Darum gehts
Nach dem Gipfeltreffen im Weissen Haus stehen die Zeichen auf Hoffnung. US-Präsident Donald Trump (79) zeigte Verständnis für die Anliegen und Sorgen der europäischen Delegation und will den russischen Präsidenten Wladimir Putin (72) und den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) an einen Tisch bringen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (47) weiss auch schon wo: in Genf!
Das tönt alles schön und einfach. Doch bisher sträubte sich Putin stets, sich mit der «Marionette des Westens» zusammenzusetzen. Kann es Trump gelingen, Putin und Selenski trotzdem an einen Tisch zu bringen?
Das angedachte Treffen der beiden Präsidenten der Konfliktparteien ist eines der wichtigsten Resultate des Gipfels vom Montagabend in Washington (USA). Trump himself will es vorbereiten, wie er auf seiner Plattform Truth Social schrieb. Es könnte schon in den kommenden zwei Wochen stattfinden.
Aus dem Kreml kommen positive Zeichen. Aussenminister Sergei Lawrow (75) sagte in russischen Medien: «Wir lehnen keine Form der Zusammenarbeit ab, weder bilaterale noch trilaterale – Präsident Putin hat dies mehrfach betont.» Die Frage ist allerdings, ob Putin persönlich an solchen Gesprächen teilnehmen wird.
Wird Putin kneifen?
Ulrich Schmid, Russland-Experte an der Universität St. Gallen, ist skeptisch. «Ich halte es für unwahrscheinlich, dass es zu einem Treffen von Selenski und Putin kommen wird», sagt er gegenüber Blick. Es sei ein geschickter Schachzug von Selenski, dass er immer seine Bereitschaft betone, Putin zu treffen. Das setze Putin unter Zugzwang.
Doch Putin dürfte sich mit verschiedenen Vorbedingungen einem Gipfel entziehen, meint Schmid. Nach wie vor betrachtet Putin Selenski als illegitimen Präsidenten und könnte daher Wahlen und einen neuen Gesprächspartner fordern. Auch könnte Putin als Vorbedingungen jede Annäherung an die Nato verbieten und die «Entnazifizierung» der ukrainischen Regierung verlangen. Putin behauptet, dass die Ukraine von Nazis regiert würde und er mit seiner militärischen Spezialoperation das Land von ihnen befreien wolle.
Schmid rechnet zwar mit einem russisch-ukrainischen Treffen, weil niemand «Trumps Zorn» auf sich ziehen wolle. «Es dürfte allerdings ein Gipfel sein, der mit Delegationen unterhalb der Präsidentenebene stattfindet», meint Schmid.
Putin setzt sich durch
Bei den bisherigen Verhandlungen betrachtet Schmid Putin als den grossen Sieger. «Putin ist es offenbar gelungen, Trump davon zu überzeugen, dass es keinen Waffenstillstand für Friedensverhandlungen brauche.» Der Hintergrund von Putins Forderung sei klar: Er wolle den Krieg weiterführen, weil er von seinem Minimalziel, der Eroberung der vier annektierten Gebiete, nicht abrücken wolle. Das bewiesen auch die schweren, anhaltenden Bombardements der Ukraine.
Ungünstig für einen Friedensgipfel mit Putin und Selenski sei zudem die Tatsache, dass sich Trump bis heute weigere, Russland unter Druck zu setzen. Schmid: «Von den ‹schweren Konsequenzen›, die Trump dem Kreml bei fehlender Verhandlungsbereitschaft angedroht hat, ist nichts mehr zu hören.»
Gipfel in Genf?
Mehr Zuversicht auf einen Gipfel mit Putin und Selenski – vielleicht ist es auch Zweckoptimismus – herrscht beim französischen Präsidenten Macron. In einem Interview mit TF1 sagte er: «Ein solches Treffen könnte in Europa stattfinden. Das ist mehr als eine Hypothese, es ist kollektiver Wille.» Klar sei für ihn, dass der Gipfel in einem neutralen Land stattfinden müsse: «Vielleicht in der Schweiz – ich plädiere für Genf», sagte er. Infrage käme aber auch die Türkei.
Beim EDA ist man zurückhaltend. Auf Anfrage von Blick sagt EDA-Kommunikationschef Michael Steiner nur: «Die Schweiz steht immer zur Verfügung, wenn die involvierten Parteien dies wünschen.»