Selenski und Merz betteln in Trump-Call um einen Platz am Verhandlungstisch
Am Ende macht Trump eh, was er will!

Bundeskanzler Merz und Präsident Selenski demonstrieren Einigkeit vor dem Trump-Putin-Gipfel in Alaska. Sie fordern einen Waffenstillstand und keine Zugeständnisse an Moskau, doch Trumps unberechenbare Verhandlungstaktik bereitet Sorgen.
Publiziert: 18:23 Uhr
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Aktualisiert: 18:38 Uhr
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Friedrich Merz und Wolodimir Selenski zeigen Einigkeit – doch diese zählt Ende Woche nur wenig.
Foto: keystone-sda.ch

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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Es war ein Bild der Geschlossenheit: Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz (69) und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47) traten im Kanzleramt vor die Presse. Zuvor hatten die beiden in einer Videoschalte mit US-Präsident Donald Trump (79) über dessen bevorstehendes Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin (72) in Alaska gesprochen. «Wir waren uns sehr einig», sagte der Deutsche. «Wir sprachen mit einer Stimme», betonte der Ukrainer. Das Ziel: Waffenstillstand, keine Zugeständnisse an Moskau, die Ukraine am Verhandlungstisch.

Vor der Presse wirken sie wie zwei Männer, die das Schicksal Europas in den Händen halten. Doch hinter den Kulissen wurde klar: Das war keine Machtdemonstration gegenüber den USA und Russland – es war ein Bittgang. Und das hat mit einem der beiden Männer am Verhandlungstisch zu tun.

Denn der Mann, der am Freitag mit Putin allein im Raum sitzt, heisst Donald Trump. Und wenn Trump allein verhandelt, gilt nur eine Regel: Er macht, was er will.

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Selenski muss vor Gipfel zittern

Für Selenski ist das brandgefährlich. An der Front erhöht Russland den Druck, verlangt Rückzüge aus dem Donbass. Für den Ukrainer wäre das ein strategischer Selbstmord. «Der Donbass ist ein Sprungbrett für eine weitere Offensive», warnte er. Gleichzeitig hängt seine Verteidigung weiter an amerikanischen Waffen und Geheimdienstinfos – und damit an Trumps Laune.

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Am Mittwoch traten Ukraine-Präsident Wolodimir Selenski und Bundeskanzler Friedrich Merz geeint vor die Presse.
Foto: keystone-sda.ch

Merz versuchte am Mittwoch, Europas starke Stimme zu sein. Er sagt klar: Die Ukraine dürfe nicht übergangen werden, es müsse «in der richtigen Reihenfolge» verhandelt werden – erst Kiew, dann Brüssel, dann Moskau. Trump habe versprochen, direkt nach dem Treffen mit Putin seine europäischen Partner zu informieren. Doch Versprechen sind das eine – Trumps Realität oft eine andere.

Die Vergangenheit macht wenig Hoffnung

Ein Blick zurück zeigt, wie schnell sich die Rollen verschieben können. 2018 in Helsinki sass Trump allein mit Putin am Tisch – und trat danach vor die Kameras, als hätte er dem Kremlchef mehr geglaubt als seinen eigenen Geheimdiensten. Auf die Frage nach der russischen Wahleinmischung sagte er damals: «Präsident Putin sagt, es war nicht Russland. Ich sehe keinen Grund, warum es das gewesen sein sollte.» Selbst seine damalige Russland-Expertin Fiona Hill soll laut Berichten nur den Kopf geschüttelt haben.

Genau diese Erinnerung schwebt nun wie eine dunkle Wolke über dem Gipfel in Alaska. Könnte Putin dem Amerikaner erneut den Kopf verdrehen? Experten wie John Herbst vom Atlantic Council warnen, Putin werde versuchen, Trump einen «Friedensplan» zu präsentieren, der vor allem dem Kreml nutzt – und den Kiew und Europa nur noch schlucken können. Der Vergleich mit der Yalta-Konferenz 1945 drängt sich auf, als über die Zukunft Europas entschieden wurde, während viele Betroffene nicht mit am Tisch sassen.

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Moskau verhöhnt Europa

In Moskau wird die europäische Haltung genüsslich kommentiert. In den Abendnachrichten Vesti spottete der Moderator schon vor der Pressekonferenz über den Alaska-Gipfel: «Das Ergebnis der kollektiven Panik von Selenskis Sponsoren war die Entscheidung, Trump vor Alaska anzurufen. Europa will ein Tête-à-Tête Putins und Trumps in ein Trio verwandeln.» Für Russland ist klar: Europa bettelt um Mitspracherecht, steht aber nur am Spielfeldrand.

Für Merz und Selenski war der gemeinsame Auftritt deshalb auch ein politisches Schutzmanöver: Trump öffentlich auf eine gemeinsame Linie festlegen, bevor er nach Alaska reist. Doch ob das reicht, ist fraglich. Der Gipfel findet ohne Europäer und ohne Ukraine am Tisch statt. Die Entscheidungen fallen hinter verschlossenen Türen – und wenn es schlecht läuft, glaubt Trump am Ende wieder nur einem: Wladimir Putin.

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