Darum gehts
Uno-Chef warnt vor humanitärer Katastrophe in Gaza
Israelische Armee führt neue Grossoffensive «Gideons Chariots» durch
Uno-Menschenrechtskommissar wirft Israel «ethnische Säuberung» vor
Berichte: Erneut Tote bei Schüssen nahe Gaza-Verteilungszentrum
Im Gazastreifen sind erneut mehrere Menschen nach palästinensischen Angaben in der Nähe von Verteilungszentren für humanitäre Hilfsgüter getötet worden. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete von mindestens 13 Toten durch Schüsse der israelischen Armee unweit des Verteilungszentrums im Bereich des Netzarim-Korridors im Zentrum des Küstengebiets.
Dabei seien am frühen Morgen rund 200 weitere Personen verletzt worden. Quellen aus dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium bestätigten den Vorfall. Demnach seien zehn Menschen getötet und mindestens 120 weitere verletzt worden.
Im Norden des Küstengebiets sind nach Angaben von Wafa ausserdem fünf Menschen durch israelischen Beschuss getötet worden, als sie auf Hilfsgüter nahe eines Verteilzentrums warteten. Die Angaben konnten zunächst allesamt nicht unabhängig geprüft werden. Das israelische Militär äusserte sich zunächst nicht zu den Berichten.
Palästinenser melden: Kompletter Internet- und Telefonnetzausfall in Gaza
Das Telekommunikationsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde meldet einen vollständigen Internet- und Kommunikationsausfall im Gazastreifen. Es sei aufgrund eines Angriffs auf ein wichtiges Glasfaserkabel zu der Störung gekommen.
Bereits in den vergangenen Tagen litten grössere Teile des Küstenstreifens unter dem Ausfall. Nun ist offenbar das gesamte Gebiet betroffen.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als 20 Monaten ist es immer wieder zu solchen Ausfällen der Telekommunikationsversorgung in dem Küstenstreifen gekommen. Die zuständige Behörde warnte vor «den humanitären und sozialen Folgen des Ausfalls» und rief zu einer raschen Wiederherstellung der Versorgung auf.
Stiftung: Fünf Helfer von US-Hilfsorganisation GHF bei Hamas-Angriff getötet
Im Gazastreifen sind nach Angaben der von den USA und Israel unterstützten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) mindestens fünf ihrer Helfer bei einem Angriff der islamistischen Hamas getötet worden. Die GHF sei noch dabei, die Fakten zusammenzutragen, erklärte die in Washington ansässige GHF am Mittwoch. Nach derzeitigem Erkenntnisstand gebe es jedoch «mindestens fünf Todesopfer, zahlreiche Verletzte und die Befürchtung, dass einige unserer Teammitglieder als Geiseln genommen wurden», teilte die Stiftung mit.
Eine Gruppe von mehr als zwei Dutzend Mitarbeitern der Hilfsorganisation sei auf dem Weg zu einer Verteilstelle für Hilfsgüter gewesen, als ihr Bus von der Hamas gegen 22 Uhr Ortszeit «brutal angegriffen» worden sei, erklärte die GHF.
«Wir verurteilen diesen abscheulichen und vorsätzlichen Angriff auf das Schärfste», hiess es in der GHF-Erklärung weiter. «Es waren Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Humanitäre Helfer. Väter, Brüder, Söhne und Freunde, die jeden Tag ihr Leben riskierten, um anderen zu helfen.»
Armee: Leichen von zwei Geiseln im Gazastreifen geborgen
Die israelischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben bei einem Einsatz im südlichen Gazastreifen die Leichen von zwei Geiseln geborgen und nach Israel überführt. Beide Männer stammten aus dem Kibbuz Nir Oz nahe der Gaza-Grenze. Sie wurden beim Überfall der Hamas und anderer Terrorgruppen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 getötet und ihre Leichen nach Gaza verschleppt.
Bei einem der Opfer handelte es sich um den damals 59-jährigen Jair Jaakov. Seine Lebensgefährtin und zwei seiner Söhne waren bei dem Terrorüberfall nach Gaza verschleppt und im Zuge des ersten Geisel-Deals im November 2023 freigelassen worden. Den Namen des zweiten Opfers hielt die Armee auf Wunsch der Familie vorerst zurück.
Nach der Bergung der beiden Leichen befinden sich nach israelischer Zählung noch 53 Geiseln in der Gewalt der Hamas. Von ihnen sind noch mindestens 20 am Leben, 31 gelten als tot, bei zwei Geiseln ist unklar, ob sie noch leben.
Bericht: Erneut Tote bei Schüssen nahe Gaza-Verteilungszentrum
Im Gazastreifen ist es in der Nähe einer Verteilstelle für humanitäre Hilfsgüter nach palästinensischen Angaben erneut zu einem tödlichen Vorfall gekommen. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete unter Berufung auf Krankenhausangaben, mehr als 28 Menschen seien unweit des Verteilungszentrums im Bereich des Netzarim-Korridors im Zentrum des Küstengebiets durch Schüsse der israelischen Armee getötet worden. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden. Das Militär äusserte sich bislang nicht zu den Berichten.
Im vergangenen Monat hatte im Gazastreifen nach einer fast dreimonatigen israelischen Blockade von Hilfslieferungen der Einsatz der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) begonnen. Diese sollte eine Alternative zum Einsatz der UN und internationaler Hilfsorganisationen darstellen. Israel und die USA wollen mit dem Einsatz von GHF verhindern, dass sich die Hamas humanitäre Hilfsgüter aneignet.
Die Stiftung ist jedoch umstritten, zuletzt kam es immer wieder zu tödlichen Zwischenfällen in der Nähe ihrer Verteilungszentren. Bei vorherigen Vorfällen hatte die Armee angegeben, Soldaten hätten Warnschüsse abgegeben, nachdem Palästinenser sich den Truppen auf bedrohliche Weise genähert hätten.
Israel: 108 Uno-Lastwagen mit Hilfsgütern nach Gaza eingefahren
Mehr als 100 Lastwagen mit Hilfsgütern wie Mehl und weiteren Lebensmitteln sind nach israelischen Angaben über den Grenzübergang Kerem Schalom in den Gazastreifen gefahren.
Die Ladungen gehörten den Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft, teilte die zuständige israelische Cogat-Behörde mit. Die Lieferung durch 108 Lastwagen sei am Dienstag nach einer gründlichen Sicherheitsuntersuchung an der Grenze durchgelassen worden.
«Die israelische Armee wird weiterhin humanitäre Hilfe im Gazastreifen ermöglichen und dabei alle Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass diese Hilfe nicht in die Hände der terroristischen Organisation Hamas gelangt», hiess es in der Mitteilung.
Cassis macht sich eigenes Bild der Lage im Nahen Osten
Aussenminister Ignazio Cassis ist am Dienstag in Israel eingetroffen für offizielle Besuche bei den israelischen und palästinensischen Behörden. Cassis will am Mittwoch in Israel auch die Anliegen der humanitären Helfer im Gazastreifen mit dem israelischen Aussenminister thematisieren.
Zu Beginn seiner Visite in Jerusalem traf der Schweizer Aussenminister am Dienstag Vertreter von drei im Gebiet tätigen Organisationen. «Wir sind mit einem Informationskrieg konfrontiert», sagte der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zu Beginn der Diskussion.
Am Tisch sassen die provisorische humanitäre Koordinatorin der Uno für die palästinensischen Gebiete, aber auch Verantwortliche des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und des Uno-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA).
Diverse Gespräche
Eineinhalb Stunden später schien sich der sehr offene Dialog gelohnt zu haben: «Es war eine gute Diskussion», sagte EDA-Sprecher Nicolas Bideau der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Wir wurden detailliert über die Herausforderungen bei der Versorgung der Bevölkerung von Gaza mit humanitärer Hilfe durch Personen, die vor Ort arbeiten, aufgeklärt», sagte er. Diese «sind jeden Tag mit der israelischen Verwaltung konfrontiert».
Der nächste Schritt wird es nun sein, den israelischen Aussenminister Gideon Saar am Mittwochmorgen mit diesen Hinweisen zu konfrontieren.
Fünf Länder belegen israelische Minister mit Sanktionen
Grossbritannien, Australien, Kanada, Neuseeland und Norwegen haben die ultrarechten israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir wegen radikaler Äusserungen gegen Palästinenser im Westjordanland mit Sanktionen belegt. Beide hätten «zu extremistischer Gewalt und schwerwiegenden Verstössen gegen die palästinensischen Menschenrechte angestiftet», teilten die Aussenminister der fünf Länder in einer gemeinsamen Erklärung mit.
Die britische Regierung erläuterte, dass die von Grossbritannien verhängten Sanktionen ein Einreiseverbot sowie das Einfrieren von Vermögenswerten umfassen. Auch Norwegen erliess ein Einreiseverbot.
Extremistische Rhetorik, die eine Zwangsumsiedlung von Palästinensern und die Errichtung neuer israelischer Siedlungen befürworte, sei entsetzlich und gefährlich, teilten die Aussenminister mit. Die Massnahmen seien hauptsächlich wegen der Lage im Westjordanland beschlossen worden, seien aber nicht losgelöst von der «Katastrophe» im Gazastreifen.
Aktivisten werden ausgeflogen
Wie mehrere israelische Medien berichteten, sollen die zwölf auf der «Madleen» gefassten Aktivisten nun zum internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv gebracht werden. Von dort sollen sie dann in ihre jeweiligen Heimatländer ausgeflogen werden. An Bord waren unter anderem Menschen aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Spanien sowie Brasilien. Es war zunächst unklar, wann genau die Aktivisten Israel wieder verlassen werden.
An dem Vorgehen Israels gibt es international Kritik. Die türkische Regierung etwa verurteilte das Eingreifen der Armee als «klaren Verstoss gegen das Völkerrecht». Dieser «abscheuliche Akt der Netanyahu-Regierung, (...) zeigt einmal mehr, dass Israel als Terrorstaat agiert», hiess es in einer Mitteilung des Aussenministeriums in Ankara. Das Vorgehen Israels im Gazastreifen wurde als «völkermörderische Politik Israels, die Hunger als Waffe einsetzt» bezeichnet.
Thunberg-Schiff gestoppt: Iran wirft Israel «Piraterie» vor
Teheran hat das Abfangen des Gaza-Hilfsschiffs «Madleen» durch Israel als Piraterie bezeichnet. «Der Angriff auf dieses Schiff wird vor dem Völkerrecht als Form von Piraterie angesehen, da es in internationalen Gewässern geschah», sagte der Sprecher des iranischen Aussenministeriums, Esmail Bakaei, am Montag vor Journalisten in Teheran. Israel hatte zuvor verkündet, das Schiff mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg an Bord sei nach Israel umgeleitet worden.