Seine Anhänger wollten Aufklärung – doch Trump liefert nicht
Jetzt fällt Trump das eigene Versprechen auf die Füsse

Trump versprach Aufklärung im Epstein-Skandal – doch nun tobt seine eigene Basis. Keine Kundenliste, keine neuen Enthüllungen, dafür Chaos in der Regierung und offene Kritik. Sogar die Republikaner fordern nun Antworten.
Publiziert: 16.07.2025 um 19:00 Uhr
|
Aktualisiert: 16.07.2025 um 21:30 Uhr
Teilen
Schenken
Anhören
Kommentieren
Donald Trump gerät wegen der Epstein-Files zunehmend unter Druck – selbst treue Unterstützer zweifeln plötzlich an seinem Kurs.
Foto: IMAGO/Anadolu Agency

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
BlickMitarbeiter06.JPG
Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Es war ein grosser Moment für Donald Trump. Im Wahlkampf versprach er seinen Anhängern Aufklärung: die Wahrheit über Jeffrey Epstein, den verurteilten Sexualstraftäter, dessen Tod und mutmassliche Komplizen. Alles sollte offengelegt werden – endlich. 

Doch nun, da Trump wieder im Amt ist, liefert er nicht. Im Gegenteil: Die Veröffentlichung einer knappen Mitteilung des Justizministeriums hat nicht nur die Spekulationen weiter angeheizt, sondern auch eine Welle der Enttäuschung ausgelöst – mitten in Trumps eigener Gefolgschaft. Stolpert Trump über seine eigene Verschwörungstheorie, eine seiner schärfsten Waffen im Wahlkampf?

Jeffrey Epstein – der Sexualstraftäter

Jeffrey Epstein war kein Unbekannter. Als Investmentbanker und Jetsetter mit besten Kontakten in Politik, Wirtschaft und Showbusiness wurde er 2008 erstmals verurteilt – wegen Sexualdelikten mit Minderjährigen. 2019, kurz vor einem weiteren Prozess, starb er in einer Gefängniszelle in New York. Die Umstände seines Todes – offiziell ein Suizid – und Gerüchte über eine «Kundenliste» mit mächtigen Namen wurden zur Grundlage zahlreicher Verschwörungserzählungen.

1/7
Donald Trump versprach im Wahlkampf, die Epstein-Akten offenzulegen – jetzt sieht er sich mit massiver Kritik aus dem eigenen Lager konfrontiert.
Foto: IMAGO/Anadolu Agency

Gerade im MAGA-Umfeld (Make America Great Again, deutsch: Macht Amerika wieder grossartig) rund um Trump fiel die Geschichte auf fruchtbaren Boden. Viele glaubten, Epstein habe ein Netzwerk pädokrimineller Eliten versorgt – und Trump sei der Einzige, der den «Sumpf» trockenlegen könne. Umso grösser war die Erwartung, dass seine Rückkehr ins Weisse Haus endlich Licht ins Dunkel bringen würde.

MAGA-Glaube trifft auf Realität

Doch Anfang Juli veröffentlichte Justizministerin Pam Bondi ein Memo: Es gebe keine belastbare Kundenliste, auch keinen Hinweis auf Mord im Fall Epstein. Der Fall sei abgeschlossen. Gleichzeitig wurde ein Überwachungsvideo aus Epsteins Gefängniszelle freigegeben – allerdings mit einer fehlenden Minute. Für viele in Trumps Umfeld war das ein Schock. Rechte Kommentatoren wie Alex Jones und Laura Loomer, aber auch Podcast-Gigant Joe Rogan, warfen der Regierung eine Vertuschung vor. Selbst Elon Musk spekulierte im Juni öffentlich, Trump selbst könne in den Akten vorkommen – löschte den Tweet allerdings kurz darauf.

Auf Trumps Plattform Truth Social kritisierten ihn sogar langjährige Unterstützer. Besonders auffällig: Ein Post des Präsidenten bekamt dort erstmals mehr Kommentare als Likes oder Retweets, ein Zeichen für Ablehnung. Trump reagierte gereizt.

In einem anderen Post attackierte Trump dann ehemalige Weggefährten direkt: «Einige von euch sind schwache Nervenbündel, die auf den Bullshit der Demokraten über Jeffrey Epstein hereinfallen. Wenn ihr das wirklich glaubt – ich will eure Unterstützung gar nicht mehr.» Eine ungewöhnlich scharfe Abrechnung mit seiner eigenen Basis – und ein Zeichen dafür, wie sehr ihn die Situation unter Druck setzt.

Auch das politische Beben blieb nicht aus. Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses und bislang treuer Trump-Verbündeter, sprach sich öffentlich für eine Offenlegung der Epstein-Dokumente aus. Auch andere Republikaner zeigen sich irritiert – besonders, nachdem Bondi zu Beginn des Jahres noch erklärt hatte, eine Kundenliste liege «auf ihrem Schreibtisch».

Im Kongress versuchten die Demokraten, eine Abstimmung zur Freigabe aller Akten zu erzwingen. Zwar blockierten Republikaner das Vorhaben, doch hinter den Kulissen wächst der Druck – auch von konservativer Seite. Einige hoffen, eine interne Lösung zu finden, andere fordern Transparenz.

Wenn Verschwörungen zurückfeuern

Dass sich Trumps Regierung in dieser Debatte derart verrennt, liegt auch an der überhöhten Symbolik der Epstein-Akten. Für viele MAGA-Anhänger verkörpern sie den Beweis für das angeblich korrupte und kriminelle Establishment. Wer sich als Aufklärer inszeniert – wie Trump es tat – weckt Erwartungen. Werden diese enttäuscht, droht ein Vertrauensverlust.

Ob dieser Vertrauensbruch langfristig Folgen für Trump hat, ist jedoch ungewiss. Umfragen zeigen bisher keine grösseren Einbussen. Doch der Vorgang illustriert ein tiefer liegendes Problem: Verschwörungstheorien lassen sich schwer kontrollieren – selbst von jenen, die sie politisch nutzen. Das Misstrauen, das über Jahre gegenüber Institutionen geschürt wurde, richtet sich nun gegen den einstigen Hoffnungsträger.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?