Elefant gegen Elfenbeinturm
Trump trampelt die Studis nieder – aus drei Gründen

Donald Trump weitet seinen Rachefeldzug gegen die Unliebsamen im eigenen Land aus. Neues Ziel: Amerikas älteste Universität. Sein Wüten hat drei Gründe.
Publiziert: 23.05.2025 um 18:21 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2025 um 23:08 Uhr
Donald Trump hat sich die altehrwürdige Harvard-Universität vorgeknöpft.
Foto: Imago

Darum gehts

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

In einer Woche ist Semesterende für die Studierenden an Amerikas ältester Universität. Doch statt Ferien-Vorfreude gibts für die Harvard-Studis jetzt mächtigen Trump-Stress. Just jetzt nämlich knöpft sich der US-Präsident die Elite-Universität bei Boston vor. Seine Regierung verbot Harvard am Donnerstag per sofort, ausländische Studis zu unterrichten. Der Grund: Ausländische «Agitatoren» hätten auf dem Campus für «anti-amerikanische» und «pro-terroristische» Stimmung gesorgt und jüdische Studierende drangsaliert – und Harvard habe nichts dagegen unternommen. 

Zwar hat eine Bundesrichterin den Eingriff der Trump-Regierung in die Hochschulpolitik vorläufig gestoppt. Trotzdem stellen sich fast 7000 Austauschstudenten grosse Fragen: Uni wechseln, Studium abbrechen oder einen Landesverweis riskieren? So oder so: Der Schaden ist angerichtet. Drei Gründe gibts für Trumps Feldzug gegen die Top-Hochschule. Auch seine eigene Studienzeit spielt dabei eine Rolle.

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Woke Wissenschaft ausmerzen

Nichts hasst Donald Trump (78) mehr als linke Geister mit ihren kunterbunten Visionen fürs Land. Genau davon aber gibts an der Elite-Uni an Amerikas Ostküste ziemlich viele: 77 Prozent der Harvard-Lehrbeauftragten bezeichnen sich selbst als linksliberal. Trump sieht Harvard als Brutstätte für die von ihm verhasste woke Weltanschauung.

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Seit 1636 unterrichtet die Hochschule im Grossraum Boston die schlausten Köpfe des Landes.
Foto: AFP

Finanziert wird die Forschung zu wesentlichen Teilen von den hohen Studiengebühren, die ausländische Studenten entrichten müssen. Allein im vergangenen Schuljahr spülten die 1,1 Million Austauschstudenten in Amerika mehr als 43 Milliarden Dollar in die Uni-Kassen. Ein schöner Batzen! Und ziemlich viel Wasser auf die linksliberalen Mühlen, vor deren politischen Ergüssen sich Trump so fürchtet.

«Viele vor allem konservative Amerikaner sind unzufrieden und projizieren ihren Unmut auf Elite-Unis wie Harvard», sagt Louie Cielen (26) zu Blick. Der Winterthurer hat gerade zehn Monate für seine Masterarbeit in Pharmazeutischen Wissenschaften an der Harvard-Uni verbracht. «Die Unzufriedenen glauben, in Harvard seien eh nur Reiche und Ausländer, die die normale Bevölkerung ausnähmen und die man angreifen müsse», sagt Cielen. Die Trump-Regierung habe diesen Angriff jetzt lanciert – ganz nach dem Gusto ihrer Wählerschaft.

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Trumps eigenes Uni-Trauma

Er sei der Beste seines Jahrgangs gewesen an der Wharton Business School, erzählt Trump seit jeher. Eine glatte Lüge. Fakt ist: 1968 machte er seinen Abschluss (einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften) als einer von 366 Wharton-Abgängern. Auf der offiziellen Liste der 56 Studierenden, die damals für ihre besondere Leistung geehrt wurden, taucht Trump nicht auf. Sprich: Er hat es nicht einmal unter die besten 15 Prozent seines Jahrgangs geschafft.

Und das, obwohl er sich im Unterricht stets zuvorderst hingesetzt und sich dauernd zu Wort gemeldet habe, wie sich ein Kommilitone im «Daily Pennsylvanian» erinnert. Das dürfte Trump bis heute schmerzen. Ein Feldzug gegen die Besten der Besten, die im renommierten Harvard die Schulbank drücken, ist in der Trump-Welt nichts als ein logischer Rachefeldzug gegen die «Nerds», die ihm damals vor der akademischen Sonne standen.

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Keinen Aufstand dulden

Harvard hatte sich im April geweigert, der Trump-Regierung Informationen über die Austauschstudenten zukommen zu lassen. Die Hochschule machte klar, dass sie sich von der Politik trotz scharfer Rhetorik und eingefrorener Fördergelder weder unter Druck setzen noch kontrollieren lassen werde.

Widerspenstige Aufständische kann Trump nicht verkraften. «My way or the highway» (spuren oder rausfliegen) ist das Gebot der Trump-Ära. Anders als in Russland oder China kann er Kritiker aber nicht einfach verbieten oder mundtot machen. Also versucht er es auf Umwegen, indem er ihnen mit dem Austauschstudenten-Verbot den Geldhahn zudrehen will.

Harvard hat gegen den am Donnerstag verfügten Beschluss von Trumps Ministerium für innere Sicherheit geklagt. Der Elefant kann noch so auf dem Elfenbeinturm rumtrampeln: So schnell gehen die heiligen Hallen der Wissenschaft vor dem mächtigsten Mann der Welt nicht in die Knie.

Im Gegenteil: Bei vielen Studierenden löst Harvards Standhaftigkeit angesichts des polternden Präsidenten Bewunderung aus. Florian Beer (27) aus Wil SG hat eben seine Masterarbeit in Politikwissenschaften abgegeben und freut sich auf die Abschlussfeier kommende Woche. Dass sich Harvard nicht beuge, sei stark. Zu Blick sagt er: «Auf Harvards Reaktion bin ich stolz!»

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