Darum gehts
- Nato-Chef Mark Rutte hält deutliche Rede für stärkere und tödlichere Nato
- Rutte sendet klares Zeichen nach Moskau und mahnt Mitgliedstaaten zur Erfüllung
- Europäer müssen künftig selbst für Verteidigung gegen russische Aggressionen aufkommen
Mark Rutte (58) war am Mittwochnachmittag ganz in seinem Element. Der Nato-Chef hielt vor der versammelten Presse eine knappe, aber auffallend deutliche Rede. Es fielen Sätze wie «Zusammen haben wir den Grundstein für eine stärkere und tödlichere Nato gelegt» oder «Wir können uns verteidigen, sollte jemand den Fehler machen, uns anzugreifen».
Der Niederländer ist nun seit mehr als sechs Monaten im Amt. Eine solche Härte in den Aussagen ist man von seinem Vorgänger, dem ruhigen und zurückhaltenden Norweger Jens Stoltenberg (66), der stets besonnen und diplomatisch agierte, nicht gewöhnt.
«Russland soll es sich genau überlegen, die Nato zu testen»
Am Mittwoch gewann man mit Blick auf Ruttes Aussagen den Eindruck, bei der Nato habe eine Zeitenwende stattgefunden. Ist das die neue Nato-Härte? Das wollte Blick von Klemens Fischer, Professor für internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität in Köln (D) und Politikwissenschaftler Joachim Krause wissen.
Fakt ist: Rutte fand in Den Haag klare Worte. «Er sprach von einer härteren und tödlicheren Nato und sendete damit ein Zeichen nach Moskau», so Fischer. «Zwischen den Zeilen sagte er: Russland soll es sich genau überlegen, die Nato zu testen.»
Ruttes Rhetorik sei aber nicht nur auf die Ermahnung gegen Aussen ausgelegt. Er habe eine klare Strategie. «Der Generalsekretär mahnt auch die Mitgliedstaaten angesichts der Bedrohung, ihre Verpflichtungen zu erfüllen», so Fischer weiter. «Neben der Vertretung nach Aussen liegt sein Schwerpunkt in der Moderation nach innen.» Aus diesem Grund sei der Gipfel auch so reibungslos über die Bühne gegangen.
«Ohne Trump wäre es nie so weit gekommen»
Dies sei auch wegen US-Präsident Donald Trump (79) passiert. «Die Nato hat sich endlich dazu entschlossen, eine faire Lastenteilung zwischen den USA auf der einen und den Europäern auf der anderen Seite zu vereinbaren», fasst Politikwissenschaftler Krause zusammen. «Das ist das eigentlich Sensationelle. Die Europäer haben begriffen, dass sie für ihre eigene Verteidigung gegen russische Aggressionen in der Zukunft selber aufkommen müssen und nicht auf die USA vertrauen können.»
Die Rolle Trumps ist dabei zentral. «Ohne Trump wäre es nie so weit gekommen.» Fischer ergänzt: «Trump ist der Druck von innen, Putin der Druck von aussen. So leisten die beiden einen enormen Beitrag zu diesem Wandel.»
«Angst vor russischer Herausforderung»
Doch es gibt auch Gefahren: «Wenn Mitgliedstaaten versuchen, ihre Beiträge schönzurechnen, könnte diese neue Nato rasch ins Wanken geraten», befürchtet Fischer. «Viel wird daher davon abhängen, wie lange die Angst vor einer russischen Herausforderung aufrechtbleibt.»
Und was spielt Putin für eine Rolle, wird er jetzt umso mehr aufrüsten? Krause zu Blick: «Er muss keinesfalls stärker aufrüsten. Niemand hat ihn dazu gezwungen. Sein militärischer Imperialismus kommt tief aus der russischen Politik und der russischen Gesellschaft. Er hat sein Land in eine Kriegspsychose versetzt.» Die Bereitschaft der Nato zeige dem Kreml-Chef jetzt Grenzen auf. «Wenn er so weitermacht, riskiert er die wirtschaftliche Erschöpfung Russlands.»