit Vergiftungserscheinungen ins Spital, ein Italiener und ein Marokkaner. Sie übernachteten demnach im selben Hotel in der Istanbuler Altstadt wie die Familie aus Deutschland. Ihr Zustand ist nicht lebensbedrohlich. Bei der Autopsie der drei Todesopfer gab es keine äusseren Auffälligkeiten, allerdings zeigten sich Rötungen und Blutungen in der Magenwand. Die beiden Kinder und ihre Mutter wurden in einem Ort in der westtürkischen Provinz Afyonkarahisar im Beisein von Verwandten beerdigt.
Lebensmittelvergiftung oder Schädlingsbekämpfung?
Der Verdacht einer Lebensmittelvergiftung kam ursprünglich auf, weil die Familie Streetfood, unter anderem ein Muschelgericht, gegessen hatte. Es gibt jedoch noch eine andere Theorie darüber, wie es zu den plötzlichen Erkrankungen kommen konnte: Geschah das Drama wegen einer fehlerhaft durchgeführten Schädlingsbekämpfung? Der Grund für diesen Verdacht ist, dass das Hotel, in dem die Opfer wohnten, am 11. November teilweise mit Chemikalien gegen Bettwanzen behandelt wurde.
Die Biologin Emel Kayikci erklärt gegenüber der türkischen Zeitung «Hürriyet», die Vergiftungen könnten auf unsachgemässe Schädlingsbekämpfung im Zusammenhang mit Bettwanzenbefall zurückzuführen sein. «Bettwanzen sind in den Hotelbetten dieser Gegenden weit verbreitet», sagt Kayikci. Anstatt mit zertifizierten Unternehmen zusammenzuarbeiten, beauftragten viele Hotels nicht lizenzierte Firmen. «Diese Firmen kaufen illegale Pestizide auf dem Schwarzmarkt und setzen sie dann ein.»
Fest steht: Im betroffenen Hotel gibt es kein Restaurant. Trotzdem wurden die Gäste evakuiert und anderswo untergebracht. Die Ermittler nahmen ausserdem Proben und brachten Gegenstände aus dem Gebäude. Nun sollen Laborergebnisse, die noch ausstehen, genaueren Aufschluss geben.
Acht Festnahmen
Am Freitag wurden im Zusammenhang mit den Vergiftungsfällen vier Verdächtige festgenommen. Bei ihnen handelt es sich um Verkäufer von Lebensmitteln. Ihnen wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Die Behörden schlossen ausserdem ein Lokal, in dem die Familie gegessen haben soll.
Einen Tag später nahm die Polizei drei weitere Personen fest, einen Verantwortlichen des Hotels und zwei Mitarbeiter einer Schädlingsbekämpfungsfirma, welche die Sprühaktion im Hotel durchgeführt hatte. Am Sonntag wurde zudem bekannt, dass auch ein Bäcker in diesem Fall festgenommen wurde. Er arbeite Berichten zufolge in einem Laden in der Nähe des Hotels im Stadtteil Fatih. Insgesamt wurden somit im Zusammenhang mit dem Vergiftungsdrama mindestens acht Personen festgenommen.
* Name bekannt