Darum gehts
- Staatsanwaltschaft Köln untersucht Tod von Florian Willet auf Fremdverschulden
- Angehörige verweisen auf psychische Störungen und nicht eingehaltene Sicherheitsstandards
- Willet war nur zwei Monate DGHS-Mitglied statt vorgeschriebener sechs Monate
Die Staatsanwaltschaft Köln untersucht den Tod des ehemaligen Sarco-Chefs Florian Willet (†47) auf Hinweise des Fremdverschuldens Dritter. Der Sterbehilfeaktivist schied im vergangenen Mai mithilfe einer Sterbehilfeorganisation aus dem Leben.
Das sogenannte Todesermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft richte sich nicht gegen bestimmte Personen, teilte die Behörde auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Donnerstag mit. Ebenfalls werde konkret untersucht, ob der später Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes unter einer psychischen Erkrankung litt, die sein Urteils- und Handlungsvermögen beeinträchtigt haben könnte.
Familienangehörige von Willet haben Unterlagen zu den Akten gereicht, mit der Bitte um Prüfung auf strafrechtliche Relevanz, schrieb die Staatsanwaltschaft. Eine ausdrückliche Strafanzeige gegen Verantwortliche der Sterbehilfeorganisation Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) gebe es nicht.
«Sicherheitsstandards» nicht eingehalten?
Wie die «Neue Zürcher Zeitung» als Erste berichtete, verwiesen Willets Angehörige in ihren Unterlagen auf die psychischen Störungen, die Ärzte von verschiedenen psychiatrischen Institutionen im Dezember und Januar diagnostiziert hatten. In den Unterlagen des DGHS gebe es keine Hinweise darauf, dass die Urteilsfähigkeit von Willet besonders abgeklärt worden wäre.
Demnach seien mehrere «Sicherheitsstandards» nicht eingehalten worden, hiess es weiter. Willet sei nur zwei Monate Mitglied der Organisation gewesen und nicht die mindestens vorgeschriebenen sechs Monate. Auch das Erstgespräch mit einem Juristen «in der häuslichen Umgebung der freitodwilligen Person» sei nur per Videoschaltung von einer Pädagogin durchgeführt worden.
Zu nahe am Patienten?
Sie sei Willet «bestens bekannt» gewesen, weshalb sie nicht in der Lage gewesen sei, seinen Sterbewunsch objektiv zu beurteilen, sondern ihm eine Art Freundschaftsdienst erwiesen habe, hiess es in der Zeitung. Darauf, dass Willet sich in einem schlechten mentalen Zustand befand, würde auch das bei ihm gefundene Medikament Olanzapin, welches zur Behandlung von Schizophrenie oder manischen Episoden eingesetzt wird, hindeuten.
Willet, der Präsident der Schweizer Sterbehilfeorganisation The Last Resort, war als einziger anwesend, als sich am 23. September 2024 in einem Wald bei Merishausen SH eine US-Amerikanerin in einer Sarco-Sterbekapsel das Leben nahm. Die Schaffhauser Staatsanwaltschaft nahm Willet daraufhin in Untersuchungshaft. Auch gegen weitere Personen, die vor und nach dem Einsatz der Sterbekapsel vor Ort waren, wurden Strafverfahren eröffnet.