Seine Nahostreise ist Schaulaufen und Signal zugleich
Warum Trump von den Golfstaaten fasziniert ist

Goldene Kuppeln, Milliarden-Deals und absolute Kontrolle: In den autoritär regierten Golfstaaten findet Donald Trump ein Staatsmodell, das seiner Vorstellung von Macht, Effizienz und nationaler Stärke erstaunlich nahekommt.
Publiziert: 16:23 Uhr
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Aktualisiert: 18:30 Uhr
Donald Trumps Reise durch den Nahen Osten wird zur Projektionsfläche seiner politischen Ideale.
Foto: imago/Xinhua
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Donald Trumps (78) aktuelle Reise durch den Nahen Osten ist ein Schaufenster seiner politischen Seele. Während er durch Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate tingelt, wird klar: Der US-Präsident fühlt sich in dieser Region sichtlich wohl – nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer autoritären Strukturen, ihrer zentralisierten Macht und ihrer opulenten Machtsymbole. Drei zentrale Gründe erklären Trumps Faszination – und geben Aufschluss über seine Vorstellungen von politischer Führung.

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Autoritäre Effizienz statt demokratischer Reibung

In Saudi-Arabien wurde Trump auf einem lila Teppich empfangen, umgeben von Prachtbauten und feuerspeienden Springbrunnen. Für einen Mann, der sich in Washington mit Checks and Balances herumschlagen muss, war das mehr als nur ein Empfang – es war eine Inszenierung absoluter Macht. Kein Kongress, keine kritischen Medien, keine Proteste: In den Golfstaaten wird Politik gemacht, nicht diskutiert.

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Aktuell reist US-Präsident Donald Trump durch den Nahen Osten.
Foto: Getty Images

Diese Vorstellung von Kontrolle – ungebrochen, unangefochten, uneingeschränkt – ist etwas, das Trump nach eigener Aussage in den USA vermisst. Bereits während seiner ersten Amtszeit beschwerte er sich mehrfach, dass er als Präsident «nicht so regieren könne wie ein CEO». In Riad ist es genau das, was er zu sehen bekommt – und bewundert.

2

Politik als Geschäft – und Geschäft als Politik

Die Golfstaaten leben ein Prinzip, das Trump seit Jahrzehnten verkörpert: Die Trennung zwischen öffentlichem Amt und privatem Vorteil ist fliessend. In Katar etwa sitzen Mitglieder der Herrscherfamilie gleichzeitig an der Spitze des Staatsfonds und privater Holdinggesellschaften. Milliardenprojekte werden persönlich eingefädelt, Deals direkt zwischen Machthabern verhandelt. Für Trump kein Problem – sondern ein Modell. Schon als Präsident schreckte er nicht davor zurück, seine Hotels und Golfanlagen als Orte offizieller Treffen zu nutzen. Jetzt, während seiner Reise, knüpfen seine Söhne neue geschäftliche Verbindungen in der Region.

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Visionäre Bauprojekte statt politischer Aushandlung

Die Städte, durch die Trump reist, sind futuristische Monumente: Doha, mit seiner gläsernen Skyline; Riad, mit seinen milliardenschweren Neom-Plänen; Abu Dhabi, mit inszenierten Kultur- und Sportevents. Hinter all dem steht die Botschaft: Wir bauen unsere Zukunft – und wir tun es ohne Einschränkungen.

Er erkennt darin das, was er selbst für Amerika will: einen Staat, der sich über politische Verfahren hinwegsetzt, um «greatness» sichtbar zu machen. In seiner Rede in Riad betonte er, dass der Nahe Osten heute «Technologie statt Terrorismus» exportiere – eine bewusste Gegen-Erzählung zur gängigen Darstellung der Region. Dass dies mit der Realität oft wenig zu tun hat – etwa wenn man die Menschenrechtslage oder die Repression gegen Dissidenten berücksichtigt – bleibt unerwähnt. Denn in Trumps Weltbild zählt der sichtbare Fortschritt – und wer ihn liefert, verdient Respekt.

Trumps Aussenpolitik ist die eines Immobilienhändlers – wer zahlt, bekommt Zugang. Und die Golfstaaten zahlen: Allein beim Besuch in Saudi-Arabien wurden Investitionen von 600 Milliarden Dollar verkündet.

Ein autoritärer Traum in der Wüste

In einem politischen Klima, in dem er in den USA zunehmend auf Widerstand stösst – juristisch, medial, gesellschaftlich – wirken die Golfstaaten wie ein Gegenentwurf: als autoritärer Kapitalismus, der nicht fragt, sondern handelt. Trumps Reise ist deshalb auch eine Projektion: von einem Amerika, das nicht mehr debattiert, sondern durchregiert. Einem Amerika, das sich nicht an Normen misst, sondern an Deals.

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