Darum gehts
- Russische Angriffe auf Energieanlagen führen zu Stromausfällen in der Ukraine
- Ukraine reagiert mit Angriffen auf russische Energieinfrastruktur als Vergeltungsmassnahme
- Bis zu 20'000 Russen sind ohne Strom nach ukrainischen Angriffen
Hunderttausende Ukrainer leiden unter Kälte und Dunkelheit, nachdem eine Welle russischer Angriffe auf Energieanlagen zu weitreichenden Stromausfällen im ganzen Land geführt haben. In Russland sitzen ebenfalls Zehntausende Menschen in ihren kalten Wohnungen und haben keinen Strom zur Verfügung.
Hinter den gegenseitigen Angriffen steckt mehr als blosse Zerstörung: Energie ist längst zu einem zentralen Schauplatz des Kriegs geworden.
Russland zieht Metropolen den Stecker
Das Ziel: Durch Strom- und Heizungsunterbrechungen soll Grossstädten, insbesondere Kiew, Charkiw und anderen Metropolen, der Stecker gezogen werden. Anders als noch in den wärmeren Monaten kommt es momentan praktisch täglich zu Angriffen auf Kraftwerke oder Energieanlagen.
«Unsere Erzeugung liegt jetzt bei null», teilte beispielsweise das Unternehmen Zentroenergo nach den neusten Attacken mit. Die Schäden seien enorm.
Ukraine reagiert mit Gegenangriffen
Die Ukraine versucht, mit Gegenattacken auf russische Energieanlagen zu reagieren. Dieses Wochenende kam es zu flächendeckenden Angriffen im Westen des Landes.
So melden mehrere russische Regionen am Sonntag weitreichende Ausfälle. Mindestens 20'000 Russen sind ohne Strom. Auch auf den Strassen funktionierte nichts mehr.
In der Region Kursk bot sich ein ähnliches Bild.
Lage für die Ukraine könnte «katastrophal» enden
Energieexperten warnen, dass die Folgen für die Ukraine dieses Jahr besonders schlimm sein könnten. Sollte die Energieversorgung in Kiew vollständig zusammenbrechen, drohen Tage ohne Licht und eine unbewohnbare Stadt, so Oleksandr Kharchenko, Chef des ukrainischen Zentrums für Energieforschung und Politik, gegenüber dem ukrainischen Nachrichtenportal Telegraf. «Wenn die städtischen Kraftwerke, die Strom und Wärme produzieren, abgeschaltet werden müssen und die Temperaturen tagelang unter minus 10 Grad fallen, gibt es keine Chance auf eine Wiederherstellung.» Die Bevölkerung müsste in diesem Fall das Wasser selbst aus den Leitungen ablassen, damit sie nicht einfrieren und platzen. «Kiew sollte in diesem Szenario eine Evakuierung anordnen. Das ist eine Katastrophe», so Kharchenko.
Russische Ölraffinerien zerstören
Während Russland gezielt System- und Verteilnetzwerke in der Ukraine angreift, nutzt die Ukraine ihre militärischen und geheimdienstlichen Mittel vor allem, um Russlands Versorgung zu stören. Laut Analysen des Institute for the Study of War zielt Kiew darauf ab, Raffinerien, Förderanlagen, Pipelines und Umschlagterminals zu treffen – mit dem Zweck, Russlands Kriegsmaschinerie logistisch zu schwächen.
So haben ukrainische Drohnen- und Langstreckenangriffe kürzlich grosse Pipelines getroffen. Die Aktionen dienen auch zur Demonstration, dass Kiew tief in russisches Territorium eindringen kann.
Für die Zivilbevölkerung bleibt die Lage in vielen Regionen fragil. Experten rechnen mit weiteren, länger andauernden Stromausfällen auf beiden Seiten. Bereits werden Notfallpläne entwickelt und Lösungen gesucht, um die Schäden zu kompensieren und die Versorgung zumindest teilweise aufrechtzuerhalten.