Mitten im knallharten Drogenkrieg der USA
Warum Trump gerade jetzt den Kokain-König von Honduras begnadigt

Donald Trump begnadigt den honduranischen Ex-Präsidenten Juan Orlando Hernández – einen verurteilten Kokainschmuggler. Der Entscheid fällt mitten in die Venezuela-Krise, wo Trump Machthaber Nicolás Maduro wegen Drogen mit Krieg droht. Wie passt das zusammen?
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Juan Orlando Hernández, der verurteilte Ex-Präsident von Honduras, steht nach Trumps unerwartetem Pardon wieder im politischen Rampenlicht.
Foto: AFP

Darum gehts

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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

US-Präsident Donald Trump (79) sorgt einmal mehr für internationale Irritationen: Mit der Begnadigung des ehemaligen honduranischen Präsidenten Juan Orlando Hernández (57) befreit er einen Politiker, der in den USA wegen Kokainschmuggels in gigantischem Ausmass zu 45 Jahren Haft verurteilt wurde.

Und das ausgerechnet in einer Phase, in der sich die US-Regierung demonstrativ als kompromisslose Kraft im Kampf gegen Drogen inszeniert. Der Entscheid wirft deshalb nicht nur politische, sondern auch strategische Fragen auf. Blick erklärt, was dahintersteckt.

Knallhart gegen Drogen – eigentlich

Wochenlang präsentierte sich die Trump-Regierung als knallhart im Anti-Drogen-Kampf: Mit Luftschlägen gegen angebliche Schmugglerboote in der Karibik und scharfen Drohungen gegen Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro (63).

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Der ehemalige honduranische Präsident Juan Orlando Hernandez wurde in den USA wegen grossem Kokainschmuggel verurteilt – nun hat Donald Trump ihn überraschend begnadigt.
Foto: AP

Vor diesem Hintergrund wirkt die Begnadigung von Hernández wie ein Stilbruch. Die US-Justiz bezeichnete ihn noch im Februar als zentrale Figur eines «Staatsprojekts des Drogenhandels». Ermittler warfen ihm vor, mindestens 400 Tonnen Kokain ins Land geschleust zu haben. Ein ehemaliger Agent der amerikanischen Drogenbehörde zeigt sich gegenüber der «Washington Post» entsprechend fassungslos: Es sei «lächerlich», jemanden mit dieser Bilanz freizulassen.

Trump hingegen argumentiert, Hernández sei von der Biden-Regierung unfair behandelt worden – eine Behauptung, die der Präsident immer wieder auch auf sich selbst anwendet.

Persönliche Netzwerke statt politischer Strategie

Wer die US-Aussenpolitik unter Trump beobachtet, erkennt ein Muster: Entscheidungen entstehen oft weniger entlang institutioneller Prozesse. Stattdessen sind persönliche Überzeugungen und informelle Kontakte entscheidend – also der direkte Draht zu Trump.

Genau das dürfte auch im Fall von Hernández passiert sein. Laut früheren Regierungsmitarbeitenden gelang es honduranischen Eliten, Trump über private Kanäle zu erreichen und Hernández als politisch verfolgtes Opfer darzustellen. Roger Stone (73), ein alter Trump-Vertrauter, soll eine zentrale Rolle gespielt haben. Dass die Strafverfolgung gegen Hernández ursprünglich in Trumps erster Amtszeit begonnen hatte, spielt dabei kaum eine Rolle.

Ein ehemaliger US-Diplomat bringt es gegenüber «Washington Post» nüchtern auf den Punkt: Wer die US-Politik in Lateinamerika beeinflussen will, orientiert sich immer weniger an offiziellen Stellen – und zunehmend daran, wer direkten Zugang zum Präsidenten hat. Der Fall Hernández zeigt genau diese Dynamik. Trump folgte letztlich nicht den Institutionen, sondern persönlichen Empfehlungen. 

Ein politischer Eingriff zur Unzeit

In Honduras fanden am 30. November Präsidentschaftswahlen statt – das Resultat ist bisher noch offen. Dass der begnadigte Hernández und der aktuelle Kandidat Nasry Asfura (67) derselben Partei angehören, verleiht der Begnadigung zusätzliche Brisanz. 

Auf diese Wahl zielte offenbar auch die Argumentation von Roger Stone ab: Auf seinem Blog schrieb er, eine «gut getimte Begnadigung» für Hernández könnte die Wahl in eine Richtung bewegen, die aus amerikanischer Sicht vorteilhaft sei. Stone hoffte offenbar so auf einen Erfolg des konservativen Asfura. Trump könnte durch die Begnadigung seinen Einfluss im zentralamerikanischen Land ausbauen und dort einen neuen Partner gewinnen – auch wenn dadurch die demokratischen Prozesse im Land Schaden nehmen. 

Ein Glaubwürdigkeitsproblem

Noch deutlicher wird der Widerspruch mit Blick auf Venezuela. Während Trump gegen das Maduro-Regime einen brutalen Drogenkrieg führt, wirkt die Begnadigung für den honduranischen Kokain-König wie die Faust aufs Auge. Wie das «Wall Street Journal» anmerkt, ist es auch republikanischen Wählern kaum zu vermitteln, warum Washington einen verurteilten Drogenhändler freilässt und gleichzeitig Maduro als «Narco-Diktator» bekämpfen will. Auch republikanische Senatoren kritisieren dies öffentlich.

Der Entscheid bietet Maduro und anderen Gegnern der USA eine Steilvorlage, Washington Heuchelei vorzuwerfen und die amerikanische Argumentation als politisch motiviert darzustellen. Ob Trumps doppelzüngige Strategie im Drogenkrieg also am Schluss aufgeht, darf bezweifelt werden. 

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