Videos zeigen den Vater auf Raubzug mit seinem Kind
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So fand ihn die Polizei:Videos zeigen den Vater auf Raubzug mit seinem Kind

Tom Phillips entführte seine Kinder und lebte vier Jahre lang in der Wildnis
«Bereits ein kleiner Fingerschnitt kann gefährlich werden»

Tödliches Ende einer Entführung: Fast vier Jahre lang hielt ein Neuseeländer sich und seine Kinder in der Wildnis versteckt. Am Montag erschoss die Polizei den Entführer und rettete die Kinder. Wie man sich so lange versteckt hält, erklärt ein Experte.
Publiziert: 14:27 Uhr
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Aktualisiert: 15:29 Uhr
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Immer wieder waren Tom Phillips und seine Kinder gesichtet worden, zum Beispiel bei Einbrüchen in Lebensmittelgeschäfte.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Neuseeländer versteckte sich mit Kindern vier Jahre in der Wildnis
  • Moderates Klima und unwegsames Gelände erleichterten das Überleben und Verstecken
  • Neben Nahrung, Trinken und Heizen sind auch medizinische Versorgung und psychische Verfassung Herausforderungen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sandra MarschnerRedaktorin News-Desk

Dichte Wälder, wilde Flüsse und zerklüftetes Gelände – in die dünn besiedelte Region Waikato auf der Nordinsel Neuseelands verirren sich nur wenige Menschen. Doch ausgerechnet hier hielt sich fast vier Jahre lang ein Mann mit seinen drei Kindern in der Wildnis versteckt. Im Dezember 2021 entführte der Neuseeländer Tom Phillips (†37) seine Kinder – damals acht, sieben und fünf Jahre alt – nach einem Sorgerechtsstreit mit seiner Ex-Frau.

Trotz mehrerer Sichtungen und Hinweise konnte der Mann jahrelang nicht gefasst werden. Doch am Montagmorgen (Ortszeit) fand die Flucht ein tödliches Ende. Nachdem Phillips in der Nacht auf Montag mit einem seiner Kinder mutmasslich in ein Geschäft eingebrochen war, kam ihm die Polizei schliesslich auf die Spur.

Als die Polizei am Tatort eintraf, flüchtete Phillips samt Kind und Waffen auf einem Quad und lieferte sich eine Verfolgungsjagd mit den Beamten. Als er das Feuer auf die Polizei eröffnete, erschossen sie ihn daraufhin. Auch die anderen beiden Kinder konnten einige Stunden später auf einem abgelegenen Campingplatz gefunden werden.

Moderates Klima hilft beim Überleben in der Wildnis

Doch wie gelingt es, sich jahrelang mit seinen Kindern in der Wildnis zu verstecken? Blick hat mit dem Survival-Experten Taro-Ulf Gehrmann von Swiss Bushcraft und Survival gesprochen. Gehrmann erklärt, dass die Region ideal sei, um versteckt zu bleiben: «Schon die klimatischen Bedingungen machen die Nordinsel Neuseelands sehr geeignet. Denn hier herrscht ein moderates Klima, und im Gegensatz zur Südinsel gibt es keinen Schnee. Das macht es einfacher, sich in einem Unterschlupf zu wärmen.»

Eine zentrale Herausforderung beim Überleben: die Nahrungsbeschaffung. Immer wieder wurde Phillips bei Einbrüchen in Lebensmittelgeschäfte gesichtet. Der Survival-Experte vermutet, dass dies jedoch nicht die einzige Nahrungsquelle gewesen sein könnte: «Auf Dauer können solche Einbrüche zu sehr auffallen. Ich nehme an, dass Phillips Jagderfahrung hatte. Auf der Nordinsel sind die Wildbestände gut. Zudem gibt es in der Region abgelegene Blockhäuser und Jagdhütten.»

Unwegsame und abgelegene Gebiete zum Verstecken

In den Jagdhütten könnte sich der Neuseeländer auch mit seinen Kindern versteckt haben. Doch auch das Gelände selbst biete eine Vielzahl an Versteckmöglichkeiten: «Es ist kein wanderfreundliches Terrain. Deshalb finden sich geeignete Orte, wie hoch gelegene Ebenen, die sicher genug zum Überleben, aber auch abgelegen genug zum Verstecken sind.»

Wichtig sei dabei, Orte mit guter Wasserversorgung und Möglichkeiten zum Heizen zu finden, betont der Experte. Auch hier erweise sich die Region als ideal, denn die zahlreichen Flüsse und Bächen spendeten Trinkwasser, während das Holz aus den Wäldern Brennmaterial liefere.

Im unwegsamen Gebiet selbst habe sich Phillips vermutlich zu Fuss fortbewegt, doch zum Transport von Lebensmitteln aus zivilen Umgebungen sei er mit einem Fahrzeug schneller gewesen, meint Gehrmann. «Ich vermute, dass er ein spezielles Versteck für ein Fahrzeug hatte. Zu seinem Lager ist er jedoch wahrscheinlich zu Fuss gelangt – das hilft auch, die Spuren zu verwischen.» 

Leben in der Isolation belastet auch psychisch

Neben Nahrungs- und Trinkwasserbeschaffung sowie Heizen stelle auch die medizinische Betreuung in der Wildnis eine grosse Herausforderung dar, erklärt der Survival-Experte. «Bereits ein kleiner Fingerschnitt kann, wenn er sich entzündet, gefährlich werden. Man muss also wissen, wie man damit umgeht.»

Zudem sei das Leben in der Isolation auf psychologischer Ebene nicht zu unterschätzen, besonders für die Kinder. Gehrmann betont: «Plötzlich sind sie von der Mutter getrennt, dürfen keine Freunde mehr sehen und gehen nicht mehr zur Schule. Fraglich ist, wie der Vater ihnen das erklären konnte. Die Erkenntnisse der Polizei müssen noch ergeben, ob die Kinder dabei in einer naturnahen Weise gelebt haben oder vom Vater gewaltsam festgehalten wurden.»

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