Darum gehts
- Familie stirbt in Istanbul-Ferien, Vater überlebt auf Intensivstation
- Lebensmittelvergiftung oder fehlerhafte Schädlingsbekämpfung als mögliche Todesursachen vermutet
- Zwei Kinder (3 und 6 Jahre) und Mutter verstorben, Hotel evakuiert
«Seit zwei Tagen weinen wir. Zwei meiner Enkelkinder und eine meiner Töchter sind gestorben», sagt der Vater von Çiğdem B.* zur türkischen Zeitung «Nokta Gazetesi». Er steht unter Schock.
Wieso seine Tochter und die beiden Kinder, Sohn Kadir (6) und Tochter Masal (3), nicht mehr leben, ist unklar. Die Familie, die in Hamburg (D) lebt, war für Türkei-Ferien nach Istanbul geflogen. Jetzt lebt nur noch Vater Servet B.*, der im Spital auf der Intensivstation liegt.
Dann verschlechterte sich der Zustand der Kinder dramatisch
Bislang gehen die Behörden von einer Lebensmittelvergiftung als Todesursache aus. Die Familie hatte am Dienstag im Istanbul-Viertel Ortaköy unter anderem gefüllte Muscheln und Kokorec (gegrillter Lammdarm) gegessen. Daraufhin mussten sie sich übergeben. Am Mittwoch wurde sie mit Verdacht auf Lebensmittelvergiftung ins Spital eingeliefert und behandelt, kurz darauf aber wieder entlassen.
Als sich der Zustand der Kinder dramatisch verschlechterte, wurde die Familie erneut ins Spital gebracht. Kurz darauf hörten die Herzen von Kadir und Masal auf zu schlagen. Anschliessend stirbt die Mutter.
«Friedliche und harmonische Familie»
Eine Freundin und Nachbarn in Deutschland kann nicht fassen, was Familie B. in den Ferien passiert ist. «Mir fehlen die Worte. Kurz vor dem Unglück hatten wir uns noch auf Whatsapp geschrieben», sagt sie zu «Bild». Ihr Freund ergänzt: «Die Vier waren eine so friedliche und harmonische Familie, sie haben immer alles zusammen gemacht und waren sehr eng.»
Das Paar kümmert sich gerade um zwei Kätzchen. Die beiden Kinder sollten die Tiere als Überraschung nach den Ferien bekommen.
Gäste in andere Hotels gebracht
Währenddessen laufen die Ermittlungen in Istanbul auf Hochtouren. Wieso mussten die Mutter und die zwei Kinder sterben? Inzwischen wurden zwei weitere Touristen mit Vergiftungserscheinungen ins Spital eingeliefert, wie die Nachrichtenagenturen DHA und Anadolu berichten. Es soll sich dabei um einen Italiener und einen Marokkaner handeln. Sie übernachteten demnach in demselben Hotel in der Istanbuler Altstadt wie die Familie aus Deutschland.
Neben einer möglichen Lebensmittelvergiftung könnte auch eine fehlerhaft durchgeführte Schädlingsbekämpfung dahinterstecken. Das Hotel, in dem Familie B. war, wurde evakuiert. Die Gäste wurden in andere Hotels verlegt, meldet Anadolu.
Um wie viele Menschen es sich handelte, war unklar. Die Behörden hätten zudem sämtliche Gegenstände aus dem Hotel im Stadtteil Fatih mitgenommen, um sie im Labor zu untersuchen.
Hotelbesitzer festgenommen
Die Spurensicherung hatte schon zuvor Proben des Trinkwassers genommen. Ein Zimmer im Erdgeschoss wurde Anadolu zufolge zudem mit Chemikalien desinfiziert - mutmasslich handelt es sich dabei um Pestizide, die in der Regel zur Bekämpfung von Ungeziefer verwendet werden.
In dem Zusammenhang waren am Samstag zwei Menschen, die die Desinfektion durchgeführt hatten, und ein Verantwortlicher des Hotels festgenommen worden. Dabei handelt es sich der türkischen Zeitung «Cumhuriyet», um den Hotelbesitzer, den Sohn des Besitzers einer Schädlingsbekämpfungsfirma und eine Person, welche die Sprühaktion im Hotel durchgeführt hatte.
Auch ein Bäcker wurde festgenommen. Er arbeite in einem Laden in der Nähe des Hotels im Stadtteil Fatih. Damit steigt die Zahl der Festgenommenen auf acht. Eine offizielle Bestätigung lag zunächst nicht vor. Am Freitag waren nach Angaben des Justizministeriums zudem vier Verdächtige festgenommen worden. Laut dem Staatssender TRT geht es um Verkäufer von Süssigkeiten, gefüllten Muscheln und Kokorec. Ihnen wird den Berichten zufolge fahrlässige Tötung vorgeworfen.
* Namen bekannt